Metropolis

Deutschland 1925/1926 Spielfilm

Der Metropolisfilm


Herbert Ihering, Berliner Börsen-Courier, 11.1.1927

Mit größten Erwartungen ging man in diesen Film; Einzelheiten faszinierten; das Ganze enttäuschte. Der Film – sogar dieser, erst recht dieser – ist keine Frage des technischen Könnens mehr. Man kann heute sehr viel. Auch Fritz Lang kann sehr viel. Aber einen Weltanschauungsfilm ohne Weltanschauung zu drehen, das ist mit keinem Können der Welt zum Gelingen zu bringen. Eine technische Zukunftsstadt und Gartenlaubenromantik; eine Maschinenwelt und lächerliche Einzelschicksale; soziale Weltgegensätze, und als Mittler zwischen "Hirn und Hand das Herz", Georg Kaiser und die Birh-Pfeiffer; "Meere, Berge und Giganten" und eine legendenhafte Maria, Alfred Döblin und Thea von Harbou – das ist unmöglich. Arbeiter und Unternehmer, dieser Kampf stellt sich von selbst filmmäßig dar, sogar dann, wenn man ihn in eine Zukunftsstadt wie "Metropolis" verlegt. Hier aber wird erfunden und stilisiert. Thea von Harbou erfindet eine unmögliche Personenhandlung, die in den Motiven überstopft wird. Fritz Lang stilisiert diese Unterlage und läßt die Bildmotive sich schlagen. Bald mittelalterlicher Totentanz, bald moderner Totentanz. Bald eine Zeitanregung, bald eine Bildungsanregung, aber niemals die Orientierung vom Stoffe her. Die Arbeiter, sogar die Maschinen, die ihre überwirkliche Wirklichkeit in sich tragen, sind manchmal stilisiert (Moloch!). Immer wird mit Gefühlsphrasen gearbeitet. Schrecklich. Ein sachliches Thema grausam verkitscht. Effekte, nicht weil Weltanschauungen zu Explosionen drängen, sondern weil der Film seine Tricks will. Der Schluß, die tränenreiche Versöhnung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer – entsetzlich. Es ist schwer, harte Worte vor einem Werk zu gebrauchen, an dem jahrelang mit äußerster Anspannung gearbeitet wurde. Aber da das Mißlingen der "Metropolis"-Arbeit dem Qualitätsfilm überhaupt zugeschoben werden wird, soll man die Gründe aufzeigen, warum dieser Film schlecht werden mußte. Ein moderner Großfilm und die rückwärtsgewandte Romanphantasie von Thea von Harbou haben nichts mit einander zu tun. Wenn in "Metropolis" nicht Alfred Abel den Großindustriellen, nicht Heinrich George den Maschinenmeister, nicht eine neue Begabung: Brigitte Helm die unmögliche Frauenrolle, nicht Fritz Rasp als neuer Kühne einen Detektiv gegeben hätte, der nur wieder stilistisch zu dem anderen nicht paßte, so wäre man vollends entsetzt gewesen. Herr Klein-Rogge als Erfinder spielte auch so noch genügend falsches Theater, während Gustav Fröhlich als Millionärsohn begabt, aber noch zu unruhig wirkte.

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