Inhalt
Der Film erzählt die Geschichte von Gitti und Chris, einem ungleichen Paar, das sich in abgeschiedener Zweisamkeit durch einen Urlaub kämpft. Wir lernen zwei Menschen kennen, wie sie nur sein können, wenn sie allein sind, und ihre geheimen Rituale, Albernheiten, unerfüllten Wünsche und Machtkämpfe.
Ausgelöst durch ein scheinbar unwichtiges Ereignis – die Begegnung mit einem anderen Paar – gerät die Beziehung ins Wanken. Die anderen sind nicht nur erfolgreicher, sondern verstehen es zudem, eine konventionelle Mann-Frau-Rollenverteilung hinter einer modernen Fassade zu verstecken. Chris beginnt sich an den anderen zu orientieren und versucht seiner eigensinnigen Freundin ihre Grenzen zu zeigen, wodurch Gittis Vertrauen in ihren Freund zutiefst erschüttert wird. Ihr Versuch, sich seinem neuen Wunschbild anzupassen, entwickelt sich vom Spiel mit einer neuen Rolle zu einem stillen Kampf gegen sich selbst. Während Chris in der Rolle des Stärkeren aufblüht und sich Gitti auf neue Weise öffnet, droht sie sich zu verlieren.
Mit subtilem Humor und grausamer Genauigkeit erzählt der Film von den widersprüchlichen Sehnsüchten eines Paares auf der Suche nach der eigenen Identität. Ein intimer Liebesfilm, der in die Tiefen einer Beziehung eintaucht und die emotionale Orientierungslosigkeit einer Generation widerspiegelt. Maren Ade: "Ich wollte einen Film machen über das verworrene, einzigartige Gebilde, das zwei Menschen ergeben, wenn sie eine Liebesbeziehung führen. Die Hauptfigur sollte ein Paar sein und keine einzelne Person."
Quelle: 59. Internationale Filmfestspiele Berlin (Katalog)
Kommentare
Sie haben diesen Film gesehen? Dann freuen wir uns auf Ihren Beitrag!
Jetzt anmelden oder registrieren und Kommentar schreiben.
In der abgeschiedenen Zweisamkeit eines unbeschwerten, aber auch unaufgeregten Alltags unter südlicher Sonne wollen sich die beiden näherkommen – und werden sich, zum eigenen Erstaunen, immer fremder. Geheime Rituale, Albernheiten, unerfüllte Wünsche, kleine spielerische Rivalitäten, die sich zu regelrechten Machtkämpfen entwickeln, aber auch störende Einflüsse von außen steigern das Aggressionspotential und bringen die noch frische Beziehung gefährlich ins Wanken.
Das beginnt bereits bei der Ankunft auf Sardinien, wo sie zu ihrer Überraschung das Ferienhaus zunächst mit seiner Schwester und deren beiden Kindern teilen müssen. Was Gitti zu eifersüchtigen Überreaktionen reizt: Sie würde gern fest mit Chris zusammenleben und auch selbst gerne Kinder mit ihm haben, traut sich aber nicht, ihm das zu sagen – und nun schon gar nicht.
Es setzt sich fort in der Begegnung mit seinem Studienfreund Hans, einem erfolgreichen Architekten, und der nun auch privat nicht weniger erfolgreichen schwangeren Modedesignerin Sana an seiner Seite. Seine gönnerhafte Art reizt Gitti zu grobem Widerspruch und geht ihr ebenso auf die Nerven wie Sanas Vorfreude auf die Geburt des Kindes.
Uneingestandene Neidgefühle kommen diesmal auch bei Chris auf: Der so kreative wie eigenwillige Architekt, von den Kollegen respektiert und sogar bewundert, erfährt, dass sein Entwurf zwar einen Wettbewerb, auf den er all’ seine Hoffnungen setzte, gewonnen hat, dass das Projekt aber nicht verwirklicht wird, weil es ihm, so Chris eigene Einschätzung im Gespräch mit Hans, an Realitätsbewusstsein und Kompromissfähigkeit mangelte. Gitti, die das so nebenbei erfährt, fühlt sich brüskiert – und sucht das sexuelle Abenteuer mit einem Zufallsbekannten...
In ihrem nach „Der Wald vor lauter Bäumen“ (2003) erst zweiten Spielfilm „Alle Anderen“ erzählt Maren Ade eine subtile Geschichte von wechselnder Rollenverteilung zwischen Mann und Frau: Als Chris beginnt, sich an Hans und Sana, den Anderen, zu orientieren und Gitti Grenzen aufzuzeigen, zwingt er sie, in eine ihr wesensfremde Rolle zu schlüpfen, in der sie sich zu verlieren droht. Am Ende, als auch eine gemeinsame Bergwanderung nicht den gewünschten Effekt zeigt, packt Gitti ihre Sachen. Und dann liegt der Berliner „Hamlet“ doch noch auf dem Wiener „Weibsteufel“: Sex als ultimo ratio einer zum Scheitern verurteilten Beziehung?
„Alle Anderen“ wurde auf am 9. Februar 2009 im Wettbewerb der 59. Berlinale uraufgeführt und mit dem Großen (Regie-) Preis der Jury, Birgit Minichmayr mit dem „Silbernen Bären“ als beste weibliche Darstellerin ausgezeichnet. Zumindest letzteres ist nachvollziehbar auch dank der Ganz-Nah-Einstellungen des Kameramannes Bernhard Keller: Die Wiener (Burgtheater-) und Berliner (Volksbühne-) Protagonistin zeigt eine ungeheure Leinwandpräsenz. Die wiederum auch der Kammerspiel-Ästhetik Maren Ades geschuldet ist, weshalb mir der Regie-Preis der Berlinale nicht einleuchtet: „Alle Anderen“ ist eine typisch deutsche Fernsehproduktion, mühselig, so dialog- wie kopflastig, langweilig und mit 124 Minuten viel zu langatmig. Dem Kinostart am 18. Juni 2009 folgte die Free-TV-Premiere am 7. April 2011 auf Arte.
Pitt Herrmann