Ich küsse Ihre Hand, Madame
Ich küsse Ihre Hand, Madame . . .
Georg Herzberg, Film-Kurier, Nr.17, 18.1.1929
Jeder populäre Schlagertitel erleidet heute das Schicksal der Verfilmung. Das ist nun einmal unabänderliches Gesetz. Man kann ja die meisten Lustspiele und Komödien, wenn man der Kapelle ein paarmal die Gelegenheit zum Spielen des Schlagers gibt, mit diesem Filmtitel benennen. Und die Handlung wäre auch wohl ohne die Entstehung des Schlagers geschrieben worden. Dann hätte man den Film vielleicht "Kellner, aber Gentleman" oder "Die Liebesaffären der Madame Gérard" genannt. Da ist mir dieses rhythmische, liebenswürdige "Ich küsse ihre Hand Madame" lieber.
Dieser Herr "Ich" ist ein guter, bei den Damen sehr beliebter Kellner eines Pariser Luxusrestaurants, der anscheinend eine ganze Menge Geld verdient und durch Zufall eine eheversprechende Bekanntschaft mit einer soeben geschiedenen Dame der Gesellschaft macht. Also das gleiche Motiv wie in Menjous letztem Film. Nur mit dem Unterschied, daß hier der Kellner nicht nur ein Meister seines Berufes, sondern ein verarmter russischer Graf ist. Er stellt sich ihr erst mit seinem wirklichen Namen vor, dann erfährt sie seinen Beruf, glaubt sich belogen, und zum Schluß kriegen sie sich doch.
Auch hier verficht der ungenannte Autor (Robert Land, Anm. d. Red.) den vernünftigen Standpunkt, daß Arbeit keine Schande ist und ein guter Kellner eine ganze Menge verstehen muß. Vielleicht bewirken diese beiden Filme, daß die Kellner in Zukunft begehrte Heiratskandidaten für junge Damen werden.
Der Regisseur Robert Land entwickelt mit leichter Hand die etwas dünne und blutarme Handlung. Der Film spielt in Paris, und es ist einiges von dem Parfüm dieser Stadt in dem Film. Nicht eben viel, aber mehr als in mancher anderen Seine-Verfilmung, made in Germany.
Marlene Dietrich, deren große Filmeignung man endlich erkannt hat, spielt charmant und gut angezogen die Madame mit der vielbesungenen Hand. Für solche Rollen, die von der Darstellerin eine gute Erscheinung und elegantes Auftreten verlangen ohne schwere schauspielerische Aufgaben zu enthalten, dürfte sie nach diesem Film sehr gesucht sein.
Harry Liedtke fügt zu seinen zahllosen Liebhaberrollen eine neue. Lächelnd sympathisch, seines Stardaseins bewußt. Es ist häufig als blinzelt er an dem Regisseur vorbei ins Parkett und begrüßt seine Anbeterinnen mit einem jovialen "Tag, Kinderchen".
Vielleicht wird er gerade deshalb so goldig empfunden, er sollte aber mit dieser gefährlichen Methode etwas vorsichtig sein. (...)