Der Kinopreis wird am 4. Dezember 2015 im Rahmen des diesjährigen Bundeskongresses der Kommunalen Kinos im Filmmuseum Potsdam vergeben.
Mit dem Preis werden Kinos für ihre herausragenden Programme und ihr kontinuierliches Engagement für eine anspruchsvolle und vielfältige Kinokultur in Deutschland gewürdigt. Dank des kurzfristigen Entschlusses der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, Monika Grütters, den Kinopreis des Kinematheksverbundes mit Sondermitteln zu finanzieren, kann dieser Preis nun zum sechzehnten Mal von der Deutschen Kinemathek vergeben werden.
Bis zum 2. Oktober konnten sich Kinos aus der gesamten Bundesrepublik in einem aufgrund der engen Terminierung vereinfachten Verfahren anmelden. Die Bewerber sind vor allem Kommunale Kinos, die zum Teil schon seit den 1970er-Jahren existieren und sich seither beständig der Filmkultur widmen. Sie zeigen thematische Filmreihen und umfangreiche Retrospektiven, laden ein zu Gesprächen mit Filmkünstlern, veranstalten Symposien und Festivals, zeigen Stummfilme mit Live-Begleitung und übernehmen Aufgaben der medialen Bildung. Die Kommunalen Kinos werden von den Kommunen und Ländern unterstützt, teilweise allerdings mit alarmierend geringen Mitteln, so dass ohne die Mithilfe von Ehrenamtlichen und Cineasten die Programmarbeit in dieser Qualität nicht realisiert werden könnte.
Eine Jury aus unabhängigen Mitgliedern der Kinobranche wählte die Preisträger aus. Dabei gab es in diesem Jahr keine festgelegten Preiskategorien und -abstufungen. Die Jury entschied, das Preisgeld in Höhe von 25.000 Euro unter einer größeren Anzahl von Kinos aufzuteilen, um die Kommunen auf die Qualität und Wichtigkeit der von ihnen geförderten Kinos hinzuweisen. In ihrer Begründung heißt es: "Mit diesen Preisen verbindet die Jury die Hoffnung, dass die Kommunalverwaltungen – so eng auch die finanziellen Möglichkeiten erscheinen mögen – die engagierte Arbeit ihrer nichtgewerblichen Kinos besser wertschätzen und ihnen mehr finanzielle Unterstützung für die qualitätvolle Arbeit zukommen lassen."
Ingesamt vergab die Jury je drei gleichwertig dotierte Preise in Höhe von 2.000 Euro in den Rubriken "Kino und Filmgeschichte", "Kino und Bildung" sowie "Kino und Gesellschaft". Sieben Preise zu je 1.000 Euro wurden vergeben in der Kategorie "Kino und Kommunikation vor Ort". Damit würdigte die Jury programmatische Schwerpunkte in der Kinoarbeit, die den zentralen Aufgaben kultureller Filmarbeit entsprechen: Pflege von Filmgeschichte, Filmvermittlungsarbeit, soziales und politisches Engagement sowie die Wahrnehmung der infrastrukturellen Funktion eines Kinos in seiner Umgebung.
Die Preise wurden vergeben an:
Je 2.000 Euro
Kino und Filmgeschichte
Zeughauskino, Berlin
Das Zeughauskino ist nach wie vor eines der wenigen Kinos, das sich dezidiert der Filmgeschichte widmet. Dabei werden verschiedene Filmgenres (z.B. Industriefilm) miteinbezogen, so dass ungewöhnliche Blicke auf Filmgeschichte ermöglicht werden. Ein höchst informatives und niveauvolles Programmheft sowie eine gut gestaltete, übersichtliche Website bieten einen hervorragenden ersten Eindruck und laden dazu ein, Filme in Werkzusammenhängen zu verstehen.
Filmklub 813, Köln
Dem Filmklub 813 gelingt es, trotz geringer finanzieller Mittel ein absolut einmaliges Programm auf die Beine zu stellen, das von intimer Kenntnis der Filmgeschichte geprägt ist. Dieser Filmclub beleuchtet außergewöhnliche Seitenstränge der Filmgeschichte, so z.B. populäre Filmgenres, die zu Unrecht in Vergessenheit geraten sind, darunter Trashfilme, B-Movies oder frühe Experimentalfilme.
Filmmuseum München
Das Filmmuseum München besticht seit Jahren mit sehr gut konzipierten Programmreihen und umfassenden Retrospektiven, die die internationale Filmgeschichte beleuchten – und sich dabei sehr guter Besucherzahlen erfreuen. Hervorzuheben ist außerdem die qualitätsvolle Präsentation der Kinoarbeit im Programmheft sowie über Facebook und Twitter.
Je 2.000 Euro
Kino und Bildung
Filmhaus Nürnberg
Das Filmhaus Nürnberg hält seit Jahren ein hohes Niveau der Programmgestaltung, die alle Aspekte kultureller Filmarbeit abdeckt. Auch die Angebote für Kinder und Jugendliche beziehen die ganze Bandbreite der Filmgeschichte und unterschiedlicher Kinematographien mit ein. Ein eigenes Leporello für die Kinderveranstaltungen belegt, dass auch die jungen Zuschauer als Besucher ernst genommen werden. Hiervon zeugen nicht zuletzt innovative, partizipative Veranstaltungen wie die erstmalig durchgeführten Kinderfilmtage "Little Big Films", bei der Kinder das Programm selbst gestaltet haben.
Die Pumpe, Kiel
An einem schwierigen Standort leistet dieses Kino bemerkenswerte Arbeit im Bildungsbereich: Mit den Jugendfilmwochen werden auch junge Erwachsene gezielt angesprochen. Schulkooperationen wie das gewiss einzigartige "CinEscuela", ein spanischsprachiges Schulkinoprojekt, Filmanalyse-Kurse für Schulklassen sowie die Zusammenarbeit mit der Kieler Universität, in deren Rahmen Studierende Filmreihen konzipieren, setzen innovative Akzente.
mon ami, Weimar
Die Angebote für Kinder und Jugendliche zeichnen das mon ami besonders aus, gehen sie doch weit über das klassische Kinderkino hinaus und erfreuen sich großer Resonanz. Zu erwähnen sind insbesondere die Filmprogramme für die Kleinsten in der Reihe "Kita-Kino", die Angebote von „Lernort Kino – Schule des Sehens“ sowie die Filmseminare zu besonderen Filmreihen, wie im vergangenen Jahr zum Ersten Weltkrieg oder mit Kinodramen nach Shakespeare.
Je 2.000 Euro
Kino und Gesellschaft
Gesellschaften sind facettenreich - und das kann Kino auch sein. Am besten repräsentieren dies die Off-Spielstätten B-Movie in Hamburg, Kino im Sprengel aus Hannover und die naTo in Leipzig. In den gezeigten Filmen werden die Ränder der Gesellschaft nicht ausgespart, Politisches wird thematisiert und Film im besten Sinne als Medium des Verstehens von Kultur und Gesellschaft behandelt.
B-Movie, Hamburg
Das kollektiv betriebene Stadtteil-Kino zeigte auch im vergangenen Jahr konsequent randständiges Kino: vernachlässigte Genres wie z.B. "Mumblecore", Underground-Filmemacher (Jörg Buttgereit, Bruce LaBruce) oder "Heimatfilme" aus St. Pauli. Letztere spiegeln das Selbstverständnis des B-Movie-Teams, im und für den Stadtteil aktiv zu sein, Themen und Probleme "vor der Haustür" filmisch zu reflektieren.
Kino im Sprengel, Hannover
Auch das Kino im Sprengel wird kollektiv betrieben und versteht sich dezidiert politisch. Dabei wird das Politische nie nur als "Thema" aufgegriffen, sondern immer filmisch gedacht. Reihen zum Urbanismus, zum Fischfang oder zu Ritualen schließen Experimentelles und Abseitiges mit ein. Archivausgrabungen gehören ebenso zum Programm wie Klassiker des unabhängigen Kinos.
Cinémathèque in der naTo, Leipzig
"Ästhetisch wach und politisch verantwortungsbewusst" – so versteht sich die Cinémathèque Leipzig. Diese Position spiegelt sich in Filmreihen wie "Mythos Freiheit: Gefängnis und Demokratie" oder "Avantgarde ist keine Strömung" wider. Besonders hervorzuheben sind die Monatsprogrammkarten, die ungewöhnlich und ansprechend gestaltet sind.
Je 1.000 Euro
Kino und Kommunikation vor Ort
Trauma, Marburg: Präsentation ungewöhnlicher Filme für ein junges Publikum.
Koki, Rendsburg: Ein engagiertes Kino an einem mehr als schwierigen Ort.
Cinemayence, Mainz: Unter schwierigen finanziellen Bedingungen wird ein sehr engagiertes Programm gemacht mit vielen Diskussionsveranstaltungen, die das Publikum einbeziehen.
8 ½ Saarbrücken: Für ein gleichbleibend gut durchdachtes Programm mit beeindruckend vielen Kooperationen.
Kommunalkino City 46, Bremen: Insbesondere für die innovative Filmbildungsarbeit und die Kooperation mit der Universität.
Kommunales Kino, Lübeck: Trotz geringer finanzieller Ausstattung bietet das Kino an einem schwierigen Standort alternatives Programm mit filmpädagogischen Angeboten.
Kommunales Kino im alten Wiehrebahnhof, Freiburg: Für ein seit Jahren hervorragendes Programm, das insbesondere mit seinen Filmreihen zu gesellschaftlichen Themen punktet.
Jury
Stefanie Eckert (Kinematheksverbund), Birgit Gamke (AG Verleih), Angela Haardt (Bundesverband kommunale Filmarbeit), Gunter Hanfgarn (AG Dokumentarfilm), Rosemarie Schatter (Verband der deutschen Filmkritik).
Quelle: www.deutsche-kinemathek.de