Die Kuckucks

Deutschland (Ost) 1948/1949 Spielfilm

Inhalt

Berlin, kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Da die Mutter gestorben und der Vater im Krieg verschollen ist, hat die selbst noch minderjährige Inge Kuckert die Verantwortung für ihre vier jüngeren Geschwister übernommen und versucht sie vor dem Zugriff des Jugendamts zu bewahren. Gemeinsam mit befreundeten Lehrlingen ziehen sie in eine demolierte, leerstehende Villa, die sie herrichten wollen. Bald jedoch taucht ein Mann auf, der behauptet, die Villa gehöre ihm, und will sie hinauswerfen. Auf die Seite der "Kuckucks" schlägt sich nur ein freundlicher junger Journalist, der im Haus nebenan wohnt.

 

Kommentare

Sie haben diesen Film gesehen? Dann freuen wir uns auf Ihren Beitrag!

Falk Schwarz
Einfach bis eintönig
„Hausbacken“ ist vielleicht das Wort, das die Regieleistungen von Hans Deppe beschreiben könnte. Einst einer der Gründer des Kabaretts „Katakombe“ in Berlin, in dem ein scharfer politischer Wind wehte, liess er sich auf das Abenteuer „Regie“ ein und fertigte von nun an, was bestellt war. So auch hier. Fünf Geschwister leben ohne Eltern in den erbärmlichsten Verhältnissen - in einem mit Nippes zugestellten Zimmer, das einer strengen Wirtin gehört. Doch die Kuckucks sind nicht unterzukriegen. Die ältere Schwester (gerade 18) managt die Kleinen und als sie schließlich eine alte Villa, die vollkommen zerbombt ist, sehen, beschliessen sie: die richten wir her. Das ist soweit alles ganz hübsch und zahnlos, es gibt lauter freundliche Menschen (mit Ausnahme der Wirtinnen) und es breitet sich eine gewisse Eintönigkeit aus. Klar, sie kriegen Hilfe, klar, sie können sich Türen und Fenster besorgen, klar, es gibt plötzlich Betten. Aus dem Nichts dieser Jahre entsteht etwas. Bevor nun das Positive endgültig ödet, taucht dann ein wirklicher Schauspieler auf: Aribert Wäscher - mal wieder der Böse. Wie er auf der Suche nach dem Tresor selbstverständlich durch die Korridore schleicht, wie er die älteste Schwester mit Alkohol gefügig macht, da ist Wäscher ein Leuchtturm in diesem eher zahmen Film. Vor allem, wenn er sein wissend-zynisches Lächeln aufsetzt, ergibt sich diese zweite Ebene, die eine Handlung lebensecht erscheinen lässt. Als er dann geschlagen und überführt aus dem Film geschrieben wird, da bleibt dann fürs Happyend und den erlösenden Kuss noch genug Zeit. Die Kinder sprechen, wie das Drehbuch von Robert A. Stemmle es ihnen in den Mund gelegt hat. Kinder, die Erwachsenen-Speak drauf haben, sind oft nervig. Das ist hier wohltuend abgemildert. Nur bleibt zu bedenken, dass die Story so einfach ist, dass man sich nach einem Kästner und seinem „Emil“ sehnt. Der war nicht ganz so „schlicht“. Aber hier haben wir es ja mit einem Aufbaufilm zu tun - wenn wir nur alle Kräfte anspannen, gelingt die neue Republik.
Heinz17herne
Heinz17herne
Berlin, kurz nach Kriegsende 1945. Nachdem der Vater beim letzten Aufgebot, dem Volkssturm, verschollen und die Mutter an Typhus gestorben ist, versucht die gerade ‘mal 18-jährige, also selbst noch minderjährige Inge Kuckert, ihre vier jüngeren Geschwister Rolf, Max, Manfred, genannt Moritz und Nesthäkchen Evchen durchzubringen. Was in der zerbombten einstigen Reichshauptstadt einer Quadratur des Kreises gleichkommt. Überall fehlt es an Wohnraum, da kann Herr Schimkat vom Wohnungsamt nur mit den Schultern zucken. Eine lebhafte fünfköpfige Familie wie die „Kuckucks“ wird von den Vermietern bald vor die Tür gesetzt. Die, auch um nicht durch das Jugendamt getrennt zu werden, immer wieder neue Quartiere suchen muss – und nun bei der verhärmten Frau Pöhler gelandet ist, die aus Gram über den im Krieg gefallenen Sohn kein lautes Wort der Kinder duldet und alle Schränke verschließt. Immerhin haben Inge, bei der empathischen Wanda Marian, und Rolf beim verständnisvollen Meister Miericke Arbeit und ernähren die Familie ohne öffentliche Zuschüsse, weshalb sie noch von keinem Amt erfasst worden sind.

„Hier muss alles bleiben wie es ist“ verkündet Frau Pöhler: in dem großbürgerlich möblierten Zimmer ohne Strom und Kochmöglichkeit kann auf Dauer kein Bleiben sein, weshalb es sich gut trifft, dass die beiden stets neugierigen, abenteuerlustigen Rangen Max und Moritz ein Trümmergrundstück mit einer halbwegs intakten Villa im Grunewald entdecken. Wo Inge mit dem jungen Schriftsteller Hans Gersdorf nicht nur auf einen freundlichen Laubenpieper trifft, der auf dem Nachbargrundstück Bienen züchtet und Zeitungsartikel tippt, sondern auch auf den in etwa gleichaltrigen Bonvivant Heinz Krüger, der sich als Neffe und Erbe des Villenbesitzers ausgibt und den Kuckucks gönnerhaft gestattet, sich dort häuslich einzurichten, während er seine Zeit mit dem Segler Libelle auf dem Jungfernsee bei Sacrow vertrödelt.

Mit Material „requirierter“ Baustoffe von anderen Trümmergrundstücken und der Hilfe befreundeter Lehrlinge wie dem Tischler Klaus, dem Klempner Heini, dem Maler Ferdinand und dem Radiomechaniker Egon gelingt es binnen kurzer Zeit, das Erdgeschoss mit Türen und Fenstern zu sichern. Auch der Maurerlehrling Erwin ist mit dabei: ihn hatte Rolf im Keller der Villa erwischt, als er sich heimlich an einer gemauerten Wand zu schaffen machte. Für diese interessiert sich auch ein gewisser Eberhard Schultz (Aribert Wäscher), der scheinbar auf Durchreise in der „Goldenen Traube“ im West-Berliner Ortsteil Witzleben Quartier genommen hat: In den letzten Tagen des Dritten Reiches soll hier ein Stahltresor eingemauert worden – und er der rechtmäßige Besitzer sein.

Als Max und Moritz beim Zementklau erwischt werden, scheint der Traum von den eigenen vier Wänden endgültig perdu: die Jugendfürsorgerin und ihr Chef wollen die drei jüngsten Kuckucks in Pflegefamilien geben. Was Meister Miericke verhindert, der offiziell die Pflegschaft übernimmt. Während Inge sich in Gefahr begibt, um bei Eberhard Schultz einen Mietvertrag zu erlangen, lösen die beiden an ihr interessierten Rivalen Hans Gersdorf und Heinz Krüger die brisante Angelegenheit mit Hilfe von Max und Moritz sowie einem Brecheisen auf überraschende Weise…

Die „kleine Geschichte aus einer großen Stadt“ fand in der Formalismus-Debatte keine Gnade. Wie Ralf Schenk in „Das zweite Leben der Filmstadt Babelsberg“ beschreibt, kritisierte Stefan Heymann, Leiter der Abteilung Kultur und Erziehung im Zentralsekretariat der SED, das bessere Leben der Kuckucks werde nicht aus eigener Kraft erreicht, sondern durch einen „edlen Kapitalistensohn“. Dies sei eine „Predigt der gerade überwundenen Volksgemeinschaft im nazistischen Sinne.“

Dr. Claus Löser, Kurator des Filmprogramms des Berliner Kulturzentrums Brotfabrik, über den „Trümmerfilm“, der 1950/51 im Rahmen des „interzonalen Filmaustauschs“ auch in der Bundesrepublik lief, anlässlich einer Wiederaufführung im November 2021: „Der fast völlig in Vergessenheit geratene frühe Defa-Film ist eine sympathische Gegenwartsgeschichte, die zwischen Realismus und Märchen changiert. Rückblickend betrachtet, erinnert die Story der jungen Menschen, die sich auf eigene Faust Wohnraum verschaffen, dabei aber von den Besitzenden und Mächtigen behindert werden, an die Hausbesetzer der siebziger und achtziger Jahre.“

Pitt Herrmann

Credits

Regie

Schnitt

Musik

Darsteller

Alle Credits

Regie

Regie-Assistenz

Dramaturgie

Standfotos

Schnitt

Musik

Darsteller

Produktionsleitung

Aufnahmeleitung

Länge:
3534 m, 93 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
s/w, Ton
Aufführung:

Uraufführung: 08.04.1949, Berlin, Babylon

Titel

  • Originaltitel (DD) Die Kuckucks

Fassungen

Original

Länge:
3534 m, 93 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
s/w, Ton
Aufführung:

Uraufführung: 08.04.1949, Berlin, Babylon