Das Programm des zehnten Forum Expanded unter dem Titel "To the Sound of the Closing Door" ist komplett.
Die Gruppenausstellung in der Akademie der Künste (Hanseatenweg) besteht aus 19 Installationen von 16 zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern sowie der Filmloop-Version einer Performance von David Askevold aus dem Jahre 1971: Für "Concert C With Door" produzierte er mit einer Stimmgabel Töne einer sich öffnenden und schließenden Tür. Einen eigenen Raum bespielt der kanadische Künstler Michael Snow. Seine Installation "Taut" besteht aus einem Klassenzimmer, angefüllt mit journalistischen Fotografien der Black Star Collection, die das Ryerson Image Centre zur Verfügung stellte.
Im Studio der Akademie sowie im Kino Arsenal werden außerdem 32 Filme in 18 Filmprogrammen und zwei Performances aus insgesamt mehr als 20 Ländern präsentiert. Der Trend des letzten Jahres schreibt sich auch in diesem Jahr fort: Das halblange Filmformat setzt sich zunehmend gegen den Kurzfilm durch. Der längste Film im Programm ist der 243-minütige Film "Les choses et les mots de Mudimbe" von Jean-Pierre Bekolo. Darin werden wir zu Zuschauern eines autobiografischen Interviews mit dem kongolesischen Literaturwissenschaftler Valentin-Yves Mudimbe, der Position zu den Revolutionen und Veränderungen der Zeitgeschichte bezieht.
Gleich drei Künstlerportraits entführen den Zuschauer in die fiktionalisierte Welt der Kunst und entlassen ihn danach in eine neue Realität: Der Regisseur Mpumelelo Mcata lässt den Künstler Kudzanai Chiurai in "Black President" nach konfliktreichen Erfahrungen in der Kunstszene in eine andere Welt entfliehen. Die Kuratoren/Filmemacher Maciej Sobieszczanski und Łukasz Ronduda lassen den Performer Oskar Dawicki in "Oskar Dawicki in The Performer" über sein Leben hinauswachsen – der Film setzt sich auf der Bühne fort und wird gleich darauf als Ausstellungsformat analysiert. 22 Jahre nach dem Tod des Inuit-Künstlers Pudlo Pudlat richtet Arvo Leo in "Fish Plane, Heart Clock" den Blick auf dessen Heimat. Pudlats surreal erscheinenden Bilder verwebt er mit eigenen Aufnahmen – Zeichnungen und Film sind im Marshall-McLuhan Salon der Botschaft von Kanada zu sehen.
Mehrere Beiträge nutzen Spiel und Performance als dokumentarische Strategie: In "Out on the Street" von Jasmina Metwaly und Philip Rizk setzen sich Arbeiter einer Kairoer Fabrik in Theaterworkshops mit Korruption und Ausbeutung auseinander. Rumänische Flüchtlinge spielen in Nicolas Cilins "Gineva" ihre Erfahrungen vor einem Bluescreen nach. In Marwa Arsanios Film "Have You Ever Killed a Bear? Or Becoming Jamila" arbeitet sich eine Schauspielerin an der Figur einer algerischen Widerstandkämpferin ab, die sie verkörpern soll. Felipe Bragança verbindet in "Escape From My Eyes" dokumentarische Bilder mit inszenierten Szenen zu Erzählungen über drei Flüchtlinge, die im Protestcamp auf dem Oranienplatz in Berlin-Kreuzberg gelebt haben.
In anderen Arbeiten unterzieht sich die Kunst-, Film- und Medienwelt einer kritischen Selbstreflektion: Die Installation "Practicing Live von Yu Cheng-Ta" ist eine Reality-Soap-Opera. Eine Familie feiert den Geburtstag des Vaters. Jedes Familienmitglied arbeitet in der Kunstszene und wird von Akteuren des Kunstmarkts verkörpert. "Je proclame la destruction" von Arthur Tuoto besteht aus zwei Einstellungen aus Robert Bressons Film "Le diable probablement" (1977), die in Endlosschleife wiederholt werden. Martin Ebner hinterfragt mit seiner Installation "Ein helles Kino" das kinematografische Setting und Leila Albayaty stiehlt für ihren Film "Face B" ihre eigenen Filmbilder.
Um Utopieentwürfe geht es in einem Programm mit Filmen von Anton Vidokle, Elke Marhöfer und Mikhail Lylov, sowie Florian Zeyfang, Lisa Schmidt-Colinet und Alexander Schmoeger. Vidokle untersucht in "This Is Cosmos" die Ideen des russischen Philosophen Nikolaj Fjodorow, der den Tod für einen Irrtum hielt. "Shape Shifting" von Marhöfer und Lylov ist eine filmische Beobachtung von Natur und Kultur in asiatischen Landschaften. "Institute Above-Ground" schließlich beschreibt ein Bauexperiment, das Vittorio Garrati kurz nach der kubanischen Revolution schuf.
In vier Keynote-Vorträgen setzen sich Gertrud Koch, Diedrich Diederichsen, Ekaterina Degot und Haytham El-Wardany (gemeinsam mit Yazan Khalili und Lara Khaldi) mit dem diesjährigen Thema "To the Sound of the Closing Door" auseinander. Ekaterina Degot spricht außerdem mit Naum Kleiman, dem ehemaligen Leiter des Moskauer Filmmuseums, und dessen ehemaligem Vertreter Maxim Pavlov über die Situation der Kulturszene in Russland. In Panels widmen sich Jasmina Metwaly, Philip Rizk, Oktay İnce, Alper Şen und Angela Melitopoulos der Fähigkeit von Bildern und Motiven, die in einem spezifischen historischen Moment entstanden sind, bestehende Narrative umzuschreiben. Ähnliche Fragen werden mit zwei Regisseuren, die Filme im diesjährigen Forumsprogramm zeigen, anhand ihrer eigenen Arbeiten diskutiert: Akram Zaatari und Kidlat Tahimik.
Das vom TURN-Programm der Kulturstiftung des Bundes geförderte Projekt Visionary Archive stellt Ergebnisse von Filmrecherchen in Berlin, Bissau, Johannesburg, Kairo und Khartum vor. Die leitende Frage ist, was ein Filmarchiv angesichts gesellschaftlicher Umwälzungen für Erinnerungs- und Emanzipationskulturen zu leisten imstande ist.
Zum zweiten Mal vergeben das Arsenal - Institut für Film und Videokunst und die Cimatheque - Alternative Film Center in Kairo in Kooperation mit der Allianz Kulturstiftung den Think:Film Award. Der Jury gehören in diesem Jahr Karim Aïnouz, Mohamed Beshir und Ala Younis an.
Am Eröffnungsabend werden Beiträge von CHEAP, Heinz Emigholz, Friedl vom Gröller, Constanze Ruhm, Michael Snow und Ala Younis präsentiert. In Lara Khaldi und Yazan Khalilis Performance "Love Letter to a Union: The Falling Comrades" werden die Briefe zweier Liebender verlesen. Dabei geht es um ihr tägliches Leben, historische Ereignisse und Filme, die sie gesehen haben.
Forum Expanded wird kuratiert von Stefanie Schulte Strathaus (Leitung), Anselm Franke, Nanna Heidenreich, Bettina Steinbrügge und Ulrich Ziemons.
Filmprogramm
"Ruhe auf der Leinwand" von Friedl vom Gröller, Österreich
"Fish Plan, Heart Clock" von Arvo Leo, Kanada / Schweiz
"Into the Hinterlands" von Julia Yezbick, USA
"Face B" von Leila Albayaty, Belgien / Deutschland
"Black President" von Mpumelelo Mcata, Simbabwe / Südafrika / Großbritannien
"Oskar Dawicki in The Performer" von Łukasz Ronduda / Maciej Sobieszczanski, Polen
"This is Cosmos" von Anton Vidokle, USA
"Shape Shifting" von Elke Marhöfer / Mikhail Lylov, Deutschland / Japan
"Institute Above-Ground" von Florian Zeyfang/Lisa Schmidt-Colinet / Alexander Schmoeger, Deutschland
"Barra Fel Share'" ("Out On the Street") Jasmina Metwaly/Philip Rizk, Ägypten
"Memories for a Private Eye" von Rania Stephan, Libanon
"La Dolce Siria" von Ammar Al Beik, Vereinigte Arabische Emirate / Ägypten
"Calamity Qui?" von Isabelle Prim, Kanada / Frankreich
"Have you Ever Killed a Bear? Or Becoming Jamila" von Marwa Arsanios, Libanon
"Acapella" von Islam Safiyyudin Mohamed, Ägypten
"Escape from my Eyes" von Felipe Bragança, Brasilien / Deutschland
"Orchard Street" von Ken Jacobs, USA
"Cyclops Observes the Celestial Bodies" von Ken Jacobs, USA
"Les Choses et les Mots de Mudimbe" von Jean-Pierre Bekolo, Kamerun
"From Ramallah" von Asem Naser, Palästina / Deutschland
"Untitled" ("Human Mask") von Pierre Huyghe, Frankreich
"A Field Guide to the Ferns" von Basma Alsharif, USA
"Wayward Fronds" von Fern Silva, USA
"Iec Long" von João Pedro Rodrigues/João Rui Guerra da Mata, Portugal
"Cancelled Faces" von Lior Shamriz, Republik Korea / Deutschland
"20 Handshakes for Peace" von Mahdi Fleifel, Palästina / Deutschland
"Wa ala saeeden akhar" (And on a Different Note) von Mohammad Shawky Hassan, Ägypten
"Gineva" von Nicolas Cilins, Schweiz
"Vyshybalshitsa" ("Embroideress") von Lyusya Matveeva, Russland
"Dear John" von Hans Scheugl, Österreich
"Three Quarters" von Kevin Jerome Everson, USA
"Strom" von Eva C. Heldmann, Deutschland
Ausstellungen
Akademie der Künste am Hanseatenweg:
"Concert C with Door" von David Askevold, USA
"Viventes" von Frederico Benevides, Brasilien
"Opaque" von Pauline Boudry, Renate Lorenz, Deutschland / Frankreich
"Hysterics/Autodidact" von Jeamin Cha, Republik Korea
"Practicing Live" von Yu Cheng-Ta, Taiwan
"A Spectacle of Privacy" von Roy Dib, Libanon
"Ein helles Kino" von Martin Ebner, Deutschland
"Wie soll man das nennen, was ich vermisse?" von Antje Ehmann/Jan Ralske, Deutschland
"In Rom" von Jeanne Faust, Deutschland
"The Children of Uzai, AntiNarcissus" von Mireille Kassar, Libanon
"The Machinist’s Lament" von Jen Liu, USA
"Med Blindpassasjeren Inn I Oljealderen Og Beyond" von Eline McGeorge, Norwegen
"The Nameless" von Ho Tzu Nyen, Singapur
"One Hundred Sinkholes/Inks" von Jenny Perlin, USA
"Invisible Producers. Kapitel 1: Panoramis / Paramount / Paranormal" von Constanze Ruhm / Emilien Awada, Österreich / Frankreich
"Je Proclame la Destruction von Arthur Tuoto, Brasilien
Beauty and the Right to the Ugly" von Wendelien van Oldenborgh, Niederlande
"Taut" von Michael Snow, Kanada
Botschaft von Kanada – Marshall McLuhan Salon:
"Fish Plane, Heart Clock" von Arvo Leo (Kanada/Schweiz)
Performances
"Love Letter to a Union: The Falling Comrades" von Lara Khaldi, Yazan Khalili, Palästina
"Oskar Dawicki in The Performer" von Łukasz Ronduda/Maciej Sobieszczanski, Polen
Panels und Diskussionen
Forum Expanded Key Notes: To the Sound of the Closing Door
Gertrud Koch, Diedrich Diederichsen, Ekaterina Degot, Haytham El-Wardany
NAUM KLEIMAN AND MAXIM PAVLOV IN CONVERSATION WITH EKATERINA DEGOT
Naum Kleiman, Maxim Pavlov, Ekaterina Degot
WHAT IF? REVISITING IMAGES
Jasmina Metwaly, Philip Rizk, Oktay İnce, Alper Şen, Angela Melitopoulos, Akram Zaatari, Kidlat Tahimik, Tilman Baumgärtel
VISIONARY ARCHIVE
Darryl Els, Filipa César, Flora Gomes, Tobias Hering, Marie-Hélène Gutberlet, Sara Gubarra, Nadja Korinth, Stefan Pethke, Katharina von Schröder, Hana al Bayaty, Yasmin Desouki
Quelle: www.berlinale.de