Wer das Schweigen bricht

Deutschland 2012/2013 TV-Spielfilm

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Heinz17herne
Heinz17herne
Kommissarin Conny Mey ist groß im Bild, lächelt ihren Chef Walter Hillinger an. Geheimbündlerisch in der Gewissheit, dass beide etwas wissen, was der Allgemeinheit noch nicht bekannt ist. Was letzterem Sorgen bereitet, ersterer jedoch keineswegs: „Der weiß es noch nicht. Das Leben geht weiter, oder?“ Gemeint ist Kommissar Frank Steier, der gerade im Auto sitzt, Dreitagebart, wirre Haarsträhnen, verschwitzte Klamotten, Bierdosen auf dem Nebensitz.

„Wo ist Frau Mey?!“: Der offenkundig unausgeschlafene Steier ist 'mal wieder unausstehlich, als er mit dem Team vom Erkennungsdienst ein Jugendgefängnis betritt und sogleich mit Vollzugsdienstleiter Kurt Krämer aneinandergerät, der etwas von Verantwortung innerhalb dieser von der Gesellschaft draußen hermetisch abgeschlossenen eigenen Welt spricht und die Polizisten so lange nicht ihre Arbeit machen lässt, bis der Gefängnisdirektor Rainer Vaske selbst mit Steier gesprochen hat. Um für Verständnis zu werben für diese ganz besondere Situation, die auch seine eigene ist.

Dann endlich schneit Conny Mey in gewohnter breithüftiger Cowgirl-Manier herein und die Ermittlungen im fünften Fall der beiden Frankfurter Kriminalisten können beginnen. Beim morgendlichen Aufschluss wird der 19-jährige Mustafa Zeydan tot aufgefunden. Dabei ist er am Abend zuvor noch quicklebendig eingeschlossen worden. Wie kam der Täter, an den Überwachungskameras im Zellentrakt vorbei, zum Opfer hinein – und warum hat er es gefoltert, indem er Zeydan acht Zehennägel zog?

Der Tathergang ist zwar unerklärlich, zumal zehn Minuten der Video-Kontrollbänder aus den Kameras im Gang vor der Zelle des Opfers fehlen. Aber wenigstens für diese Fehlzeit findet sich bald eine zumindest aus Sicht der Gefängnisbeamten plausible Erklärung: Am Abend vor dem Einschluss hat es eine massive Auseinandersetzung zwischen dem Gefangenen Jürgen Schuch (kurze, aber markante Episodenrolle: Andreas Helgi Schmid) und dem Justizpersonal gegeben, weshalb der diensthabende Vollzugsbeamte Günter Völler den rechtzeitigen Video-Kassettenwechsel versäumte.

Steier und Mey sehen sich in der Folge einer Mauer des Schweigens gegenüber. Erst durch nachdrückliche Befragung erfahren sie von der Sozialarbeiterin Katharina Enders, der Wohngruppenleiterin Zeydans, dass ein weiterer Insasse überfallen und durch Entfernung der Zehennägel gefoltert worden ist. Erhan Karabay hat überlebt und liegt nun in der Uniklinik. Gibt es einen Zusammenhang zwischen Jürgen Schuch und den beiden Opfern? Und was haben die Schließer mit der Sache zu tun?

Bei der Befragung Erhans auf der Krankenstation schweigt dieser zum Tathergang, doch flüstert er, Abhörgeräte fürchtend, Conny Mey zu, dass seine Frau und die kleine Tochter in Gefahr sind. Tatsächlich stellt sich wenig später heraus, dass die beiden verschwunden sind. Nun beginnt für Mey und Steier ein Wettlauf mit der Zeit, zumal auch Erhan drei Wachbeamte überwältigen und aus der Klinik fliehen kann...

In „Wer das Schweigen bricht“ geht es um Drogen hinter Gefängnismauern und um daraus entstandene Schulden, die außerhalb dieser Mauern eingetrieben werden sollen. Dem erfolgreichen Gespann aus Drehbuchautor Lars Kraume und Regisseur Edward Berger geht es jedoch beinahe noch mehr um die persönlichen Befindlichkeiten der beiden Ermittler, deren fünfter auch ihr letzter gemeinsamer Fall ist: Conny Mey hat sich an der Polizeischule in Kiel beworben und Frank Steier erfährt das erst als Letzter: „'Ne größere Scheiße haben Sie noch nie von sich gegeben.“

Seine schon an Poesie grenzende und vom Inhalt des Büro-Flachmanns beflügelte Liebeserklärung an die bislang so schroff behandelte Kollegin kommt zu spät: „Zwei wie Pech und Schwefel, ich geh mit Dir durch dick und doof.“ Kiel hat sogleich zugegriffen und Mey holt bereits ihre privaten Sachen aus dem Büro. Selbst die Überreichung des „Mädchengemüses“ bei der offiziellen Verabschiedung der unkonventionellen, im ganzen Polizeipräsidium beliebten Polizistin, die offenbar ihre Frankfurter Dienstwaffe mit in den hohen Norden nehmen darf, verpasst er.

Steier ist am Ende, was freilich auch an seinem „flüchtigen Bekannten“ liegt: Auch der geheimnisumwitterte Edgar, der in den bisherigen „Tatort“-Folgen für so manche gewollte Irritation sorgte, wird Steier verlassen. „Edgar stirbt, so ist das nun mal“: In vornehmer Umgebung, dem Panorama-Restaurant auf dem Maintower, hat sich Steier voraussichtlich ein letztes Mal mit dem schwerkranken Edgar getroffen, dem er einst – völlig zu Recht – zu sechs Jahren Knast verholfen hat, von dessen Folgen sich dieser nie erholt hat.

Lars Kraume hat „Wer das Schweigen bricht“ nach einer authentischen Begebenheit verfasst, die der Kriminalkommissar und Fall-Analytiker Axel Petermann aufgezeichnet hatte. Nina Kunzendorfs grandiose Abschiedsvorstellung vom Frankfurter „Tatort“, mit einer überdurchschnittlichen Zuschauerquote belohnt, hat freilich auch gezeigt, dass Joachim Król auch ganz gut ohne Dauer-Partnerin auskäme. Unter dem Arbeitstitel „Der Eskimo“ drehte der Hessische Rundfunk anschließend unter der Regie von Achim von Borries einen „Tatort“ als Solo für Hauptkommissar Steier. Jedoch als einmalige Ausnahme: Margarita Broich war zu diesem Zeitpunkt bereits als Nachfolgerin von Nina Kunzendorf unter Vertrag genommen worden.

Die renommierte Berliner Theaterschauspielerin lebte mit ihrem Volksbühnen- und künftigen „Tatort“ Kollegen Martin Wuttke, der damals in Leipzig ermittelte, in einer Berliner WG zusammen. Dritter im Bunde mit Dietmar Bär ein weiterer, Kölner „Tatort“-Kommissar. Und Nina Kunzendorf? Kehrte noch im gleichen Jahr 2013 „in einer einmaligen Gastrolle“, so der NDR, an der Seite Wotan Wilke Möhrings in die „Tatort“-Reihe zurück als Leiterin der Mordkommission im ostfriesischen Aurich.

Pitt Herrmann

Credits

Drehbuch

Kamera

Schnitt

Darsteller

Alle Credits

Regie-Assistenz

Continuity

Drehbuch

Kamera

Kamera-Assistenz

Szenenbild

Requisite

Außenrequisite

Garderobe

Schnitt

Mischung

Stunts

Casting

Darsteller

Produktionsleitung

Produktions-Assistenz

Dreharbeiten

    • 20.09.2012 - 20.10.2012: Frankfurt am Main
Länge:
89 min
Format:
16:9
Bild/Ton:
Farbe, Dolby
Aufführung:

TV-Erstsendung (DE): 14.04.2013, ARD

Titel

  • Originaltitel (DE) Wer das Schweigen bricht
  • Reihentitel (DE AT CH) Tatort
  • Arbeitstitel (DE) Diebe im Gesetz
  • Arbeitstitel (DE) Grüße aus der Mandschure

Fassungen

Original

Länge:
89 min
Format:
16:9
Bild/Ton:
Farbe, Dolby
Aufführung:

TV-Erstsendung (DE): 14.04.2013, ARD