Kameramann Thomas Mauch zu Gast in Frankfurt am Main

Der renommierte Kameramann Thomas Mauch, der seit den 1950er Jahren an über 100 Filmen beteiligt war und mit Regisseur*innen wie Werner Herzog, Alexander Kluge, Edgar Reitz, Helma Sanders-Brahms und Werner Schroeter arbeitete, kommt im Rahmen eines Seminars des Filmhaus Frankfurt vom 8. bis 10. Oktober 2021 nach Frankfurt am Main.

Im Zeitraum Freitagabend bis Sonntagnachmittag werden im Kino des DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum vier von Mauch als Kameramann verantwortete Filmprogramme vorgeführt, jeweils anschließend haben die Seminarteilnehmer*innen in Werkstattgesprächen die Möglichkeit, dem ausgezeichneten und erfahrenen Kameramann Fragen etwa zu Kameraeinstellung, Lichtsetzung oder Zusammenarbeit am Set zu stellen. Getreu dem Motto: Wie haben Sie das gemacht, Herr Mauch?

Das Seminar richtet sich an Filmemacher*innen aus den Gewerken Kamera, Schnitt, Licht wie auch Filmwissenschaftler*innen und allgemein Filminteressierte.

Das Filmprogramm setzt sich zusammen aus Werner Herzogs "Auch Zwerge haben klein angefangen" (1970) über den Aufstand von (kleinwüchsigen) Insassen einer Erziehungsanstalt, Helma Sanders-Brahms' "Shirins Hochzeit" (1976) über eine junge Türkin, die vor ihrer Zwangsverheiratung nach Deutschland flieht, Eva Hillers in Frankfurt gedrehter Dokumentarfilm "Unsichtbare Tage oder Die Legende von den weißen Krokodilen" (1991) über die nächtlichen Schaltzentralen der Mainmetropole sowie ein Kurzfilmprogramm mit Regiearbeiten von Alexander Kluge, Werner Herzog, Theodor Kotulla und Thomas Mauch selbst.

Für die Teilnahme an den Gesprächen mit Thomas Mauch am 9. und 10. Oktober ist eine Seminaranmeldung beim Filmhaus Frankfurt unter www.filmhaus-frankfurt.de/seminare erforderlich (Teilnahmegebühr: EUR 170 / ermäßigt EUR 100); sofern verfügbar können für die Filmprogramme (ohne Gespräch) Restkarten an der Kinokasse erworben werden.

In Kooperation mit: DFF - Deutsches Filminstitut & Filmmuseum

Der gemeinnützige Verein Filmhaus Frankfurt wird institutionell gefördert vom Kulturamt der Stadt Frankfurt am Main.

Thomas Mauch hat als Kameramann (und auch als Regisseur) mit seiner Bildgestaltung und Ästhetik Erfolg und Wirkung zahlreicher Experimental-, Spiel- und Dokumentarfilme maßgeblich beeinflusst. Mauch war maßgeblich an der visuellen Handschrift zahlreicher Arbeiten des Neuen Deutschen Films beteiligt und ist eine Koryphäe seines Fachs. Im Rahmen seines jahrzehntelangen Schaffens erhielt er mehrfach Auszeichnungen wie den Bundesfilmpreis und den Marburger Kamerapreis (2019).

Filmprogramm und Werkstattgespräche

Veranstaltungsort für alle Termine:
Kino des DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum,
Schaumainkai 41, 60596 Frankfurt am Main

Freitag 8.10.
20:00 Uhr

"Auch Zwerge haben klein angefangen"
BRD 1970. R: Werner Herzog
D: Helmut Döring, Paul Glauer, Gisela Hertwig. 96 Min. 35mm. OmeU

Die Abwesenheit des Direktors wird von den Insassen einer im Niemandsland gelegenen Erziehungsanstalt zu einer Revolte genutzt, doch diese läuft mangels einer vorhandenen Autoritätsfigur ins Leere und endet in Selbstdestruktion: Die Bewohner richten ihre Aggressionen gegeneinander. Werner Herzogs zweiter Spielfilm beschreibt in insistierenden und teilweise surrealistischen, an Buñuel gemahnenden Bildfolgen einen radikalen Ausbruchsversuch aus den Konventionen, wobei fast jede zeitliche Progression aufgehoben scheint. Ein besonderer Effekt des Films ist es auch, dass die Rollen der Insassen von kleinwüchsigen Darstellern gespielt werden.

Im Anschluss: Thomas Mauch im Gespräch mit Kameramann Jörg Geißler

Samstag 9.10.
12:00

KURZFILMPROGRAMM
"Zum Beispiel Bresson"
BRD 1967. R: Theodor Kotulla, Martin Ripkens, Hans Stempel
Dokumentarfilm. 31 Min. Blu-ray
"Letzte Worte"
BRD 1968. R: Werner Herzog
Dokumentarfilm. 13 Min. 35mm
"Besitzbürgerin, Jahrgang 1908"
BRD 1973. R: Alexander Kluge
Dokumentarfilm. 11 Min. 16mm
"Die Achse"
BRD 1984. R: Thomas Mauch
D: Michael Weber. 32 Min. 35mm

Vier recht unterschiedliche Filme, die aber jeder auf seine Weise von der Spannung zwischen Dokumentarischem und Inszeniertem leben. "Zum Beispiel Bresson" beobachtet Robert Bresson bei den Dreharbeiten zu "Mouchette". "Letzte Worte" geht der Geschichte eines Mannes nach, der jahrelang allein auf einer verlassenen griechischen Insel lebte. In "Besitzbürgerin Jahrgang 1908" portraitiert Alexander Kluge seine Mutter in einem bestimmten Moment ihres Lebens. Und Thomas Mauchs "Die Achse" beleuchtet satirisch die Probleme eines PK-Kameramanns im Zweiten Weltkrieg, die Truppenbewegungen der deutschen Wehrmacht "richtig", also in einer Vorwärtsbewegung, zu zeigen.

Im Anschluss: Thomas Mauch im Gespräch mit Winfried Günther (Kinoabteilung DFF)

Samstag 9.10.
16:30

"Shirins Hochzeit"
BRD 1976. R: Helma Sanders
D: Ayten Erten, Jürgen Prochnow, Aras Ören. 125 Min. DCP

Shirin, eine junge Türkin aus Anatolien, entflieht der Zwangsverheiratung mit einem Gutsverwalter nach Istanbul, wo sie sich als Arbeiterin nach Deutschland anwerben lässt. In Köln, in fremder Umgebung in einem fremden Land, beginnt allerdings ihr Leidensweg erst so richtig … "Shirins Hochzeit" erzählt diese Geschichte schnörkellos und mit dezidierter Parteinahme für die Frauen und gegen die Männer. Seine große emotionale Wirkung erzielt er aber durch seine Genauigkeit in der Schilderung der einzelnen Situationen, seine zärtliche, niemals aufgesetzte Anteilnahme am Schicksal der Hauptfigur und seinen zurückhaltenden Stil.

Im Anschluss: Thomas Mauch im Gespräch mit N.N.

Sonntag 10.10.
11:00

"Unsichtbare Tage oder Die Legende von den weißen Krokodilen"
Deutschland 1991. R. Eva Hiller
Dokumentarfilm. 78 Min. 35mm

Eva Hillers "Unsichtbare Tage" ist ein filmischer Essay über die Lebensadern einer Großstadt, in Frankfurt am Main und Berlin gedreht: Man sieht Kommunikations- und Überwachungseinrichtungen, Abwasserkanäle, U-Bahn-Strecken, Stellwerke oder Reinigungs- und Postverteilungsanlagen, aber alles bei Nacht aufgenommen und damit entweder menschenleer oder mit wenigen Personen im Bild, die nachts arbeiten. Kontrastiv dazu die Stimme einer Frau auf der Tonspur, die die Dreierbeziehung reflektiert, in der sie sich befindet. Eine ganz andere Art von Großstadtfilm: ein Film über das technische Funktionieren des Systems.

Im Anschluss: Thomas Mauch im Gespräch mit Eva Hiller

Quelle: www.filmhaus-frankfurt.de