Inhalt
1980 in der Ölmetropole Abadan, der größten Hafenstadt im Iran. Der 14-jährige Omid spielt mit seinen Freunden Fußball, als eine Rakete in eine nahe gelegene Raffinerie einschlägt. Der Angriff der irakischen Armee stürzt die Stadt innerhalb kürzester Zeit ins Chaos. Zu Hause sieht Omid gerade noch, wie sein älterer Bruder in einen Transporter steigt, der Kämpfer an die Front bringt. Während seine Mutter schon notdürftig gepackt hat und bereit ist, mit der Familie zu fliehen, weigert sich Omid. Er und sein Großvater bleiben zurück. Zu jung, um selbst zur Waffe zu greifen, wird er zum Versorger für eine in der Not vereinte Gruppe Zurückgebliebener. Er ist fest entschlossen, die Suche nach seinem Bruder und einem Fluchtweg aus der eingekesselten Stadt nicht aufzugeben.
Mit präzisem Blick, detailreicher Erzählweise und einem minimalistischen Animationsstil inszeniert Regisseurin Sepideh Farsi den Ausbruch des blutigen Iran-Irak-Kriegs als Überlebenskampf eines Jungen in einer belagerten Stadt. Auf seinem Weg begegnet er verschiedenen Menschen, die sich durch den Krieg an einem Wendepunkt ihres Lebens befinden und ihre Zukunft neu planen müssen.
Quelle: 73. Internationale Filmfestspiele Berlin (Katalog)
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September 1980, Abadan, Südiran. Der inzwischen 14-jährige Omid spielt mit Freunden Fußball vor der Kulisse der Ölraffinerie der größten Hafenstadt des Landes, als diese von Raketen getroffen und in Flammen aufgeht. Der Irak Saddam Husseins will sich einen Zugang zum Persischen Golf verschaffen und setzt auf die militärische Schwäche Irans, wo im Jahr zuvor die islamische Revolution unter Ajatollah Khomeini das Schah-Regime stürzte.
Als Omid nach Hause kommt, sieht er gerade noch, wie sein älterer Bruder Abed mit anderen Soldaten an die Front fährt. Dieser hat dem Armeechef Mustafa das Versprechen abgerungen, den „Kleinen“ aus den bald höchst verlustreichen Kämpfen herauszuhalten. Als die Lage in der täglich bombardierten Stadt unerträglich wird, verlässt seine Mutter mit seinen beiden jüngeren Geschwistern Abadan, während Omid beim Großvater bleibt. Und seinen Kampfhahn Shir Khân auf den ersten Wettstreit vorbereitet.
Als sein Freund Farshid bei einem Bombenangriff verletzt wird, übernimmt Omid dessen gefährlichen Job beim Koch Mahmad und bringt mit dem Motorrad Mittagessen selbst zu vordersten Armeeposten. So lernt er nicht nur den Ingenieur der Raffinerie, sondern auch Pari kennen, die Tochter der einst zu vorrevolutionären Zeiten „Nachtigall des Morgenlandes“ genannten Sängerin Elahleh. Und im armenischen Kloster macht er erstmals Bekanntschaft mit einer Kirchenorgel – und einem Bildnis der hl. Jungfrau mit Kind.
Bei einer Lieferung für den Generalstab bekommt Omid die aussichtslose Lage des inzwischen vollständig eingekesselten Abadan mit. Im Hafen hat er ein Lenj entdeckt, dass er mit Hilfe des Ingenieurs wieder flottmachen will, um mit möglichst vielen Menschen nachts über den Fluss in Richtung Golf zu fliehen. Als sich die Arche Noah samt Opas Ziege, seinem Hahn, zahllosen Katzen und Tauben in Bewegung setzt, stellt sich Elahleh neben dem ihr offenbar gut bekannten Kapitän Khorshid demonstrativ auf die Brücke. Selbst der irakische Kommandant, der sie sogleich durchs Fernglas erkannt hat, ist erleichtert, als das Holzschiff außerhalb der Reichweite seiner Artillerie gelangt…
„Die Sirene“ ist ein ungemein facettenreicher, letztlich zu Herzen gehender Animationsfilm über den blutigen Iran-Irak-Krieg vor fünfzig Jahren, der auf beiden Seiten 15 Millionen Menschen das Leben kostete. Bei der Geschichte des Überlebenskampfes eines Jungen in seiner belagerten Heimatstadt kann die Regisseurin Sepideh Farsi auf eigene Kindheits-Erfahrungen zurückblicken: „Ich war genau wie Omid und Pari ein Teenager, als der Krieg ausbrach. Ich blieb bis 1984 im Iran und erlebte die zweite Hälfte des Krieges von Frankreich aus. Ich musste das Land verlassen, da ich im Iran nicht studieren durfte - ich saß im Gefängnis, weil ich in der High School als Aktivistin tätig war. Damals betrachteten wir uns als doppelte Dissidentinnen - wir wollten die Monarchie stürzen, aber wir wollten auch nicht, dass der Klerus die Macht übernimmt. Das Regime betrachtete uns als Feindinnen im Innern.“
Auch der Art-Director Zaven Najjar kann persönliche Erfahrungen einbringen. Seine Familie stammt aus dem syrischen Aleppo und aus dem Libanon und einige Figuren der Geschichte von Javad Djavahery haben ihn an Cousins, Onkel und Tanten erinnert. Die meisten Hintergründe des Films sind in 2D gezeichnet, die Figuren dagegen in 3D mit einer speziellen Technik erstellt worden, die sie wie 2D-Zeichnungen aussehen lässt. Najjar im Grandfilm-Presseheft: „Mit den Figuren in 3D konnte Sepideh mehr so arbeiten, wie sie es normalerweise mit Schauspielern tut. Es war auch einfacher, komplexe Perspektiven in 3D zu zeichnen. So konnten wir im Film einen lebendigeren Look erreichen. Wir wollten eine zurückhaltende Animation, sehr subtil und minimalistisch. Darüber hinaus haben wir bei der Gestaltung und den Kompositionen viele starke Linien verwendet, die die Gefühle der Figuren zum Ausdruck bringen sollten.“
Pitt Herrmann