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In seinem Dokumentarfilm begeben sich der Regisseur Fatih Akin und der Musiker Alexander Hacke ("Einstürzende Neubauten") nach Istanbul. Sie machen sich auf eine Spurensuche nach den kulturellen und vor allem den musikalischen Hintergründen und Einflüssen der Metropole am Bosporus, die sich immer mehr zum Anziehungspunkt für Künstler und Musiker, DJ′s und Filmemacher aus aller Welt zu entwickeln scheint.
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Fatih Akin im Presseheft: „Nach ‚Gegen die Wand‘, wo die Filmmusik bereits vor Drehbeginn feststand, hatten wir noch viele Stücke übrig, die wir unbedingt verwenden wollten. Zwölf Bands standen für ‚Crossing the Bridge‘ auf unserer Wunschliste. Wir wollen mit diesem Film in einem repräsentativen Querschnitt zeigen, wie lebendig die Istanbuler Musikszene ist: Ostmusik trifft auf Westmusik.“
Dabei ist jedoch viel mehr herausgekommen als eine Musikdokumentation, die viele sich scheinbar widersprechende Facetten zu einem eindrucksvollen Kaleidoskop vereint zwischen neo-psychedelischem Rock, Jazz-Oriental-Sound, türkischem Rap, Straßen- und Zigeunermusik, Breakdance und arabisch beeinflusster Volksmusik, die ausgerechnet eine kanadische Sängerin in Bulgarien für sich entdeckte.
Fatih Akin gelingt es überdies, die von vielfältigsten Einflüssen geprägte Metropole des damals noch potentiellen EU-Beitrittskandidaten Türkei in faszinierenden Bildern und historischen Filmausschnitten aus den 1970er Jahren einzufangen. Dass er dabei keine politischen Rücksichten genommen hat, macht seinen Film noch wertvoller. So nimmt die kurdische Sängerin Aynur kein Blatt vor den Mund, als sie über die enormen Probleme in ihrem Heimatland spricht. Bis 1990 waren ihre kurdischen Lieder in der Türkei noch verboten, weil die Sprache in der Öffentlichkeit weder gesprochen noch gesungen werden durfte.
Die enorme Authentizität des Films, etwa bei einem Streifzug durch die verräucherten Clubs des Szeneviertels Beyoglu, bei der eher zufälligen Teilnahme an einer Hochzeitsfeier weit draußen auf dem Land, bei einer Session im Roma-Gebiet an der Grenze, ist ein Pfund, mit dem Akin wuchert, indem er keine Schwerpunkte setzt. Hier wirkt nichts künstlich, obwohl die Visite beim Arabesque-Sängerstar und Kinohelden Orhan Gencebay ebenso inszeniert ist wie der Gig mit dem Mega-Popstar Sezen Aksu in Hackes Zimmer im „Grand Hotel des Londres“ oder die Verbeugung vor der 86-jährigen Grand Dame der Istanbuler Salons, Müzeyyen Senar.
Der Hamburger Akin hat „seinem“ Istanbul binnen neunzig aus dem Rohmaterial von 150 Stunden geschnitten Minuten eine Stimme gegeben, die nicht nur außerhalb der Türkei Aufsehen erregt hat, sondern vielleicht mehr noch im Land zwischen Orient und Okzident selbst.
Pitt Herrmann