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Eigentlich wollten Leon und Felix den Sommer im Ferienhaus an der Ostsee zu zweit verbringen. Als Freunde und vor allem arbeitend; der eine an seinem zweiten Buch, der andere künstlerisch kreativ. Aber Nadja und Devid sind auch da und bringen jede Menge positive Vibes mit. Vier junge Menschen also beim Sich-Lieben, auch wenn das besonders Leon nicht ganz leicht fällt. Sein unvollendetes Manuskript verfolgt ihn auf Schritt und Tritt, in die Gartenlaube und an den Strand. Die gute Stimmung der anderen lässt seine eigene meist noch schlechter werden. Der Besuch des Verlegers naht. Als der im schneidigen Kleinwagen um die Ecke biegt, beginnt der Wald zu lodern. Es regnet Asche, der Himmel färbt sich rot und das Beziehungsdrama, das körperliche Intensität und künstlerische Sublimierung vereint, nimmt eine Wende in eine neue Dimension.
Christian Petzolds zweiter Teil einer Trilogie, die er 2020 mit "Undine" begann, handelt vom Nicht-schlafen-Können und Liebenwollen, vom Schreiben und Gelesenwerden, vom In-der-Welt-Sein und möglicherweise doch An-ihr-vorbei-Leben. Ein Film im Schwebezustand zwischen Symbolik und Realistik, komisch und zutiefst tragisch.
Quelle: 73. Internationale Filmfestspiele Berlin (Katalog)
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Ein Sommer am Darß. Es ist heiß und trocken, seit Wochen hat es nicht mehr geregnet. Als Leon und Felix, Freunde seit Kindertagen, endlich das abgelegene Ferienhaus unweit der Ostsee erreichen, läuft dort die Waschmaschine und feinste Dessous liegen auf einem offenbar benutzten Bett. Wie sich herausstellt, hat Felix‘ Mutter die Nichte eines Arbeitskollegen, Nadja, die als Saisonkraft im Küstendorf jobbt, in einem Zimmer einquartiert. Platz ist schließlich genug – und ihre Lasagne schmeckt jedenfalls. Allerdings treibt sie es mit dem jungen Rettungsschwimmer Devid so lautstark, dass Leon, der in dieser Abgeschiedenheit an seinem zweiten Roman arbeiten will, schon nach der ersten Nacht völlig entnervt ist. Was auch am fehlenden Kaffeemehl fürs Frühstück liegt.
Zum enormen Flugzeuglärm tagsüber gesellt sich die Warnung der Feuerwehr: schon ein Funke genüge, um die ausgetrockneten Wälder um das Ferienhaus herum in Brand zu setzen. Felix, der sich mit einer Fotoserie an einem Projekt der Berliner Universität der Künste zum Thema Wasser beteiligen will, sucht außergewöhnliche Meeres-Perspektiven, während der eher wasserscheue Leon hofft, im Gartenhaus Muße zu finden. Und ernsthaft daran denkt, sich im Hotel in der Suite einzumieten, in der sein großes Vorbild Uwe Johnson („Jahrestage“) einst gewohnt haben soll. Zumal sein Verleger Helmut Werner dort absteigen wird, wenn er wie angekündigt bald zum Überarbeiten des 134 Seiten umfassenden Manuskriptes hier erscheint.
Als es darum geht, das Dach des Anbaus mit Teerpappe abzudichten, lässt Leon sich verleugnen: Nadja, der er heimlich sehnsuchtsvolle Blicke nachschickt, hat seinen Text quergelesen und als „Bullshit“ bezeichnet – Gift für seine empfindsame Künstlerseele. Auch als Helmut Werner im flotten Smart-Cabrio um die Ecke braust, hellt das Leons Laune nicht auf: sein Verleger interessiert sich mehr für Felix‘ Fotomappe als für sein Romanmanuskript. Als der auch noch Nadjas Lieblingsgedicht aufsagen kann, ist Leon endgültig abgemeldet.
Und dann überschlagen sich die Ereignisse: Alarmsirenen heulen, der Himmel färbt sich rot, dem Funken- folgt ein Ascheregen und plötzlich steht eine Rotte Wildschweine vor der Feuerwand. Helmut Werner bricht zusammen, wird von Nadja in die nächste Klinik gefahren: Nierenkolik. Die Endstation dieses melancholischen Beziehungsdramas ist aber noch nicht erreicht: Ausgerechnet auf der Onkologie-Station, wo sich Nadja und Leon nach einem Zeitsprung wiedersehen, als sie Helmut Werner besuchen, zeigt sich ein Hoffnungsschimmer am Horizont…
„Roter Himmel“, Christian Petzolds zweiter Teil einer Trilogie, die er 2020 mit „Undine“ begann, erzählt von vier jungen Menschen, die versuchen, der Welt eigene, erfüllte Wege abzutrotzen. Eine latente, kaum merkliche Ahnung von Gefahr grundiert von Anfang an die Unbeschwertheit eines Ferienaufenthaltes in der abgeschiedenen norddeutschen Idylle. Weshalb dieser zutiefst deutsche Befindlichkeitsstreifen auch nicht mit den wundervoll leichten, charmanten Sommerfilmen des französischen Kinos auf eine Stufe gestellt werden sollte, wie jetzt vielfach zu hören und zu lesen ist. Erst als nichts mehr so sein kann, wie es gerade eben noch war, ergibt sich die Chance für einen Neuanfang – aus dem Off erzählt von Matthias Brandt.
Pitt Herrmann