Zum 15. Jubiläum bietet Berlinale Talents dem Publikum und seinen 250 Talenten ein gewohnt vielfältiges Angebot und fühlt sich immer noch jung genug, um sich programmatisch neu zu erfinden.
"Das diesjährige Thema 'Courage: Against All Odds' könnte nicht passender sein. Wenn Abgrenzung und Entgrenzung anderswo an der Tagesordnung sind, erklären wir uns solidarisch mit jenen, die an Respekt und die Vielfalt der Kultur glauben. Unser Publikum, die Gäste und Talente beweisen mit ihrem Wagemut und ihrer Liebe zum Kino, dass wir gemeinsam stärker und kreativer sein können", kommentiert Programmleiter Florian Weghorn.
Der ganz alltägliche Mut heutiger Filmschaffender steht vom 11. bis zum 16. Februar 2017 im Mittelpunkt der 25 öffentlichen Veranstaltungen im HAU Hebbel am Ufer. Weiterhin zeigt Berlinale Talents in fünf öffentlichen Vorführungen herausragende Filme von Alumni aus dem Festivalprogramm. Die Talentförderung kann sich allgemein sehen lassen: 93 Filme, entstanden unter der Beteiligung von 131 Alumni, nehmen an der diesjährigen Berlinale teil.
Der Kreis schließt sich – Alumni als Expert*innen
Auch das Programm profitiert vom kontinuierlich wachsenden Netzwerk erfolgreicher ehemaliger Teilnehmer*innen. Ana Lily Amirpour, international bekannt geworden mit ihrem Langfilmdebüt "A Girl Walks Home Alone at Night", spricht in Berlin über Ideenfindung und lässt dafür in einer Brainstorming-Session mit dem Publikum den Inspirationen von Bruce Lee bis "Zurück in die Zukunft" freien Lauf. Der mexikanische Kameramann Diego García war erst 2014 bei Berlinale Talents. Nach Dreharbeiten jüngst mit Apichatpong Weerasethakul, Carlos Reygadas und Paul Dano sowie für den visuell starken Indie-Film "Boi Neon", wird er Experte im diesjährigen "Camera Studio" von Berlinale Talents sein.
Mut ist eine gute Idee – Viel Bewegung im Bühnenprogramm
Um Risiken zu ergründen und Strategien miteinander zu teilen, laden die Gäste das Publikum auf Entdeckungsreisen zu persönlichen, kreativen und filmischen Mut-Momenten ein. Paul Verhoeven kehrt für das Eröffnungspanel als Präsident der Internationalen Jury zu Berlinale Talents zurück, um über seinen in vieler Hinsicht wagemutigen Film "Elle" zu sprechen. In "No Longer There: The Art of Disappearance" lenkt der Künstler Christo den Blick auf die Unerlässlichkeit von Mut sowohl für das Erschaffen als auch das bewusst gewählte Verschwinden seiner temporären Kunstwerke.
Stimmungen und Stimmen aus dem Festivalprogramm finden bei Berlinale Talents ihre tiefere Resonanz. Der haitianische Filmemacher Raoul Peck pausiert von den Premierenaktivitäten zweier neuer Filme für eine Veranstaltung mit dem sprechenden Titel "Shock of the Real: History as Provocation". Die Dokumentaristen Andres Veiel und João Moreira Salles treffen sich bei Berlinale Talents, um den heutigen Einfluss vergangener Revolutionen und Revolutionäre weiter zu erforschen und tauchen dafür in das für ihre beiden Festivalfilme verwendete Archivmaterial ein.
In "post-faktischen" Zeiten sind auch Geschichtenerzähler*innen im Kino gefordert, ihre Rolle als Vermittler*innen von Wahrheiten – als Kritiker*innen und Aktivist*innen – neu zu definieren und zugleich ihre Haltung und ihren Humor zu bewahren. Das Programm versammelt dafür Fürsprecher*innen eines freigeistigen Kinos in und jenseits von Europa, wie es zum Beispiel die polnische Regisseurin Agnieszka Holland vertritt. Als Reisebericht zu den Quellen der Inspiration versteht Isabel Coixet ihren neuen Kurzfilm "It’s not that Cold Siberia", nach dessen Vorführung ein ausführliches Bühnengespräch mit der Regisseurin folgt. Sally Potter gewährt Einblicke in ihre Methode, das Filmset in einen sicheren Ort zu verwandeln, an dem ihre Schauspieler ohne Furcht auch Intimität und Authentizität zeigen können.
Kernaufgabe Kulturaustausch
Mit Teilnehmer*innen aus über 70 Ländern ist Kulturaustausch eine wichtige Funktion von Berlinale Talents. Blogger*innen, Kurator*innen und Filmemacher*innen diskutieren bei "Doc Different: Co-Producing Culture", wie man das gemeinsame Herstellen von Dokumentarfilmen mithilfe neuer Technologien als fortlaufenden Prozess demokratischen Austauschs zwischen Menschen neu denken kann. Vor dem Hintergrund jüngster politischer Entwicklungen erörtern türkische Filmschaffende und Journalist*innen in der Veranstaltung "Between the Lines: Film, Critique", wie unabhängige Filme und Plattformen Raum für Kritik bieten und bewahren können. Zur Förderung mutiger Filmemacher*innen in der arabischen Welt schafft Berlinale Talents wieder den feierlichen Rahmen für die Verleihung des Filmförderpreises der Robert Bosch Stiftung für internationale Zusammenarbeit Deutschland/Arabische Welt.
Zusammen sind wir stark – mutige Kollektive
Mehr denn je sind neue, kollektive Arbeitsformen auch im öffentlichen Programm für Zuschauer erlebbar. Szenenbildner Alex McDowell ("Minority Report", "Fight Club") und ein Team interdisziplinärer Expert*innen bringen eine "World Building"-Session vor Publikum auf die Bühne und erkunden dabei die filmischen Erzählwelten zukünftiger Städte zwischen Überwachung und Spektakel. Auf noch mehr Zuschauerbeteiligung setzen die Mitglieder des beliebten Berliner Performance-Kollektivs Gob Squad. Freie Interaktion und ungewisse Erzählverläufe sind seit jeher ihr Spezialgebiet; bei Berlinale Talents stellen sie dies spielerisch auch in den Kontext des gegenwärtigen Hypes um VR-Medien. Animationsfilm-Wunderkind David OReilly philosophiert mit Maike Mia Höhne ebenfalls über die neuen Rollen des Zuschauers, z.B. in seinem neuen Computerspiel "Everything", das bei Berlinale Shorts Weltpremiere feiern wird.
Als Teil der "Drama Series Days" und von ARRI und Medienboard Berlin-Brandenburg unterstützt, bietet die zweieinhalbstündige Fallstudie "On Location: Berlin Station" eine multidisziplinäre Tour durch die Produktionsprozesse und digitalen Workflows der jüngst in der Hauptstadt gedrehten Spionageserie "Berlin Station". Formen des Austauschs unter Produzent*innen und Förderern stehen bei den drei Panels des "Producers Day" im Zentrum. Themen sind hier: Gleichstellung von Frauen und Männern im Produktionsalltag, erfolgreiche Beziehungen unter Koproduzent*innen, sowie die systematische Förderung von mehr Risikobereitschaft in finanzieller wie auch erzählerischer Hinsicht.
Das vollständige Programm von Berlinale Talents wird am 31. Januar veröffentlicht.
Berlinale Talents ist eine Initiative der Internationalen Filmfestspiele Berlin, gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, Creative Europe - MEDIA Programm der Europäischen Union, Robert Bosch Stiftung, Medienboard Berlin-Brandenburg, Auswärtiges Amt und Filmförderungsanstalt.
Quelle: www.berlinale.de