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In einem kleinen kasachischen Dorf, nahe des Raumhafens Baikonur, sichern die Bewohner ihr Überleben mit Weltraumschrott, den sie nach jedem Raketenstart aufsammeln und dann verkaufen, tauschen oder anderweitig nutzbar machen. Der junge Iskander, auch "Gagarin" genannt, träumt davon, selbst einmal ins All zu fliegen und hört täglich die Funksprüche aus Baikonur ab. Er ist derjenige, der die Raketen und die abfallenden Metallteile orten kann und sich mit seinen Dorfbewohnern "auf die Jagd" macht, da auch andere es auf den kostbaren Abfall abgesehen haben.
Nazira, die heimlich in Iskander verliebt ist, hält nichts von der Technik und den Raketen, hat sie doch bei einem damit zusammenhängenden Unglück ihre Eltern verloren. Ihr Schwarm hat jedoch nur Augen für die französische Weltraumtouristin Julie Mahé, die er gleichwohl nur aus dem Fernsehen kennt. Als diese eines Tages in einer Weltraumkapsel auf die Erde stürzt, rettet Iskander sie und stellt bald fest, dass sie ihr Gedächtnis verloren hat. Frei nach dem Gesetz der Steppe "Was vom Himmel fällt, darf man behalten", gibt er Julie als seine Verlobte aus. Es ist natürlich klar, dass dieses Spiel nicht lange gut gehen wird.
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„Was vom Himmel fällt, darf man behalten“: Nach diesem Gesetz der kasachischen Steppe verfährt auch „Gagarin“, benannt nach der sowjetischen Kosmonauten-Legende, die noch vor den Amerikanern als erster Mensch im Weltall unterwegs war. Iskander träumt davon, selbst einmal in einer Raumfähre zu sitzen und den „Blauen Planeten“ zu umrunden, weiß natürlich aber auch, dass er als Bauernjunge keine Chance für eine entsprechende Ausbildung hat. Was Nazira nicht weiter stört, die sich hinter ihrer Wildheit nur versteckt: Sie liebt diesen Träumer, der nachts vor seiner Jurte liegt und die Sterne beobachtet.
Weshalb er beinahe verpasst hätte, dass sein großer Schwarm, die attraktive französische Weltraum-Touristin Julie Mahe ganz in seiner Nähe unsanft gelandet ist. Dabei hat er ihre Reise ins All mit sehnsuchtsvollen Blicken auf seinem kleinen, störanfälligen Fernseher verfolgt. Als sein Hund einen Fetzen Ballonseide anschleppt und sich wie tollwütig gebärdet, lässt Iskander sich von seinem Vierbeiner zur Fundstelle führen: aus den unendlichen Weiten des Weltraums ist Julie in ihrer kleinen Raumkapsel buchstäblich vom Himmel gefallen – und ihm zu Füßen. Und was vom Himmel fällt...
Iskander zieht die ohnmächtige Kosmonautin aus ihrem aufgesprungenen Gehäuse und trägt sie in seine Jurte. Erst am anderen Morgen wacht dieser blonde Engel auf – und kann sich an nichts mehr erinnern. So glaubt sie ihm, als er sie den anderen im Dorf als seine Verlobte vorstellt und ihr als erstes eine Badewanne kauft. Doch sein Onkel Rustam und die anderen leben zwar in archaischen Verhältnissen, aber doch im 21. Jahrhundert. Und haben längst mitbekommen, dass es sich bei der Verlobten um die vermisste und mit Hubschraubereinsatz gesuchte Französin handelt. Erst als der eifersüchtige Timur (Nurlan Abilov) nach einem großen Fest, auf dem Iskander verkündet hat, Julie zu heiraten, nach Baikonur aufbricht, um ihn zu verraten, gibt „Gagarin“ seinen Plan auf. Zumal Julie sich nach einer heißen Liebesnacht plötzlich wieder erinnern kann.
Der Chef der Raumfahrtzentrums Baikonur sonnt sich im publicityträchtigen Erfolg des glücklichen Endes der Suchaktion und verspricht Iskander einen Job. Doch „Gagarin“, endlich im heißersehnten Blaumann mit den Aufnähern der russischen Weltraummission steckend, wird nur für Hilfsarbeiten gebraucht, während er Julie, die sich bereits auf ihre nächste Mission im All vorbereitet, gänzlich aus den Augen verliert. Doch der Bauernbursche weiß sich mit einem alten Hausmittel zu helfen: Kameldung an sensibler Stelle angebracht verhindert den geplanten Start der Rakete – und verhilft Iskander zu einem klärenden Gespräch mit Marie.
An dessen Ende „Gagarin“ endlich weiß, wo er eigentlich hingehört - und vor allem zu wem. Nazira nimmt derweil, von allen Alten im Dorf mehr oder minder heimlich beobachtet, ein ausgiebiges (Schaum-) Bad in der eigentlich für ihre Nebenbuhlerin vorgesehenen Wanne. Das wilde Aschenputtel hat sich in eine begehrenswerte junge Frau verwandelt, als das Objekt ihrer Begierde heimkommt – mit zwei Lämmchen im Arm. Zur doppelten Familiengründung...
Schon in Filmen wie „Tuvalu“ hat uns Veit Helmer einen Einblick in die archaischen Lebensweisen im wilden Osten des einstigen Sowjetreiches gegeben. „Baikonur“ erzählt eine romantische Liebesgeschichte, bei welcher der Clash der Kulturen zunächst keine Rolle spielt. Nikolai Kanows Kamera hat die weite Steppe Kasachstans eingefangen - und die Tristesse des Hightech-Standortes Baikonur. In dem der Dorfjunge, versprochen ist versprochen, doch noch ein Kosmonauten-Training absolviert. Kurzzeitig fühlt er sich bestätigt, wähnt sich auf dem richtigen Weg – aber ohne Liebe ist alles nichts. Die TV-Erstausstrahlung erfolgte am 26. Februar 2014 auf Arte.
Pitt Herrmann