Claude Lanzmann präsentiert "Le dernier des injustes" in Berlin

In Würdigung der fortwährenden Produktivität des großen Künstlers und der intensiven Erinnerungsarbeit des Intellektuellen zeigen die Berlinale und die Deutsche Kinemathek in Kooperation mit dem Arsenal – Institut für Film und Videokunst e.V. Claude Lanzmanns jüngsten Film "Der letzte der Ungerechten" ("Le dernier des injustes", Frankreich/Österreich 2013, OF m. engl. Untertiteln) am 24. November um 14 Uhr im Kino Arsenal.

Claude Lanzmann wird die deutsche Erstaufführung seines Films persönlich in Berlin vorstellen.

"Claude Lanzmann ist einer der großen Dokumentaristen. Sein neuester Film zeigt eindrücklich, dass seine Darstellung von Unmenschlichkeit und Gewalt, von Antisemitismus und seinen Folgen eine zusätzliche Perspektive gewinnt", sagt Berlinale-Direktor Dieter Kosslick.

Claude Lanzmann, 1925 als Sohn jüdischer Eltern in Paris geboren, kämpfte in der Résistance, studierte in Frankreich und Deutschland Philosophie und hatte 1948/49 eine Dozentur an der neugegründeten Freien Universität Berlin inne. Er war einer der aktiven Unterstützer der algerischen Unabhängigkeitsbewegung Anfang der 60er Jahre. Seine Auseinandersetzung mit der Shoah, dem Antisemitismus und den politischen Freiheitskämpfen durchziehen sein filmisches wie journalistisches Schaffen. Lanzmanns "Shoah" (1985) ist als epochales Meisterwerk der Erinnerungskultur in die Filmgeschichte eingegangen.

Im Februar dieses Jahres widmete die Berlinale Claude Lanzmann eine "Hommage" und ehrte ihn mit dem Goldenen Ehrenbären für sein Lebenswerk. Diese Verleihung gehört zu den bewegendsten Höhepunkten in der Geschichte des Festivals. Der Regisseur sagte in seiner Danksagung damals: "Ich wusste, dass 'Shoah' ein befreiender Film für die Deutschen sein würde."

Lanzmanns "Le dernier des injustes" stellt den letzten Judenältesten von Theresienstadt, Benjamin Murmelstein, und sein Schicksal in den Mittelpunkt und geht auch auf die Entstehungsgeschichte von "Shoah" zurück. Schon 1975 hatte Claude Lanzmann in Rom ein Interview mit Benjamin Murmelstein geführt. Das insgesamt elfstündige Gespräch entstand im Zuge der Recherchen für "Shoah". Die Erzählungen Murmelsteins, der wegen seiner Funktion in Theresienstadt als umstrittene Figur galt, wurden in das monumentale Werk über die Ermordung der europäischen Juden letztlich nicht integriert. Lanzmann übergab das Material später dem Washingtoner Holocaust Memorial Museum zur Aufbewahrung. Nach fast vierzig Jahren kommt Claude Lanzmann nun auf seine damals geführten Gespräche mit Murmelstein zurück, denn andere Darstellungen über die Judenältesten erschienen ihm als unzureichend und ungerecht. Lanzmann sucht die Orte auf, die in den Interviews eine zentrale Rolle spielen, die Suche wird zur teilweise beschwerlichen, immer bedrückenden Reise. Der Regisseur ergänzt Murmelsteins Aussagen durch Passagen aus Akten, folgt den Erzählungen seines Gesprächspartners und rekonstruiert die furchtbare Zwangslage dieses "letzten der Ungerechten", der die Befehle der Nationalsozialisten umsetzen, als deren Marionette versuchen musste, "die Fäden selber zu ziehen". Für Lanzmann war Murmelstein das "absolute Gegenteil eines Kollaborateurs" und sein Film will Gerechtigkeit im Bild Murmelsteins herstellen.

"Die persönliche Faszination durch die Person Benjamin Murmelstein ist die Grundlage dieses Films, der den schnellen und einfachen Urteilen über ihn genaue Nachforschungen entgegensetzt. Ein Recherche zu den Abgründen und minimalen Möglichkeiten eines wider seinen Willen zum Funktionär gemachten Menschen", so beschreibt Rainer Rother, Künstlerischer Direktor der Deutschen Kinemathek, den Film.

Quelle: www.berlinale.de