Der Mann, dem man den Namen stahl

Deutschland 1944/1945 Spielfilm

Filme der NS-Zeit sind im Kontext der staatlich beeinflussten Produktion und Rezeption zu sehen. Mehr erfahren »

Inhalt

Während eines Ausflugs in die Großstadt wird einem naiven Provinzler die Brieftasche gestohlen. Da sich darin sämtliche persönlichen Unterlagen des Mannes befanden, ist er durch die Tat nicht nur seines Geldes, sondern auch seiner Identität beraubt. Bei dem Dieb handelt es sich um einen überaus gerissenen Urkundenfälscher und Heiratsschwindler, der die Papiere nach "bestem Wissen" missbraucht, um einige krumme Geschäfte abzuwickeln. Als ein Haftbefehl erlassen wird, gehen kurz darauf beide Männer, der Unschuldige und der Schuldige, der Justiz ins Netz. Für das Opfer wird die Suche nach seiner Identität zu einem absurden Gang durch die Instanzen des Behördenapparats, bei dem jeder neue Beamte nur noch mehr Verwirrung zu stiften scheint.

 

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Falk Schwarz
Pfeffer in die deutsche Wunde
Das Projekt „Brüche und Kontinuitäten“ der Defa- und der Friedrich-Murnau-Stiftung enthält sechs Filme von drei Regisseuren, die - mit einer Ausnahme - vorher noch nicht veröffentlicht wurden. Wolfgang Staudte darf sich rühmen, dass dieser Versuch aus dem Jahre 1944 sich auch heute noch gut anschauen lässt. Er war keiner, der sein Mäntelchen in den richtigen Wind hängte. Im Vergleich zu seiner späteren Verfilmung dieses Stoffes (weitgehend mit denselben Darstellern), ist er hier noch ein Stück pfiffiger, frecher, bissiger und lässt die Darsteller (vor allem den jungenhaft-draufgängerischen Axel von Ambesser) agieren, manchmal auch über-agieren und nimmt keinerlei Rücksicht auf die Zeiten - obwohl der brutale Krieg schon fast verloren war. Fridolin Biedermann gibt es einfach zweimal - was die Behörden an den Rand des Wahnsinns treibt. „Nur was im Register steht, steht fest“. Hubert von Meyerinck spielt den aufdringlichen, gehetzten, geschwätzigen Kriminellen, der den ganzen Unfug anzettelt. Das ist unterhaltend, erstaunlich mutig, kaum von den Jahren angefressen und einfach ein Kabinettstück einer Satire auf deutsche Verhältnisse. Sankt Bürokratius, unser aller Säulenheiliger. „Ich bin in erster Linie ein Beamter“, schreit der Mann hinter dem Schalter. „In erster Linie aber sollten Sie Mensch sein“, schreit Fridolin zurück. Den Schuh konnte sich anziehen, wer wollte. In der Überregulierung jedes Lebensabschnittes haben die Deutschen niemals nachgelassen. Insofern ist der Film modern und witzig und schlägt sein späteres Remake um Längen. Dass er noch vor der ersten Aufführung verboten wurde, hätte Staudte sich eigentlich denken können. Wollte er vielleicht nicht. Ein aufrechter Regisseur mit einem scharfen Blick auf die Zustände seiner Zeit. So war er, so blieb er - Kompromisse eingerechnet. Ein Herr vom Film, vor dem den Hut zu ziehen, vielen Leuten nicht möglich schien.
Heinz17herne
Heinz17herne
Im April 1944, als sich das Ende des „Tausendjährigen Reiches“ längst abzeichnete, drehte Wolfgang Staudte mit seinem dritten Spielfilm eine herrlich turbulente Farce, welche sich vor den Screwball-Komödien Hollywoods der 1930er und 1940er Jahre nicht verstecken muss. Mehr noch: Die satirischen Seitenhiebe auf die überbordende deutsche Bürokratie trägt – was die Registratur betrifft: auch optisch - kafkaeske Züge. Axel von Ambessers Fridolin scherzt nicht nur, wenn er singt: „Formulare, Formulare, von der Wiege bis zur Bahre.“ Sondern nimmt auch im Gespräch kein Blatt vor den Mund: „Eure bürgerliche Welt ist mir zu staubig und zu eng ...“

Kein Wunder, dass der Anfang 1945 fertiggestellte Film nicht mehr in die Kinos kam. Einen schriftlichen Beleg für das Zensur-Verbot im März 1945 gibt es freilich bisher nicht, wie Ralf Schenk, langjähriger Defa-Vorstand und Kurator der Reihe „Überläufer“ im Zeughauskino Berlin, bei einer Vorführung im September 2020 bekundete. Auch für Wolfgang Staudte galt das Material nach Kriegsende als verschollen, weshalb er 1947 mit fast identischer Besetzung das Defa-Remake „Die seltsamen Abenteuer des Herrn Fridolin B.“ drehte. Nach dem Fund von 56 Rollen Bild und 23 Rollen Ton nach der Wende im Bundesarchiv, darunter ein geschnittenes und abgemischtes Tonnegativ, gab sich der Filmhistoriker Holger Theuerkauf 1995 der Sisyphusarbeit hin, die unvollständige Bild- der komplett vorhandenen Tonfassung anzupassen. Der nunmehr 82-minütige Film, in dem Standbilder fehlendes Bewegtmaterial ersetzen, ist als einer der letzten „Überläufer“ am 21. Juni 1996 im Berliner Zeughauskino uraufgeführt worden.

Pitt Herrmann



Credits

Alle Credits

Regie-Assistenz

Kamera

Kameraführung

Standfotos

Bau-Ausführung

Kostüme

Darsteller

Produktionsleitung

Dreharbeiten

    • April 1944
Format:
35mm, 1:1,37
Bild/Ton:
s/w, Ton
Prüfung/Zensur:

Zensur (DE): März 1945, Verbot

Aufführung:

Uraufführung (DE): 21.06.1996, Berlin, Zeughauskino

Titel

  • Originaltitel (DE) Der Mann, dem man den Namen stahl

Fassungen

Original

Format:
35mm, 1:1,37
Bild/Ton:
s/w, Ton
Prüfung/Zensur:

Zensur (DE): März 1945, Verbot

Aufführung:

Uraufführung (DE): 21.06.1996, Berlin, Zeughauskino

Prüffassung

Länge:
2243 m, 82 min
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 19.08.1996, 75891, ohne Altersbeschränkung / feiertagsfrei