Rudolf Arnheim

Weitere Namen
Dr. Rudolf Arnheim (Weiterer Name)
Darsteller, Drehbuch, Sonstiges
Berlin Ann Arbor, Michigan, USA

Biografie

Rudolf Arnheim, geboren am 15. Juli 1904 in Berlin, begann im Jahr 1923 sein Studium der Psychologie an der heutigen Humboldt-Universität. Sein besonderes Interesse galt schon dort der Wechselwirkung zwischen der Psychologie und den Künsten - insbesondere der noch recht jungen Filmkunst. Mit 21 Jahren begann Arnheim konsequenterweise damit, Filmkritiken zu schreiben. Seine erste Veröffentlichung "Die Seele in der Silberschicht", ein Aufsatz zur Fotografie, erschien 1925 in der Weltbühne, für die er fortan regelmäßig arbeitete.

Diese Zeitschrift beförderte Arnheim 1928 unter der Leitung Carl von Ossietzkys zum festen Redakteur im Kulturbereich. Im selben Jahr promovierte er mit seiner Dissertation zur Ausdruckswahrnehmung bei dem Gestalttheoretiker Max Wertheimer. Gleichzeitig erschien mit "Stimme von der Galerie" eine erste Textsammlung Arnheims als eigenständige Publikation mit Rückblick auf sein bisheriges, kulturtheoretisches Werk. Kurt Tucholsky, der noch bis 1927 selbst die Leitung der Weltbühne innehatte, lobte den jungen Arnheim: "[...] er gibt uns mit leichter Hand das, was wir so selten bekommen – die ‘Fröhliche Wissenschaft’." (Vossische Zeitung, Berlin, 8. Dezember 1928)

Arnheim verfasste während seiner Zeit bei der Weltbühne zahlreiche filmtheoretische Texte, in denen er auch vor der in seinen Augen minderwertigen Ästhetik des Ton- und Farbfilms warnte. Seine Überlegungen mündeten in der Monographie "Film als Kunst", die 1932 erschien und heute als Standardwerk der Filmtheorie gilt. Arnheim ergreift darin Plädoyer für die Gleichwertigkeit des Films gegenüber den etablierten Kunstformen und spricht sich gegen die seiner Meinung nach eintretende Infantilisierung des Mediums aus, die er später als "Tyrannei der Vergnügungsindustrie" bezeichnete (in: Die Verkoppelung der Medien. montage/av 9/2/2000).

1933 verboten die Nationalsozialisten nach der Machtergreifung Hitlers sowohl "Film als Kunst" als auch die Herausgabe der Weltbühne. Arnheim, dem auf diese Weise kurzerhand die Arbeitsgrundlage entzogen wurde, veröffentlichte unter dem Pseudonym Robert Ambach noch wenige Artikel im Berliner Tageblatt, bevor er seine Emigration nach Italien vorbereitete. Noch im selben Jahr verließ der deutsch-jüdische Intellektuelle sein Heimatland und trat eine Stelle am Internationalen Institut für Lehrfilmwesen des Völkerbundes in Rom an. Hier half Arnheim als Redakteur unter anderem bei der Herausgabe der geplanten, nach dem Austritt Italiens aus dem Völkerbund jedoch nie erschienenen "Enciclopedia del Cinema", einer ersten großen Filmenzyklopädie. Während seiner Zeit in Rom verfasste er zudem Aufsätze zu Fernsehkultur und Rundfunk, womit sich Arnheims spätere Entfremdung und Abkehr vom Kino bereits andeutete. Seine letzte italienische Publikation "Neuer Laokon" widmete sich dennoch erneut der visuellen Kraft des Mediums Film und stellte diese den Neuerungen des Tons gegenüber. 1938 wurde "Neuer Laokon" in Italien veröffentlicht, aber die neuen Rassengesetze zwangen Arnheim zur Flucht nach England.

Einem zweijährigen Intermezzo als Übersetzer in London folgte schließlich 1940 die Ausreise in die Vereinigten Staaten von Amerika, die Arnheim eine neue Heimat werden sollten. Hier widmete er sich, unterstützt durch Stipendien etwa der Guggenheim Foundation, wieder vermehrt der Forschung zur Kunstpsychologie, welche er ab 1943 auch zu lehren begann. Zunächst in New York an verschiedenen Hochschulen angestellt, führte Arnheim sein Forschungsweg nach Japan, dann an die Harvard University in Boston und schließlich nach Ann Arbor an die Universität von Michigan. Bis ins hohe Alter veröffentlichte er Bücher und Fachartikel zur Kunst- und Gestalttheorie, von denen vor allem das 1954 erschienene "Art and Visual Perception" sowie "Visual Thinking" aus dem Jahr 1968 in der Kunstpsychologie bis heute hohe Anerkennung genießen.

Der Filmwelt blieb Arnheim während seiner Schaffensphase in Amerika nur vereinzelt erhalten. Erst 1974 erschien "Film als Kunst" (nach der Beschlagnahmung 1933) wieder als Neuausgabe in Deutschland, was seinem Werk zu einer Renaissance verhalf. 1978 wurde Arnheim mit dem Filmband in Gold für sein "langjähriges und hervorragendes Wirken im deutschen Film" ausgezeichnet, 1999 mit dem Helmut-Käutner-Preis der Stadt Düsseldorf. Unter dem Titel "Die Seele in der Silberschicht" gab Helmut H. Diederichs 2004 eine Sammlung Arnheims medientheoretischer Texte heraus, die auch dessen gleichnamigen, ersten Aufsatz enthält.

Rudolf Arnheim starb am 9. Juni 2007 in einem Altersheim in Ann Arbor, Michigan. Ein Teilnachlass des Filmtheoretikers und Kunstpsychologen befindet sich im "Rudolf-Arnheim-Archiv" der Universität der Künste in Berlin.

Autor: Niels Deimel

Dieser Text wurde im Rahmen des Masterstudiengangs "Filmkultur - Archivierung, Programmierung, Präsentation" erstellt, der von der Goethe-Universität Frankfurt am Main und dem Deutschen Filminstitut gemeinsam angeboten wird.