Paul Czinner

Regie, Drehbuch, Produzent
Budapest, Ungarn London, England, Großbritannien

Biografie

Paul Czinner wurde am 30. Mai 1890 in Budapest, damals Österreich-Ungarn (heute: Ungarn), als Sohn eines ungarischen Fabrikanten und einer Wiener Kaufmannstochter geboren. In jungen Jahren erhielt er Geigenunterricht und galt wegen seines virtuosen Spiels bald als Wunderkind. Dennoch verfolgte er später keine Musikkarriere, sondern studierte – einzelnen Quellen zufolge – Philosophie und Literaturwissenschaft in Wien, wobei es dafür keine eindeutigen Belege gibt (laut manchen Quellen promovierte er sogar). 

Ab 1910 war Czinner in Wien als Journalist tätig und schrieb unter anderem Bühnenkritiken für Der Merker – Österreichische Zeitschrift für Musik und Theater; Ende 1910 erschien eine umfassende Hommage an den von ihm bewunderten Dramatiker Arthur Schnitzler. Parallel dazu nahm er privaten Schauspielunterricht und verfasste zwischen 1912 und 1917 mehrere Bühnenstücke – drei einaktige Grotesken und eine Komödie –, die an renommierten Theatern in Budapest und Wien zur Aufführung kommen. Während des Ersten Weltkriegs (1914-1918) wurde er Dramaturg an den Wiener Kammerspielen und wechselte 1919 ans Deutsche Volkstheater in Wien. 

Sein Debüt als Drehbuchautor und Filmregisseur gab Czinner ebenfalls 1919 in Wien, mit der Groteske "Homo Immanis. Der Untermensch" und dem expressionistischen "Inferno", den er Jahrzehnte später in einem TV-Interview als seinen "wichtigsten Film" bezeichnete. 1920, nach dem tragischen Tod seiner 23-jährigen Verlobten Gilda Langer, zog Czinner nach Berlin, wo er sich ganz auf eine Karriere beim Film fokussierte. Er hatte Kontakt zu Filmschaffenden wie Carl Mayer (den er bereits in Wien kennengelernt hatte) und Fritz Lang, die ebenfalls am Anfang ihrer Karrieren standen und ästhetisch, wie Czinner selbst, stark vom Expressionismus beeinflusst waren. 

1923 lernte Czinner die erfolgreiche Bühnenschauspielerin Elisabeth Bergner kennen und gab ihr im Jahr darauf die Titelrolle in seinem Film "Nju", einem Liebesdrama über eine Frau zwischen zwei Männern. In den folgenden Jahren drehen Czinner und Bergner, die auch privat ein Paar wurden, eine Reihe gemeinsamer Stummfilm-Liebesdramen. In Filmen wie "Der Geiger von Florenz" (1926) und "Doña Juana" (1927) etablierten sie zugleich einen neuen Frauentypus auf der Leinwand: androgyn, in Hosen gekleidet, sportlich und quirlig – aber auch kindlich geblieben. Als eine solche Kindfrau inszenierte Czinner auch die Hauptfigur seiner Schnitzler-Adaption "Fräulein Else" (1929); der Film war ein großer Publikumserfolg, wurde von prominenten Kritikern wie Rudolf Arnheim jedoch verrissen und von Schnitzler selbst eher verhalten aufgenommen.

Ein Kritikererfolg war der 1930 in mehreren Sprachfassungen gedrehte Tonfilm "Ariane", über eine junge Exilrussin, die sich in Berlin in einen älteren Lebemann verliebt – anders als die vorherigen Liebesgeschichten aus der Schmiede des Gespanns Czinner/Bergner nahm dieser Film ein Happy-End. Ebenfalls in mehreren Sprachfassungen entstand das Melodram "Der träumende Mund" (1932), über den kolportiert wird, dass aufgrund des Studio-Termindrucks Bergner das Drehbuch schrieb. Während der Dreharbeiten zur französischen Version dieses Films ("Mélo") erhielt Czinner von Alexander Korda das Angebot, für dessen Londoner Produktionsfirma zu arbeiten – das erste geplante Projekt kam aber nicht zustande. Doch Czinner und Bergner nutzten die Zeit in London, um dort im Januar 1933 zu heiraten.

Angesichts der Machtübernahme der Nazis im März 1933 blieben Czinner und Bergner, die beide jüdisch waren, in London (einzelne Quellen deuten eine zwischenzeitliche Rückkehr nach Deutschland an, was jedoch unwahrscheinlich ist). Für Kordas Firma realisierten sie "The Rise of Catherine the Great" (1934), mit dem Hollywoodstar Douglas Fairbanks jr. in der männlichen Hauptrolle. Der Film wurde in Deutschland verboten. 

Bergner avancierte in England durch ihren überaus erfolgreichen Auftritt in dem Bühnenstück "Escape Me Never" zum gefeierten Star – und spielte die Rolle 1935 auch in Czinners nicht minder erfolgreicher Verfilmung, die ihr sogar eine Oscar-Nominierung einbrachte. Weitere britische Produktionen folgten, darunter die Shakespeare-Verfilmung "As You Like It" (1936) sowie ein Remake von "Der träumende Mund" ("Dreaming Lips", GB 1937).  

Nach dem Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland im Jahr 1938 nahmen Czinner und seine Frau die britische Staatsbürgerschaft an. Mit "Stolen Life" (UK 1938) drehten sie einen letzten Film im britischen Exil, bevor sie 1939 in die USA emigrierten. Da das Paar nicht im amerikanischen Filmgeschäft Fuß fassen konnte, wendeten beide sich wieder dem Theater zu, Czinner als Produzent und Regisseur am Broadway, Bergner als Schauspielerin. Czinner pflegte dabei einen engen Kontakt zu dem Exilanten Bertolt Brecht, wenngleich gemeinsame Projekte nicht zustande kamen.  

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kehrte Czinner 1949 allein nach Österreich und 1950 mit Bergner nach London zurück. Dort beschlossen die beiden, künstlerisch getrennte Wege zu gehen; insgesamt hatten sie 13 gemeinsame Filme gedreht. Während Bergner zunächst dem Theater verbunden blieb, gründete Czinner die Firma Poetic Films, mit der er erfolgreiche Ballett- und Opernverfilmungen ("Don Giovanni", GB 1955; "Der Rosenkavalier", GB 1962) realisierte.

Außerdem dokumentierte er mittels ausgeklügelter Mehrkameratechnik Ballettinszenierungen am Royal Opera House (u.a. "The Bolshoi Ballet", 1957). Die Shakespeare-Adaption "Romeo and Juliet" (GB), mit Margot Fonteyn und Rudolf Nureyev in den Titelrollen war 1966 sein letzter, auch international erfolgreicher Film. 

In Deutschland wurde Paul Czinner beim Bundesfilmpreis 1967 mit dem Filmband in Gold "für langjähriges und hervorragendes Wirken im deutschen Film" geehrt. Am 22. Juni 1972 starb er in seiner Wahlheimat London.
 

FILMOGRAFIE

1966
  • Regie
  • Produzent
1962
  • Regie
  • Produzent
1957
  • Regie
  • Drehbuch
  • Produzent
1955
  • Regie
1952/1953
  • Drehbuch
1939
  • Regie
  • Produzent
1937
  • Regie
  • Produzent
1936
  • Regie
  • Produzent
1932
  • Regie
  • Drehbuch
1932
  • Regie
  • Drehbuch
1931/1932
  • Regie
  • Drehbuch
1930/1931
  • Regie
  • Drehbuch
1930/1931
  • Regie
  • Drehbuch
1929
  • Regie
  • Produzent
1928/1929
  • Regie
  • Drehbuch
  • Produzent
1927
  • Regie
  • Drehbuch
  • Produzent
1925/1926
  • Regie
  • Drehbuch
1926
  • Regie
  • Drehbuch
1925
  • Drehbuch
1924
  • Regie
  • Drehbuch
  • Produzent
1919
  • Regie
  • Drehbuch