So viel Zeit

Deutschland 2017/2018 Spielfilm

Inhalt

Verfilmung des gleichnamigen Romans von Frank Goosen: Als Teenager hatten die besten Freunde Rainer, Konni, Ole, Bulle und Thomas eine Rockband und träumten von einer großen Karriere mit Sex, Drugs und Rock 'n' Roll. Dann aber verpatzte Rainer das erste richtige Konzert von "Bochums Steine" – und der Traum war aus. Die Freundschaft mit Rainer ebenso. 30 Jahre später führen die einstigen Kumpels ganz und gar durchschnittliche Leben, mit Jobstress, nörgelnden Kindern und Beziehungsproblemen. Rainer hat es am härtesten getroffen. Seine Frau hat ihn verlassen, seinen Sohn hat er enttäuscht und sein Job ist eine Qual. Als er von seiner Ärztin die Diagnose erhält, dass er nicht mehr lange zu leben hat, will Rainer es noch einmal wissen: Er beschließt, die alten Bandmitglieder wieder zu vereinen, um "Bochums Steine" zu einem späten Triumph zu verhelfen. Das aber ist leichter gesagt als getan.

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Heinz17herne
Heinz17herne
„Für uns muss es laut sein / Solange es geht…“: Im Bochum der 1980er, als auf Zeche Prinz Regent jedes Wochenende live die Post abging, träumten die Teenager Rainer, Konni, Ole, Bulle und Thomas von der großen Karriere. Dann ist es soweit: das erste große Konzert ihrer Rockband „Bochums Steine“. Sie geben alles, aber der eifersüchtige Gitarrist Rainer schubst den Frontsänger und Gitarristen Ole nach dessen vermeintlich viel zu langem Solo von der Bühne – und ‘rein in die Pyrotechnik. Oles Kleidung fängt Feuer und ihre Karriere ist beendet, noch bevor sie begonnen hat.

Dreißig Jahre nach Auflösung der Band herrscht immer noch Funkstille zwischen Rainer und Ole. Die meisten haben bürgerliche Berufe und Familie, vom Unterhaltungsmusiker über Religionslehrer bis hin zum Zahnarzt. Nur Rainer ist geschieden und pleite, muss sein Auto verkaufen, weil er immer weniger unbegabten Kindern Musikunterricht erteilt. Und überdies unter Seh- und Sprachstörungen leidet. Einziger Lichtpunkt seines Lebens ist Sohn Dani, der bei seiner „Ex“ Brigitte lebt. Als er 'mal wieder einen Nachmittag mit ihm verbringen will, kommt ein längst vergessener Arzttermin dazwischen.

Die niederschmetternde Diagnose: Seine epileptischen Anfälle resultieren aus einem Gehirntumor. Selbst wenn er sich einer risikoreichen Operation unterzöge, würde das seine Lebenschancen um maximal ein Jahr verlängern. Rainer sagt weder Dani noch Brigitte ein Wort und zerschmettert abends daheim seine Gitarre. Da hört er im Radio im Vorfeld eines großen 80er-Revival-Konzertes in der Bochumer Zeche, wie sein früherer Manager Oehlke gefragt wird, ob neben den „Scorpions“ auch die Lokalmatadoren „Bochums Steine“ dabei wären. „Das ist gegessen“ ist dessen knappe Antwort. Aber nicht für Rainer. Er hat keine Erinnerungsstücke an die Band weggeschmissen und kramt nun in seinem alten Wohnwagen in der Vergangenheit. Kurzentschlossen taucht er bei Oehlke auf, um ihm zu verkünden, dass „Bochums Steine“ für einen Auftritt bereitstehen. Der ist skeptisch: „Ist Ole dabei?“ Rainer besucht die alte Truppe in einer Kneipe, wo sie sich regelmäßig zum Skat trifft.

Von den erst verblüfften, bald aber gar nicht so abgeneigte Jungs macht heute zwar keiner mehr Musik. Aber Konni, der Bassist, ist weder in seiner Ehe mit der offen promiskuitiven Michaela noch in seinem Job als Religionslehrer glücklich, und Thomas, der Keyboarder, wohnt meistens bei Corinne auf einem Hausboot. Er hangelt sich als Entertainer bei Kaffeefahrten mit der Santa Monika auf dem Rhein-Herne-Kanal von Affäre zur Affäre. Aus Bulle schließlich, dem Drummer, ist ein nicht nur beruflich stark geforderter Zahnarzt geworden: Er kümmert sich nach dem Tod seiner Frau allein um seine beiden Töchter. „Rock’n’Roll: Es ist extrem – zu oft, zu viel, zu laut – das pure Leben“: Die Jungs legen fast wie in alten Zeiten los und Rainer kann sogar seinen Sprössling dazu bewegen, zu den Proben zu kommen. Als Steffi sich überreden lässt, die Band in ihrer Musikkneipe „Sonic Ballroom“ spielen zu lassen, muss mangels Sänger wohl oder übel Konni ran – und kriegt auf der Bühne keinen Ton heraus. Ole muss her!

Er soll nach Berlin gegangen sein. Rainer macht sich in Danis Begleitung auf den Weg in die Hauptstadt und punktet bei seinem Sohn, als er sich in einer Autobahn-Tankstelle mit einer Motorradgang anlegt. Auch wenn er sich dabei eine blutige Nase holt, hat er das Loser-Image in den Augen seines allzu häufig von ihm versetzten Jungen verloren. Ole geht es offenbar prächtig. Er gibt in seiner Nobel-Villa gerade eine private Soirée mit klassischer Musik, als Rainer und Dani hereinplatzen. „Tut mir einen Gefallen und verpisst euch!“ lautet die spontane Reaktion des vollbärtigen Mannes mit Hipster-Hut. Doch sein Arbeitszimmer steckt voller Erinnerungsstücke, darunter auch ein altes Gruppenfoto und das Plakat des WDR-Rockpalastes, bei dem „Bochums Steine“ zusammen mit Nena, Bap und „Stunde X“ gespielt haben. Es ist ganz offensichtlich: Ole kann gar nicht anders, als es noch einmal zu probieren.

Beim ersten Probekonzert vor jungem Publikum in alter Besetzung im „Sonic Ballroom“ steigt bald die Stimmung - bis Rainer auf offener Bühne zusammenbricht. Er hat sich nur Steffi anvertraut, und die erläutert den entsetzten Bandmitgliedern, was dieser epileptische Anfall zu bedeuten hat. Alle sind von Rainers Vertrauensbruch ihnen gegenüber entsetzt und laufen auseinander, Dani eingeschlossen. Doch am anderen Morgen wecken sie Rainer, der nicht die erste Nacht auf einer Halde hoch über dem Revier verbracht hat. Als er dem Quartett verrät, dass er einen OP-Termin in der Klinik hat und beim Konzert in der Zeche nicht dabei sein kann, beschließen sie, für ihn am Abend mitzuspielen...

„So viel Zeit“ basiert auf dem gleichnamigen Roman des Bochumer Schriftstellers Frank Goosen („Liegen lernen“), der 2007 erschien. Dem mehrfach preisgekrönten Regisseur Philipp Kadelbach ist nicht gerade großes Kino gelungen, weil er sich nicht gänzlich von der Bildschirm-Ästhetik hat lösen können. Aber die hundertminütige Literaturadaption kommt Goosens Stil der witzigen Beiläufigkeit und der Empathie gerade für Verlierertypen erstaunlich nahe und Kameramann Thomy Dirnhofer sorgt für authentische, beinahe klischeefreie Ruhrgebiets-Impressionen. Die Tragikomödie feiert das Leben in all' seinen Facetten, die Musik und die Tatsache, dass es nie zu spät ist, selbst in aussichtslos erscheinenden Situationen seinem Dasein eine entscheidende Wendung zu geben. Mit einem großartigen Star-Ensemble, zu dem auch die legendäre Band „Scorpions“ mit einem Gastauftritt gehört, ist ein durchaus auch melancholischer Film entstanden, der am Ende noch einmal richtig Fahrt aufnimmt.

Apropos Musik. Während „Bochums Steine“ im Roman bekannte Titel der 1970er Jahre covern, hat Altmeister Helmut Zerlett dem Film mit eigenen Kompositionen ein spezielles Gepräge gegeben. Seine Lieder „Drei Affen“, „Scheiß auf Morgen“ und „Zu laut“, von den Protagonisten selbst eingespielt, wobei einer wie Jan Josef Liefers über reichlich eigene musikalische Erfahrung verfügt, holen den Sound der Band näher an die rockigen Titel der frühen 1980er Jahre heran. Benjamin Benedict, 1972 in Bochum geborener Produzent, der Literaturwissenschaft in Tübingen und Oxford sowie Theater in Paris studierte: „Bochum – das ist nicht nur ein Geburtsort, sondern das ist eine Lebensphilosophie.“ Free-TV-Premiere der ARD-Sky-Koproduktion ist am 25. Dezember 2020 im „Ersten“.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Visuelle Effekte

Standfotos

Szenenbild

Ausstattung

Außenrequisite

Innenrequisite

Ton-Assistenz

Arrangement

Produktionsfirma

in Zusammenarbeit mit

Ausführender Produzent

Produktionsleitung

Dreharbeiten

    • 20.02.2017 - 05.04.2017: Köln, Bochum, Berlin
Länge:
101 min
Format:
DCP, 1:2,39 (CinemaScope)
Bild/Ton:
Dolby
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 27.08.2018, 181865, ab 6 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Uraufführung (DE): 09.10.2018, Köln, Filmpalast Köln;
Kinostart (DE): 22.11.2018

Titel

  • Originaltitel (DE) So viel Zeit
  • Weiterer Titel (ENG) Comeback

Fassungen

Original

Länge:
101 min
Format:
DCP, 1:2,39 (CinemaScope)
Bild/Ton:
Dolby
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 27.08.2018, 181865, ab 6 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Uraufführung (DE): 09.10.2018, Köln, Filmpalast Köln;
Kinostart (DE): 22.11.2018