goEast 2025: Wettbewerbsfilme und Filmgäste

In drei Wochen ist es wieder soweit: Am Mittwoch, 23. April, startet die 25. Ausgabe von goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films. Dramen, Dokumentarfilme, Komödien, Satire und Porträts aus dem Osten und der Mitte Europas – im Herzstück des Festivals, dem Wettbewerb, gibt es erneut eine große Vielfalt. 

 

Der Wettbewerb bietet einem breiten Publikum aus Wiesbaden und der Region die Chance, Höhepunkte des aktuellen mittel- und osteuropäischen Films näher kennenzulernen. Die Filme werden in den Originalsprachen mit englischen, sowie in der Caligari FilmBühne mit zusätzlichen deutschen Untertiteln gezeigt. In 14 abendfüllenden Spiel- und Dokumentarfilmen blickt das Publikum auf die großen und kleinen Konflikte unserer Zeit. Die herausragenden Produktionen der vergangenen zwei Jahre füllen eine Woche lang die Leinwände in unseren Festivalkinos. Bei den Filmgesprächen im Anschluss an die jeweiligen Vorstellungen sowie allabendlich im goEast Clubhouse im Alten Gericht können Besucher:innen mit den Filmschaffenden ins Gespräch kommen.

Der erste Beitrag im Wettbewerb ist das mehrfach preisgekrönte Drama "Windless"/ "Bezvetrie" (BGR, ITA 2024) des bulgarischen Regisseurs Pavel G. Vesnakov. Im Mittelpunkt steht der bunt-tätowierte Koko (gespielt vom bulgarischen Rapper Fyre), der aus Spanien in seine Heimatstadt zurückkehrt, um die Wohnung seines verstorbenen Vaters zu verkaufen. Die emotionale Auseinandersetzung mit seiner Vergangenheit wird in streng durchkomponierten Bildern im 1:1-Format festgehalten.

Die usbekische Regisseurin Khusnora Ro’zmatova ist mit ihrem Spielfilm "The Song Sustxotin"/ "Sustxotin" (UZB 2024) vertreten. In einem traditionellen usbekischen Dorf herrscht seit langem erbarmungslose Dürre. Die verzweifelte Landbevölkerung greift in der Hoffnung auf Regen auf alte Rituale zurück. Vor diesem Hintergrund deckt der ehemalige Abgeordneter Ahbor, einen Korruptionsfall auf. Ahbor versucht, Gerechtigkeit zu erlangen, doch kann er ein System bekämpfen, das er selbst mitgestaltet hat?

Der Altmeister der jugoslawischen Schwarzen Welle Želimir Žilnik ist mit seinem generationenübergreifendem Roadtrip "Eighty Plus" / "Restitucija, ili, San i java stare garde" (SRB, SVN 2025) in Wiesbaden vertreten, und wird gemeinsam mit dem Hauptdarsteller des Films Milan Kovačević anreisen. Der ehemalige Musiker Stevan steht gerade in einem Plattenladen in Wien, als sein Handy klingelt und er überraschende Neuigkeiten bekommt: Nachdem er seine serbische Heimat als junger Mann verlassen hatte, um als Musiker in verschiedenen Metropolen Europas aufzutreten, soll er nun mit über 80 Jahren das Anwesen seiner Eltern erben. Das Haus wurde der Familie im Zweiten Weltkrieg enteignet und wird Stevan nun im Zuge der postsozialistischen Restitution zurückgegeben. Im Žilnik-typischen Dokufiktions-Stil wird Stevan bei einer Vielzahl von Begegnungen mit seiner Familie, alten Freunden und einer neuen Liebe begleitet.

Zwei befreundete Hochzeitsmusiker, ihre Band, und ein Ziel: der Durchbruch bei “Baku sucht den Superstar”. Die Weltpremiere des musikalischen Dramedys "My Magical World" (AZE, UKR, CYP 2025) von Elvin Adigozel, der 2022 mit "Bilesuvar" bereits im goEast-Wettbewerb vertreten war, spielt im ländlichen Aserbaidschan. Der Frontmann träumt von Ruhm und einem Großstadtleben. Songwriter Sahil lebt bereits in seiner magischen Welt. Ihre Freundschaft gerät ins Wanken.

Aus Georgien kommt die Schrottplatzheldengeschichte "Holy Electricity" / "Tsminda Elektroenergia" (GEO, NLD 2024) von Tato Kotetishvili. Nach dem Tod von Gongas Vaters steht ihm sein Cousin Bart zur Seite. Nicht ganz uneigennützig: Denn Bart steht bei Kleinkriminellen in der Schuld. Gemeinsam streifen sie durch Tiflis, immer auf der Suche nach Schätzen, die sich zu Geld machen lassen. Eine Kiste verrosteter Kreuze inspiriert sie zu einer neuen Geschäftsidee.

Die Estin Moonika Siimets feiert mit ihrem schrägen Science-Fiction Film "The Black Hole" / "Must Auk" (EST, FIN 2024) eine Deutschlandpremiere und wird in Wiesbaden vor Ort sein. Außerirdische landen in einer estnischen Wohnblocksiedlung – und bringen Chaos in das Leben der Bewohner:innen. In drei Episoden erzählt die Sci-Fi-Kömodie vom skurillen sowie lustvollen Aufeinandertreffen (wortwörtlich) schleimiger Allbewohner mit dem estnischen Arbeitermilieu.

Ihre Deutschlandpremiere feiert auch die polnische Romanadaption "The Assistant" / Człowiek do Wszystkiego" (POL, GBR 2025) unter der Regie von Wilhelm und Anka Sasnal. Ihre neueste Zusammenarbeit basiert auf Robert Walsers Roman "Der Gehülfe". Im frühen 20. Jahrhundert findet der arbeitslose Joseph Marti Anstellung als Assistent beim Erfinder Tobler. Doch Josephs neues Zuhause zeigt schnell seine Schattenseiten: Tobler erwartet blinde Ergebenheit. Josephs Wille und Selbstverständnis werden in diesem psychologischen Drama auf die Probe gestellt.

Die Deutschlandpremiere von Tetiana Dorodnitsynas und Andrii Lytvynenkos Kriegsporträt "Everything needs to live" / Wszystko ma żyć" (POL, UKR 2024) zeigt das Leben in der Ukraine aus einer ungewöhnlichen Perspektive: Protagonistin Anna Kurkurina ist Weltmeisterin im Kraftdreikampf und leidenschaftliche Tierschützerin. Heute kämpft sie im ukrainischen Kriegsgebiet – nicht mit Gewichten, sondern für das Überleben verlassener Hunde und Katzen. Sie versorgt Streuner, vermittelt sie in neue Heime und lebt mit vielen geretteten Tieren zusammen. Selbst unter Beschuss bleibt sie bei ihnen und sucht keinen Schutzraum auf.

Ein weiterer Beitrag aus Polen ist der historische Found-Footage-Dokumentarfilm "A Year in the Life of the Country" / "Rok z życia Kraju" (POL 2024) von Tomasz Wolski, das Polen Anfang der 1980er Jahre zeigt. Präsident Jaruzelski verhängt das Kriegsrecht – ein abgekartetes Spiel mit der Sowjetunion. Während westliche Sanktionen das Land treffen, kämpft die Bevölkerung im Untergrund weiter.

Eine Deutschlandpremiere feiern die Wiesbadener Lieblinge Radu Jude und Christian Ferencz-Flatz mit dem wilden Werbeclip-Montage Dokumentarfilm "Eight Postcards from Utopia" / "Opt ilustrate din lumea ideala ideală" (ROU 2024).  In einer bunten Collage erzählen nahtlos aneinandergereihte Werbefilme vom Leben im postsozialistischen Rumänien und dem Übergang vom Kommunismus zur Marktwirtschaft.  Nationalstolz trifft auf Konsumkultur in diesem unkonventionellen Werk – ein einzigartiges Zeitdokument.

Tamara Stepanyans cineastischer Essayfilm "My Armenian Phantoms" / "Mes fantômes arméniens" (FRA, ARM, QAT 2025) wurde 2023 im East-West Talent Lab von goEast gepitcht. Der fertige Film feierte seine Weltpremiere bereits bei der Berlinale. Tamara Stepanyan verwebt Erinnerungen an ihren verstorbenen Vater, den armenischen Schauspieler Vigen Stepanyan, mit einer Aufarbeitung der armenischen Filmgeschichte. Sie reichen von frühen Fernsehabenden im familiären Kreis, bei denen ihr Vater oft mitspielte, bis hin zu ihrem eigenen Weg als Regisseurin. Mit Zitaten aus Filmen verschiedener Epochen erzählt sie die Geschichte des armenischen Films – von Zensur und Exil bis zu emanzipatorischen Werken.

Maja Novaković verzauberndes Dokumentarfilmmärchen "At the Door of the House who will come knocking" / "Ko će pokucati na vrata mog doma" (SRB, BIH 2024) feiert seine Deutschlandpremiere in Wiesbaden. Bittere Kälte und das Heulen des Windes inmitten einer schneebedeckten Landschaft prägen Emins Alltag in einem abgelegenen bosnischen Dorf. Um den Winter zu überstehen, schlägt er Holz im Wald, einzig seinem Pferd vertraut er sich an. Der Film erzählt von unausgesprochenem Kummer und einer Welt, die wie eine Märchenlandschaft aussieht, in der sich jedoch niemand Zeit füreinander nimmt.

Eine weitere Deutschlandpremiere feiert Marek Šulíks Polit-Porträt "Ms. President" / "Prezidentka" (SVK, CZE 2024). Zuzana Čaputová war bis 2024 fünf Jahre lang das erste weibliche Staatsoberhaupt der Slowakei – eine Amtszeit geprägt von Krisen und dem Kampf gegen die populistischen Kräfte um Robert Fico. Fünf Jahre lang begleitete ein Filmteam sie aus nächster Nähe, auch in Situationen, die anderen Kameras verborgen blieben. Ein Film über eine beeindruckende Frau, die versucht, einen menschlich offenen Ansatz in die traditionell von Männern dominierte, wettbewerbsorientierte Welt der Spitzenpolitik zu etablieren – und dabei zugleich für ihre Töchter da zu sein.

Aus Georgien kommt Elene Mikaberidzes warmherziger Debütfilm "Blueberry Dreams" / "Lurji Motsvi" (GEO, BEL, FRA, QAT 2024), der in Zusammenarbeit mit Amnesty International im Beisein der Regisseurin gezeigt wird. Nahe der Grenze zu Abchasien wagt die Familie von Ex-Ingenieur Soso einen Neuanfang. In eindrucksvollen Panoramaaufnahmen fängt die Regisseurin die wachsende Existenzangst der Familie ein – verstärkt durch die russische Invasion in die Ukraine und Erinnerungen an den Kaukasuskrieg von 2008. Trotz aller Widrigkeiten halten alle zusammen und bestreiten den Alltag mit Humor.

RheinMain Kurzfilmwettbewerb: Revenge of the Babushka

Zum 6. Mal wird der mit 2.500 Euro dotierte RheinMain Kurzfilmpreis vergeben. Der Wettbewerb ist Teil des Rahmenprogramms Cinema Archipelago und wird vom Kulturfonds Frankfurt RheinMain gefördert. In diesem Jahr wurde der Wettbewerb unter dem Motto "Revenge of the Babushka" ausgeschrieben. Über 400 Kurzfilme wurden eingereicht – daraus wurden sieben Beiträge von der goEast Programmkoordinatorin Sophie Brakemeier ausgewählt.

Die osteuropäische "Babushka" (oder "baba", "bunica", "bebia" in anderen osteuropäischen Sprachen) ist weit mehr als nur ein Familienmitglied. In vielen Märchen ist sie die verborgene Heldin, eine Kraft, mit der man rechnen muss. Die diesjährige Filmauswahl des RheinMain Kurzfilmwettbewerbs rückt die Seniorinnen ins Rampenlicht – ihre Geschichten, ihr Leben und ihren Einfluss auf ihre Umwelt. Chi-Yu Lins "Alone, Together" / "Samota jim nevadí" (CZE 2024) erzählt, wie während ihrer Europareise Backpackerin Shu-Yu im ländlichen Tschechien auf die alleinlebende Margita trifft, die sie prompt in ihr Haus einlädt. Trotz Sprachbarriere beginnen die Frauen sich gegenseitig aus ihren Leben zu erzählen und entwickeln ein inniges Interesse aneinander. In Zuza Banasińskas "Grandmamauntsistercat" (POL, NLD 2024) erzählt ein Kind die eigene matriarchale Familienlinie nach und stellt Fragen nach Familie und Identität. Die Collage aus kommunistischen Lehr- und Propagandafilmen deutet spielerisch Normen und Bilder um, und so wird die mythologische Schreckensfigur Baba Yaga zur Göttin matriarchaler Vorgeschichte. Martina Meštrovićs Animationsfilm "Her Dress for the final" / "Haljina za finale" (HRV 2023) kommt ganz ohne Dialog aus. Der letzte Tag beginnt wie jeder andere: Der Wecker klingelt, die Toilette ruft, Lippenstift, Haare kämmen, Feuchtigkeitscreme... Doch am letzten Tag überwältigen einen auch die Erinnerungen an das, was man geliebt hat und die Hoffnung auf das, was bleiben soll. Und so entschließt sich die Witwe, ihr Hochzeitskleid ein letztes Mal zu tragen. Erlisë Beqiris "How Life used to be" / "Qishtu u kanë jeta" (KOS 2024) handelt von einer kosovarischen Idylle, in der Fahrije, die Großmutter der Regisseurin, ein friedliches Leben lebt. Doch ihre Vergangenheit war nicht immer einfach. Umgeben von Natur und den Artefakten ihres Alltags erzählt sie dem Publikum – und ihrer Enkeltochter – ihre Geschichte. Elena Murganovas "I choose to go" (RUS 2025) begleitet die 83-jährige Ludmila Vasilieva, die 1944 die Belagerung Leningrads überlebte, öffentlich den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine verurteilt und – ohne viel Ausicht auf Erfolg –  für das Amt des Gouverneurs der zweitgrößten russischen Stadt, St. Petersburg kandidiert. Loukia Hadjiyiannis "Ludmila's Apple Pie" (GEO 2024) zeigt den Sommer im ländlichen Georgien. Während die Großmutter der Regisseurin Apfelkuchen bäckt, gerät sie ins Erzählen: Vom Leben in der Sowjetunion als junge Frau, von ihrer Sicht aufs heutige Russland. Fast ist es, als würde man selbst mit Ludmila am Tisch sitzen und ihren Geschichten lauschen. Katarzyna Gondeks "Milk" / "Mleko" (POL 2023) widmet sich dem Tod auf eigenwillige Weise. Mary war eine gute Mutter und Ehefrau. Nachdem sie stirbt, wandert sie als Geist mit nacktem Körper umher. Wer war sie eigentlich? Das fragen sich auch ihre Kinder.

Im Anschluss an die Vorführung am Samstag findet ein Q&A mit den anwesenden Filmschaffenden statt.

Akkreditierung

Pressevertreter:innen können sich hier ab sofort für das goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films akkreditieren. Während des Festivalzeitraums erhalten akkreditierte Fachbesucher:innen und Pressevertreter:innen Zugriff auf eine Online-Mediathek mit den Festivalfilmen.

Kartenvorverkauf

Der Vorverkauf für die Filmtickets sowie für einzelne Veranstaltungen startet am Donnerstag, 3. April, online hier sowie an der Vorverkaufsstelle – der Touristeninformation in Wiesbaden. Während der Festivalwoche sind Tickets online, an allen Spielstätten und im neuen Festivalzentrum im Alten Gericht Wiesbaden erhältlich. Genauere Informationen zu den Vorverkaufsstellen finden Sie hier.

Quelle: www.filmfestival-goeast.de