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Der Straßenmusiker Erich "Rickerl" Bohacek lebt an der Armutsgrenze und manchmal auch darunter. Er möchte seinen idealistischen Traum des großen Durchbruchs als Musiker nicht aufgeben, doch seine finanzielle Situation und die Verantwortung für seinen geliebten achtjährigen Sohn, den er regelmäßig sehen darf, zwingen ihn gelegentlich zur Lohnarbeit – unter anderem als Totengräber. Seine Ex-Freundin und Mutter des gemeinsamen Sohnes führt derweil ein kontrastreiches, bürgerlich-saturiertes Leben mit ihrem neuen Partner, was zu zusätzlichen Spannungen führt. Schließlich muss Rickerl sich seinen Herausforderungen stellen und findet einen Weg, diese auf seine ganz eigene Art zu bewältigen.
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Dabei könnte er gerade jetzt jeden Euro gut gebrauchen. Denn seine „Ex“ Viki hat mit dem Piefke Kurti einen jungen und dazu auch noch finanziell potenten Neuen samt Eigenheim mit Rollrasen und Mähroboter „Ewald“, der sich auch noch in der neuen Rolle des Vaters gefällt. Bei Rickerl dagegen ist auf absehbare Zeit noch nicht einmal ein gemeinsamer Kino-Besuch mit seinem sechsjährigen Sohn Dominik, der ihn jedes zweite Wochenende besucht, drin.
Rickerl ist zwar ein liebevoller Vater, aber vor allem in den Kneipen der Arbeiterviertel jenseits des Wiener Gürtels zu Hause, die ihm Wohnzimmer und Bühne zugleich sind: Von dicken Rauchwolken ungezählter Tschicks eingenebelt gibt er für ein Taschengeld Kostproben seines unzweifelhaften Talents. Als in seinem Hut ‘mal ein Fünfzig-Euro-Schein landet, gibt er ihn postwendend zurück: von seinem alkohol- und spielsüchtigen Vater, der ihn immer niedergemacht hat als brotlosen Künstler, nimmt er keine Almosen.
Dabei existiert bereits ein Demoband mit dreizehn von ihm komponierten und getexteten Liedern, aber der selbsternannte Lebenskünstler kann sich in seinem übermächtigen Freiheitsdrang nicht zu einer ihm mehrfach angebotenen Vermarktung entschließen. Auch einen Interviewtermin im ORF-Radio lässt er platzen. Eine Mugge mit Kumpels bei einer Hochzeit im Weinviertel ist immer noch besser als ein Aufsichts-Job in einem schmuddeligen Wiener Erotik-Shop, bringt aber letztendlich nicht genug ein, sodass Rickerl die Nachtschicht eines Würstelstands am Augarten übernimmt.
Und einem Flaschensammler seine Gitarre schenkt, nachdem dieser sie an einem See gefunden hat samt chaotischer Zettelwirtschaft im Instrumentenkoffer: Als Dominik am anderen Morgen spurlos verschwunden war, hatte Rickerl panisch das gemeinsame Zeltlager verlassen. Diese Schrecksekunde aber bringt ihn wieder in die Spur: Er tippt endlich seine handschriftlichen Songtexte ab, übergibt sie einem Manager und kassiert 500 Euro Anzahlung. Der gemeinsame Kinobesuch mit Dominik und Viki endet am Abend mit einer gesungenen Liebeserklärung seines Sohnes, der sich selbst an seiner neuen Kindergitarre begleitet …
Nach „Die beste aller Welten“, „Märzengrund“ und „Der Fuchs“ hat der österreichische Regisseur und Drehbuchautor Adrian Goiginger mit „Rickerl – Musik is höchstens a Hobby“ eine so melancholische wie emotionale Komödie voller Musik, Leidenschaft und deftigem Wirtshausschmäh inszeniert. Die zumeist melancholischen, bisweilen zynischen, aber auch immer wieder hoffnungsvollen Lieder des Singer-Songwriters David Öllerer (alias Voodoo Jürgens), der zu den populärsten Vertretern des Austropop gehört und als Rickerl in seiner ersten Hauptrolle zu erleben ist, sind eng in die Handlung dieser zu Herzen gehenden Tragikomödie verwoben.
Zum weiteren Ensemble gehören u.a. der Wiener Liedermacher Alex Miksch und, als Special Guest mit einem Mini-Auftritt, die äußerlich schräge Szenefigur „Der Nino aus Wien“, auch „Bob Dylan vom Praterstern“ genannt. Der höchst ernsthafte Vertreter eines neuen Wienerlieds, im Konzerthaus der Donaumetropole ebenso daheim wie in der Hamburger Elbphilharmonie, ist hierzulande auch durch gemeinsame Auftritte mit der Gruppe „Wanda“ bekannt. Diese ungewöhnliche Austropop-Hommage ist bei uns hochdeutsch untertitelt zu sehen.
Pitt Herrmann