Berlinale 2019: Perspektive Deutsches Kino – Ab heute erwachsen

Die Perspektive Deutsches Kino wird volljährig. Seit 18 Jahren widmet sich die Berlinale mit dieser Sektion dem deutschen Filmnachwuchs und unterstützt Talente, die selbstbewusst nach ihrem eigenen künstlerischen Ausdruck suchen.

 

"Es war eine gute Idee, dem Nachwuchs des deutschen Films gleich zu meinem Amtsantritt vor 18 Jahren mit der Perspektive Deutsches Kino eine eigene Sektion zu widmen. Erst Alfred Holighaus und dann Linda Söffker haben dieses Engagement für den deutschen Film erfolgreich kuratiert", kommentiert Festivaldirektor Dieter Kosslick die Geschichte der Sektion.

Eine große Leinwand, die aufregende Atmosphäre eines A-Festivals und 500 Leute in einem ausverkauften Premierenkino sind Antrieb, Energie und Rückenwind zugleich. Regisseur*innen wie Sonja Heiss, Thomas Stuber, Nicolas Steiner, Anne Zohra Berrached, Dietrich Brüggemann, Nicole Vögele u.v.a. zeigten hier ihre ersten Werke und viele qualifizierten sich anschließend für den Wettbewerb.

"Wie jedem Anfang wohnt Erstlingswerken ein Zauber inne, den wir zum Leuchten bringen wollen. Hier bei uns beginnt für viele Filmemacher*innen der hoffnungsvolle Weg in die Zukunft des Kinos", so Sektionsleiterin Linda Söffker.

Die Themen, mit denen sich die jungen Filmemacher*innen beschäftigen, haben sich wenig verändert. Zu Recht geht es immer wieder um die Liebe, um Identität, Freiheit und Selbstverwirklichung. Aber die Geschichten und ihre Protagonist*innen sind im Laufe der Jahre internationaler geworden. Auch die zwölf eingeladenen Dokumentar- und Spielfilme des diesjährigen Programms geben davon Zeugnis.

Regisseurin und Schauspielerin Maryam Zaree wurde in einem der berüchtigtsten politischen Gefängnisse des Iran geboren. In ihrem dokumentarischen Debütfilm "Born in Evin" (P: Tondowski Films, Berlin) begibt sie sich auf eine persönliche Spurensuche: Sie versucht das Schweigen zu brechen und mit ihren Eltern über die gewaltvollen Umstände ihrer Geburt zu sprechen. Und sie befragt andere Kinder, die in Evin geboren wurden, nach ihren Erfahrungen und den traumatischen Konsequenzen. Maryam Zarees filmischer Zugriff entfaltet sich an ihrer eigenen Biografie und bringt uns darüber hinaus die Gräuel von Verfolgung und Entmenschlichung im Iran und weltweit schmerzlich ins Bewusstsein.

Die Regisseurin Udita Bhargava wurde in Indien geboren und kehrt mit ihrem abendfüllenden Abschlussfilm (Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF) "Dust" (P: unafilm, Köln) auch zurück in ihre Heimat. Sie erzählt die Geschichte von David (Morten Holst), der in das unruhige Herz Indiens reist und dort nach den Spuren seiner verstorbenen Freundin sucht. "Dust" wandelt zwischen Erinnerungswelten und Zukunftsfunken vor dem Hintergrund eines linken Aufstands und zeigt uns Inder*innen, die in einem unmenschlichen Konflikt gefangen sind.

Der in Wien geborene Deniz Cooper begibt sich mit seinem Spielfilmdebüt "Fisch lernt fliegen" (P: Salka Weber und Deniz Cooper, Berlin) nach Italien. Eine junge Frau (Salka Weber) steht auf der Rialtobrücke in Venedig, in der Kühlbox ihr toter Goldfisch, den sie eigentlich dem Meer überlassen will. Doch ein Gefühl, das stärker ist, lässt sie zweifeln und sie packt den Fisch wieder ein. In dem surrealen Setting einer menschenleeren Stadt macht sie sich auf die Suche nach dem verlorenen Sinn.

Beobachtend erforscht der Dokumentarfilm "Das innere Leuchten" (P: AMA FILM, Stuttgart) von Stefan Sick den Alltag von Menschen mit Demenz in einer Pflegeeinrichtung und wagt eine poetische Interpretation dieses besonderen Zustands. Eine starke emotionale Nähe zu den Protagonist*innen aufbauend macht der Film deren Blick auf die Welt erfahrbar, offenbart ihre Aura – ihr inneres Leuchten.

Drei Berlin-Filme runden das Perspektive-Programm 2019 ab. Die Regisseurin Simona Kostova wurde in Bulgarien geboren und feiert in ihrem dffb-Abschlussfilm "Dreissig" eine Partynacht in Berlin. Sechs Freunde Anfang 30 erleben die Intensität des Hier und Jetzt an einem Freitag im Oktober in Berlin-Neukölln. Das Debüt feiert seine Premiere auf dem International Film Festival Rotterdam und ist im Anschluss bei uns zu sehen.

"Berlin Bouncer" (P: Flare Film, Berlin) von David Dietl vereint die legendären Türsteher Frank Künster, Smiley Baldwin und Sven Marquardt in einem Dokumentarfilm über die Partymetropole Berlin. Die drei sehr verschieden aufgewachsenen Charakterköpfe verfingen sich im Nachtleben der  Neunzigerjahre und gelten nun seit vielen Jahren als berühmt-berüchtigte Türsteher bei den angesagtesten Clubs der Stadt. Der Film zeichnet Berliner Kulturgeschichte vom Mauerfall bis in die pulsierende Gegenwart.

In dem von Regisseur Thomas Moritz Helm selbst produzierten Spielfilmdebüt "Heute oder morgen" (P: CASQUE film, Berlin) geht es ebenfalls um drei junge Menschen in Berlin, die sich einen Sommer lang treiben lassen und sich in ein/zwei/drei Liebesabenteuer stürzen. In Opposition zu gängigen Moralvorstellungen fragen sie nicht nach dem Morgen und geben dem Leben die Peitsche.

Zwölf Spiel- und Dokumentarfilme sind eingeladen, die um den mit 5.000 Euro dotierten Kompass-Perspektive-Preis konkurrieren. Die Juror*innen sind die FIRST-STEPS-Programmleiterin Andrea Hohnen, der Schauspieler und Regisseur Jerry Hoffmann und die Produzentin Trini Götze (Trimafilm). Am Freitag, den 15. Februar um 19:00 Uhr werden sie im CinemaxX 3 den Preis für den besten Film des Programms vergeben.

Am Berlinale Publikumstag, den 17. Februar 2019, präsentiert die Perspektive den Preisträgerfilm des Spielfilmwettbewerbs des Max Ophüls Preis 2019 sowie den Dokumentarfilm-Gewinner des FIRST STEPS Award 2018 ("Tackling Life", R: Johannes List).

"Berlin Bouncer"
von David Dietl
Dokumentarfilm
Weltpremiere

"Born In Evin"
von Maryam Zaree
Dokumentarfilm
Weltpremiere

"Dreissig"
von Simona Kostova
mit Övünç Güvenişik, Pascal Houdus, Raha Emami Khansari, Kara Schröder, Henner Borchers, Anja Langer
Spielfilm
Deutschlandpremiere

"Dust"
von Udita Bhargava
mit Morten Holst, Vinay Pathak, Abu Bakr Golu, Kalyanee Mulay, Babita Goyal
Spielfilm
Weltpremiere

"Fisch lernt fliegen"
von Deniz Cooper
mit Salka Weber, Alessandro Bressanello, Julia Edtmeier, Florian Carove, Dominic Oley
Spielfilm
Weltpremiere

"Heute oder morgen"
von Thomas Moritz Helm
mit Paula Knüpling, Maximilian Hildebrandt, Tala Gouveia
Spielfilm
Weltpremiere

"Das innere Leuchten"
von Stefan Sick
Dokumentarfilm
Weltpremiere

Als Gäste der Perspektive Deutsches Kino:

"Tackling Life"
von Johannes List
Dokumentarfilm

"N.N."
Preisträger Spielfilm Max Ophüls Preis 2019

Die bisher gemeldeten Filme der Perspektive Deutsches Kino finden Sie hier.

Quelle: www.berlinale.de