Neue Reihe "Lecture & Film" über Ernst Lubitsch startet im Deutschen Filmmuseum

Bis Juli 2017 widmet sich die Reihe Lecture & Film mit Vorträgen von Expert/innen und einem thematischen Begleitprogramm Ernst Lubitsch und seinen Filmen.

Den Auftakt macht am Donnerstag, 17. November, Anke Wilkening (Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung) mit einem Vortrag über "Die Bergkatze", zwei freie Adaptionen Lubitschs von Shakespeare-Stoffen sind am Sonntag, 20. November, in einer Stummfilm-Matinee zu sehen.

Der Eintritt zu allen Vorführungen mit Vortrag ist frei (eine Reservierung wird empfohlen), Filmvorführungen ohne Vortrag kosten 7 Euro. Weitere Infos auf www.ernst-lubitsch.de.

Die Filme von Ernst Lubitsch reißen das Publikum im Nu in ihren Bann. Das fängt schon mit den ungewöhnlichen Titeln an: "Der Blusenkönig" (DE 1917), "Käsekönig Holländer" (DE 1917) oder "Der G.m.b.H.-Tenor" (DE 1916) - und das sind nur drei seiner mehr als 70 Werke, alle drei Filme sind aktuell verschollen. Lubitsch arbeitete schnell. 1915 in Berlin drehte er elf Filme, 1932 in Hollywood fünf, darunter "Trouble in Paradise". Als Asta Nielsen sich beklagt, sie habe in seinem Film gar nicht richtig weinen können, schreibt Lubitsch ihr 1920 in einem Brief: „Sie können es mir immer noch nicht verzeihen, daß ich Sie bei einer Großaufnahme statt 5 nur 2 Meter haben weinen lassen. Aber glauben Sie mir, Ihre Tränen kullerten so echt aus den Augen über die Backen auf die Bluse, daß das Publikum nach 2 Metern vollauf ergriffen war.

Lubitsch ist gewitzt, und das meint nicht einfach nur, dass es etwas zu lachen gibt. Gewitzt ist jemand, der wach ist, der scharf beobachten kann, jemand, der Einfälle hat und einen präzisen Humor. In der Militärzuckerbäckergarnison der "Bergkatze" (DE 1920) isst der Trompeter im ovalen Rähmchen gerade eine Wurst, als er zum Morgenappell bläst. In vier Hochbetten nebeneinander räkeln sich Soldaten im Nachthemd. Einer klettert müde aus dem Bett, schlurft zum Fenster, macht es zu. Der Zuckerbäckerkommandant kommt in den Schlafsaal, zwirbelt an seinem Schnurrbart und brüllt irgendetwas, das keiner versteht. Das Tempo zieht an, die Soldaten beeilen sich mit der Katzenwäsche. Der Kommandant geht wieder, die Soldaten springen zurück ins Bett.

Donnerstag, 17. November 2016, 20:15 Uhr
Probleme der Überlieferung. Zur Restaurierung von Ernst Lubitschs "Die Bergkatze"
Lecture von Anke Wilkening, Wiesbaden

"Die Bergkatze" (DE 1921) zählt zu den Klassikern des Weimarer Kinos Der Film ist vollständig und in gutem Zustand verfügbar, das Kameranegativ des Films ist erhalten. Paradoxerweise ist er dennoch ein verlorener Film, denn alle Originalkopien des Films sind verschollen, sodass jegliche Auskunft über seine ästhetische Konzeption und die zeittypische Einfärbung (Virage und Tonung) fehlt. "Die Bergkatze" ist ein typischer Fall für Probleme der Überlieferung, die jenseits von Digitalisierungsstrategien und Restaurierungsmöglichkeiten liegen.

Anke Wilkening ist seit 2002 Mitarbeiterin der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung in Wiesbaden. Sie ist als Filmrestauratorin tätig, unter anderem arbeitete sie an "Metropolis" (DE 1927, R: Fritz Lang) und "Das Cabinet des Dr. Caligari" (DE 1920, R: Robert Wiene) und publizierte zahlreiche Texte zum deutschen Film der 1920er Jahre.

Filmbeginn: ca. 21:15 Uhr
"Die Bergkatze"
Deutschland 1921. R: Ernst Lubitsch. D: Pola Negri, Victor Jansen, Wilhelm Diegelmann. 85 Min. DCP. Stumm, dt. Zwischentitel
Mit "Die Bergkatze" wagte sich Ernst Lubitsch drei Jahre nach Ende des Ersten Weltkriegs an das Genre der Militärkomödie: Ganz in der Nähe Piffkaneiros steht ein großes Fort, das bislang jedem Angriff standgehalten hat. Doch als Frauenheld Leutnant Alexis dorthin strafversetzt wird, hat das ruhige Dasein ein Ende. Der Kommandant hat Angst um seine hübsche Tochter Lilli Alexis, wird aber zunächst von der Räuberstochter Rischka überfallen und in Unterwäsche zurückgelassen. Es beginnt ein Kampf gegen die Räuber. Dabei verliebt sich Rischka in den Leutnant, sehr zum Unwillen des Räuberhauptmanns.

Sonntag, 20. November 2016, 12:00 Uhr
Stummfilm-Matinee Ernst Lubitsch

Zwei freie Adaptionen Ernst Lubitschs von Shakespeare-Stoffen sind als Double-Feature im Kino des Deutschen Filmmuseums zu sehen. Die Live-Musikbegleitung der Filme übernimmt Pianist und Komponist Uwe Oberg.

"Romeo und Julia im Schnee"
Deutschland 1920. R: Ernst Lubitsch. D: Lotte Neumann, Gustav von Wangenheim, Jakob Tiedtke. 44 Min. 35mm. Stumm, dt. Zwischentitel
"Romeo und Julia im Schnee" ist eine unkonventionelle Adaption von Shakespeares Tragödie: In der turbulenten Farce vor verschneiter Dorfkulisse im Schwarzwald sind Romeo und Julia die Nachkommen der verfeindeten Bauernfamilien Capulethofer und Montekugerl. Dem lebensmüden, unglücklichen Liebespaar verkauft der Apotheker statt Gift jedoch nur Zuckerwasser.

"Kohlhiesels Töchter"
Deutschland 1920. R: Ernst Lubitsch. D: Henny Porten, Emil Jannings, Gustav von Wangenheim. 41 Min. 35mm. Stumm, dt. Zwischentitel
Ernst Lubitschs "Kohlhiesels Töchter" ist eine ländliche Variante von Shakespeares Der Widerspenstigen Zähmung. Mathias Kohlhiesel will seine zwei ungleichen Töchter verheiraten: die kratzbürstige Liesl und die hübsche Gretl. Xaver und Seppl bemühen sich um Gretl, doch Kohlhiesel will zuerst seine ältere Tochter unter die Haube bringen. Xaver heiratet daher Liesl, um trickreich an die begehrte Gretl zu gelangen.

Die Reihe Lecture & Film wird über das aktuelle Wintersemester 2016/17 und das Sommersemester 2017 fortgesetzt. Weitere Termine:

Donnerstag, 1. Dezember 2016, 20:15 Uhr
Das Böse verlachen. "To Be or Not to Be" von Ernst Lubitsch
Lecture von Martin Seel, Frankfurt am Main
Film: "To Be or Not to Be" (USA 1942)

Donnerstag, 15. Dezember 2016, 20:15 Uhr
Performing Jewishness. Ernst Lubitschs frühe Milieukomödien
Lecture von Valerie Weinstein, Cincinnati (Vortrag in englischer Sprache)
Filme: "Der Stolz der Firma" (DE 1914), "Schuhpalast Pinkus" (DE 1916)

Donnerstag, 12. Januar 2017, 20:15 Uhr
Aushöhlung der Austernprinzessin
Lecture von Kevin B. Lee, Chicago (Vortrag in englischer Sprache)
Film: "Die Austernprinzessin" (DE 1919)

Donnerstag, 19. Januar 2017, 20:15 Uhr
Ärger im Paradies
Lecture von Ute Holl, Basel
Film: "Trouble in Paradise" (USA 1932)

Donnerstag, 9. Februar 2017, 20:15 Uhr
Champagnerlaune mit Sicherheitsabstand Lubitschs Filmoperetten
Lecture von René Michaelsen, Köln
Film: "The Merry Widow" (USA 1934)

Donnerstag, 20. April 2017, 20:15 Uhr
Ein Spiel verzauberter Blicke. "Die Puppe" von Ernst Lubitsch
Lecture von Elisabeth Bronfen, Zürich
Film: "Die Puppe" (DE 1919)

Donnerstag, 4. Mai 2017, 20:15 Uhr
Lubitsch-Kitsch und Lubitsch-Touch
Lecture von Dirk Schaefer, Berlin
Film: "Broken Lullaby" ("The Man I killed") (USA 1932)

Donnerstag, 18. Mai 2017, 20:15 Uhr
Der sanfte Orientalismus in "Carmen"
Lecture von Ewa Mazierska, Lancashire (Vortrag in englischer Sprache)
Film: "Carmen" (DE 1918)

Donnerstag, 1. Juni 2017, 20:15 Uhr
Ein Gespenst geht um: Lubitsch, Dietrich und Friedrich Holländer in "Angel"
Lecture von Erica Carter, London (Vortrag in englischer Sprache)
Film: "Angel" (USA 1937)

Donnerstag, 8. Juni 2017, 20:15 Uhr
„Versteckte Anspielungen: Erotische Befreiung und Gelächter in "The Marriage Circle"
Lecture von Jennifer Bean, Seattle (Vortrag in englischer Sprache)
Film: "The Marriage Circle" (USA 1924)

Donnerstag, 22. Juni 2017, 20:15 Uhr
Girls Will Be Boys im frühen deutschen Kino
Lecture von Laura Horak, Ottawa (Vortrag in englischer Sprache)
Filme: "Ich möchte kein Mann sein" (DE, 1918), "Zapatas Bande" (Urban Gad) (DE 1914), "Das Liebes-ABC" (Magnus Stifter) (DE 1916)

Donnerstag, 6. Juli 2017, 20:15 Uhr
Ein politischer Lubitsch Touch? "Ninotchka" zwischen Exil und kaltem Krieg
Lecture von Johannes von Moltke, Ann Arbor
Film: "Ninotchka" (USA 1939)

Donnerstag, 20. Juli 2017, 20:15 Uhr
Genau das, was der Doktor verschrieben hat: Männlichkeit, Veranlagung und Komödie in Ernst Lubitschs "Meyer aus Berlin"
Lecture von Christine Korte, Toronto (Vortrag in englischer Sprache)
Film: "Meyer aus Berlin" (DE 1919)

Quelle: www.deutsches-filminstitut.de