Der Teufel hat den Schnaps gemacht

DDR 1980/1981 TV-Spielfilm

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Heinz17herne
Heinz17herne
Fünf Uhr in der Früh. Theo Lute wankt über den Hof seiner Kfz-Werkstatt, setzt sich an den Schreibtisch seines Büros und klebt einen Briefumschlag zu. Den er zusammen mit seiner Brieftasche und dem Portemonnaie zurücklässt, bevor er mit dem Auto davonbraust - und beinahe am Zebrastreifen Fußgänger überfährt. Als hätte sie eine innere Stimme gewarnt, schreckt seine Gattin fast gleichzeitig im Bett hoch, als wäre sie von einem Alptraum erwacht. Sie hört Geräusche, braut Theo Kaffee, sieht aber nur die Rücklichter seines gelben Ladas. Als sie seinen Abschiedsbrief liest, in dem Theo sich eines Mordes bezichtigt, ruft sie ihren Mitarbeiter Paul Rei (Fred Ludwig) zu Hilfe – und der dann die Volkspolizei.

Am anderen Ende der Leitung Oberleutnant Manfred Bergmann, der sich sein Büro mit dem Vorgesetzten Hauptmann Peter Fuchs teilt. Beide leiten sogleich eine Fahndung nach dem Selbstmordgefährdeten ein. Der hat sein Fahrzeug mittlerweile in einem Waldstück abgestellt und knüpft das Abschleppseil an einem starken Ast zum Strick, zögert aber noch mit dem letzten Schritt.

Parallel macht sich Oma Ziehlke Sorgen um ihre alleinerziehende Tochter Hilde Ziehlke, die ihren kleinen Sohn Uwe am frühen Abend bei ihr abgegeben hat, vom Besuch bei einer Freundin aber bis zum anderen Morgen nicht zurückgekehrt ist. Der Abschnitts-Bevollmächtigte (Otmar Richter) hat von der Fahndung nach Theo Lute gehört und informiert Manfred Bergmann, der eine Verbindung zum schriftlichen Mordeingeständnis des Verschwundenen herstellt. Eine großangelegte Suchaktion am See unweit des Dorfes erbringt traurige Gewissheit: die aufgrund ihrer wechselnden Männerbekanntschaft nur „wilde Hilde“ genannte junge Frau ist einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen.

Es war der 22. Juni 1976, als ein Kohlenauto ihr einziges Kind, einen Sohn, überfahren hatte. Ein tragischer Unfall als Anfang vom Ende einer glücklichen Familie, einer intakten Ehe: „Vier Jahre ohne Liebe, ohne ein gutes Wort“ lautet das ernüchternde Fazit des schwer alkoholkranken Theo Lute. Der durch den Wald irrt, an einer Seegaststätte heimlich einige Pinnchen Korn herunterkippt und dann, weil seine Geldbörse in der Werkstatt liegt, bei einem Kioskverkäufer (Günter Schubert) seine Armbanduhr gegen zwei Flaschen Korn versetzt. Spät in der Nacht wird er in der Unterführung des S-Bahnhofs Grünau aufgefunden, von einem Arzt (Jürgen Hilbrecht) verpflastert und zur Ausnüchterung auf die Wache verfrachtet, wo ihn seine entsetzte Gattin identifiziert.

Theo Lute gesteht vollumfänglich – und damit könnte der „Polizeiruf 110“-Krimi schon bei Halbzeit beendet sein. Doch nun beginnt, im Rückblick der Erzählung Lutes und ergänzt um die Aussagen seines Freundes Eugen Zoch, die eigentliche Erzählung – die des unaufhaltbaren Absturzes eines durch den Alkohol jeglichen Halt verlorenen Mannes. Der mit Kinderbildern, die er aus Illustrierten ausgeschnitten hat, die Wände des ansonsten unversehrten Zimmers seines Sohnes pflastert. Der seinen Schmerz zunächst nur am Abend daheim und dann immer früher mit Schnaps zu betäuben versucht.

Der sich schließlich etwa einmal im Monat auf der Datsche seines Freundes Eugen Zoch, dessen Gattin derweil daheim bei den beiden Kindern bleiben musste, bei einer „Herrenpartie“ ungebremst die Kante geben kann, während der stets elegante Mode-Einkäufer mit der „wilden Hilde“ schläft. „Die rosarote Kuh fliegen lassen“ nennen sie ihre regelmäßigen Sauftouren und Zoch ist gar nicht abgeneigt, seinen Freund bei einem „Dreier“ am Sex mit der „schönen Hexe“ teilnehmen zu lassen. Was Hilde Ziehlke jedoch strikt von sich weist - und Theo Lute sicherlich auch nicht mitgemacht hätte: Der sieht in der jungen, lebensdurstigen Mutter das vergangene eigene familiäre Glück gespiegelt.

Das erste Auftreten von Oberleutnant Manfred Bergmann, dem in der populären Krimireihe noch drei weitere folgen sollten, ist ein für „Polizeiruf 110“-Verhältnisse ungewöhnlicher Hardcore-Fall, einer der ersten, der sich mit dem Thema Alkoholabhängigkeit beschäftigt und auch entsprechend kontrovers diskutiert worden ist. Unstrittig allerdings, dass die schonungslose Darstellung des Theo Lute zu den überzeugendsten Leistungen des nur 65 Jahre alt gewordenen Schauspielers Ulrich Thein gehört. Regisseur Manfred Mosblech ist kurz als Mann am Tresen in der Seegaststätte zu sehen, sein Regie-Kollege Helmut Krätzig hat einen Cameo-Auftritt als Kaderinstrukteur.

Pitt Herrmann

Credits

Drehbuch

Darsteller

Alle Credits

Dreharbeiten

    • From Mai 1980: Berlin und Umgebung; DEFA-Studio für Spielfilme Potsdam-Babbelsberg
Länge:
80 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
Orwocolor, Mono
Aufführung:

Uraufführung (DD): 18.01.1981, DDR-TV

Titel

  • Reihentitel (DD DE) Polizeiruf 110
  • Originaltitel (DD) Der Teufel hat den Schnaps gemacht

Fassungen

Original

Länge:
80 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
Orwocolor, Mono
Aufführung:

Uraufführung (DD): 18.01.1981, DDR-TV