Credits
Regie
Drehbuch
Darsteller
- Armin Glaser
- Marie
- Kati
- Dr. Sigurd
- Oberst Peterhans
Produktionsfirma
Produzent
Alle Credits
Regie
Drehbuch
Casting
Darsteller
- Armin Glaser
- Marie
- Kati
- Dr. Sigurd
- Oberst Peterhans
Produktionsfirma
im Auftrag von
Produzent
Länge:
90 min
Bild/Ton:
Farbe, Ton
Aufführung:
Uraufführung (DE): September 2019, Hamburg, Filmfest Hamburg;
TV-Erstsendung (DE): 28.09.2020, Arte
Titel
- Originaltitel (DE) Kranke Geschäfte
- Weiterer Titel (ENG) The Placebo Effect
Fassungen
Original
Länge:
90 min
Bild/Ton:
Farbe, Ton
Aufführung:
Uraufführung (DE): September 2019, Hamburg, Filmfest Hamburg;
TV-Erstsendung (DE): 28.09.2020, Arte
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Die Diagnose ist niederschmetternd: Multiple Sklerose, eine im Kindesalter eher seltene chronische Krankheit mit aggressivem Verkauf, für die es in der DDR noch kein Medikament gibt. Kortison ist nicht wirklich eine Alternative. Der Professor aber weiß Rat und gibt Kati in die Obhut von Dr. Sigurd. Die Expertin, die an zahlreichen Kongressen in Europa und sogar in den USA teilnehmen durfte, arbeitet eng mit dem Ost-Berliner Beratungsbüro für Arzneimittel (BBA) zusammen. Unter ausdrücklicher Genehmigung des Staatssekretärs Olbricht (Jörg Schüttauf) im Gesundheitsministerium der DDR akquiriert Clemens Markow (Sebastian Hülk) republikweite klinische Medikamentenstudien, für die westliche Konzerne Millionen an Devisen zahlen – und dringend benötigte Geräte wie Defibrillatoren liefern.
Reinald Necker (Udo Samel), Chef des gleichnamigen Nürnberger Pharmaherstellers, und sein Projektleiter Günther Jungclausen (Matthias Matschke) haben gerade mit einer Studie Schiffbruch erlitten und neun Millionen Euro in den Sand gesetzt. Necker Pharmaceutical droht zum Übernahmekandidaten eines Schweizer Großkonzerns zu werden, da ist die neue Beta-Interferon-Studie die letzte Hoffnung. 150.000 D-Mark kassiert allein das Bezirkskrankenhaus Karl-Marx-Stadt für die Teilnahme beider junger Patientinnen an der Doppel-Blind-Studie. Während es Niki zunehmend besser geht, verschlechtert sich Katis Zustand – und Vater Armin Glaser wird misstrauisch. Er ignoriert die Warnungen seines Vorgesetzten, Genosse Oberst Peterhans, und beleuchtet das auffällig luxuriöse Leben Dr. Sigurds. Dabei schreckt er auch nicht vor der Erpressung der Krankenschwester Ingeborg Jürgens (Nina Gummich) und der illegalen Verhaftung des Nürnberger Pharmalieferanten Florian Diller (Johannes Allmayer) zurück.
Oberst Peterhans schafft nach einem Telefonat mit Berlin Fakten: Armin Glaser wird ins Archiv versetzt, seinen Posten übernimmt nun Kollege Elmar Weisbrand (Alexander Beyer). Als Glaser immer noch keine Ruhe gibt, wird aus dem Stasi-Schnüffler ein Stasi-Verfolgter und seine Frau in Sippenhaft genommen: Marie muss künftig statt in der Leitzentrale am Kohlenband schuften. „Unsere Tochter ist kein Versuchskaninchen für den Klassenfeind“: Armin geht es längst nicht mehr um Kati allein, sondern um seine eigene bröckelnde ideologische Festigkeit als überzeugter Sozialist und um zwei Staaten, die offenbar den Handel mit kranken Menschen billigen. Als der „Hundertprozentige“ erkennt, dass nur ein erpresserischer Deal mit Florian Diller und Dr. Sigurd seine Tochter retten kann, verrät er seine eigenen Prinzipien. Und fährt Kati persönlich in die Hauptstadt, wo Depeche Mode in der Werner-Seelenbinder-Halle ihr einziges DDR-Konzert geben. Die begehrte Karte stammt von Niki, deren Onkel beim populären Jugendsender DT 64 arbeitet.
Während des Konzertes beobachtet der geschasste Stasi-Offizier die BBA-Zentrale und folgt Staatssekretär Olbricht bis in seine Privatvilla, wo es zu einem offenen Gespräch über die Devisennöte der bankrotten DDR kommt. Danach aber landet der Einzelkämpfer im gleichen Knast wie die aufmüpfigen Musiker, die er im Gefolge der Proteste gegen die Biermann-Ausbürgerung verhaften ließ. Und kommt erst wieder heraus, als Karl-Marx-Stadt wieder Chemnitz heißt. Der „Monitor“ Florian Diller ist derweil wieder unterwegs – nun, wir schreiben das Jahr 1992, in einer bulgarischen Klinik...
„Von wahren Ereignissen inspiriert“ heißt es im Vorspann des über 90 Minuten hochspannenden, sorgsam recherchierten Polit- und Familien-Dramas, das die realen Fakten im Nachspann liefert: 50.000 DDR-Bürger nahmen, über die Risiken wenn überhaupt nur unzureichend informiert und über ihre Rolle als Devisenbringer gänzlich im Unklaren gelassen, an 900 Studien westlicher Pharmaunternehmen teil. Uraufgeführt am 1. Oktober 2019 im Rahmen des 27. Filmfestes Hamburg ist „Kranke Geschäfte“ am 25. September 2020 auf Arte erstausgestrahlt und drei Tage später auch im ZDF gesendet worden. Offiziell als letzter Film des Schweizer Regisseurs Urs Egger, der, so steht es im ZDF-Pressetext, wenige Tage nach Drehende starb. In Wirklichkeit ist er mehr als drei Monate nach der Uraufführung im Hamburger Cinemaxx am 18. Januar 2020 in Berlin gestorben. Geht es wie allgemein üblich nach dem Datum der Uraufführung, so ist „Die Spur der Mörder“, erstausgestrahlt am 18. Oktober 2019 auf Arte, Eggers letzter Film.
Produzentin Dr. Franziska An der Gassen, selbst im Osten aufgewachsen, im ZDF-Pressetext: „Innerhalb der filmischen Erzählung war uns der multiperspektivische Ansatz, bestehend aus verschiedenen Ost- und West-Handlungssträngen, und damit einhergehend einer ambivalenten Betrachtung des Themas wichtig. Hier gibt es kein Schwarz und Weiß. Kein Gut und Böse. Keine klaren Täter und Opfer. Ich bin der Ansicht, dass die Pharmatests an ostdeutschen Bürgern in dieser Form stattfinden konnten, weil es durch Staatsform, wirtschaftliche Verhältnisse, zeithistorische und gesellschaftliche Umstände einen Nährboden auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs dafür gab.“
Pitt Herrmann