Olaf Brill: Der Caligari-Komplex

Quelle: belleville
Buchcover

"Das Cabinet des Dr. Caligari" ist ein Schlüsselwerk der deutschen Filmgeschichte: Entstanden nach dem Ersten Weltkrieg, gedreht in expressionistischen Kulissen, erzählt der Psycho-Thriller von Robert Wiene eine doppelbödige Geschichte über Mord und Wahnsinn. Kritiker und Akademiker sahen darin ein Sinnbild der Weimarer Zeit, in der der Film entstanden ist. Viele Jahrzehnte lang wurde "Caligari" immer wieder analysiert und interpretiert. Kann man über solch ein legendäres Werk überhaupt noch etwas Neues schreiben?

In "Der Caligari-Komplex" betreibt Autor Olaf Brill Filmgeschichte als Detektivarbeit. Denn die "Caligari"-Geschichte war keineswegs festgeschriebenes Wissen, sondern immer noch von Legenden und Geheimnissen umgeben. Die Entstehungsgeschichte des Films ist von den Beteiligten immer wieder erzählt worden, in zum Teil einander widersprechenden Darstellungen. Brill hat sich den Film und die Erzählungen seiner Geschichte ganz genau angesehen, Spuren verfolgt, neue Quellen aufgestöbert, Widersprüche aufgelöst und Lücken im Wissen gefüllt. So hat er ein filmgeschichtliches Puzzle zusammengesetzt, das tatsächlich ein neues Bild der faszinierenden und komplexen Geschichte dieses Films zeigt. "Da musste mal jemand für Ordnung sorgen – und das hat Olaf Brill mit Erfolg getan." (Hans Helmut Prinzler)

Fragen, denen "Der Caligari-Komplex" nachgeht, sind: Wie kam der Expressionismus in den Film? Wer erfand die legendäre Rahmenhandlung? Wann wurde der Film eigentlich gedreht? Welche Einflüsse führten zur Produktion des Films, und welche Rolle spielten bei seiner Entstehung Menschen, die von der Filmgeschichte längst vergessen wurden? Brill entdeckt dabei tatsächlich so manches Neues und kommt zu manch überraschendem Ergebnis. Dazu sucht er auch schon mal auf einem verschneiten Friedhof nach einem verloren geglaubten Grabstein, entziffert verwitterte Noten, vergleicht Wetterberichte mit der Produktionsgeschichte des Films, rekonstruiert die Pressearbeit der Produktionsgesellschaft und weist so manch übereifrigem Zeitgenossen gnadenlos nach, wo er es mit der Wahrheit über "Caligari" nicht so genau genommen hat.

"Der Caligari-Komplex" ist aber auch ein Buch über die Filmgeschichte nach dem Ersten Weltkrieg, über die wilde Zeit, in der dieser wichtige Film entstanden ist, und über die Irrungen und Wirrungen der Filmliteratur und wie man sie auflöst. Eine jederzeit unterhaltsame Lehrstunde in Filmgeschichte. Das Buch ist reich bebildert, enthält in einem Anhang Filmkritiken, filmografische Daten und ein Faksimile des Programmhefts zum Filmstart, und ist im Sommer 2012 erschienen.

Sein Autor Olaf Brill, geboren 1967 in Bremen, hat Philosophie und Germanistik studiert und mit dieser Arbeit über "Caligari" promoviert. Er gehörte 2003-05 zu den ersten Redakteuren von filmportal.de, war später freier Mitarbeiter und hat über tausend Texte für das Portal geschrieben. Als freiberuflicher Autor, Redakteur, Lektor und Dozent verfasste er unter anderem viele Beiträge fürs CineGraph-Lexikon und ist seit 2008 gemeinsam mit Johannes Roschlau Redakteur des Festivalkatalogs zum jährlich stattfindenden cinefest. Er lebt in Bremen und Hamburg.

Olaf Brill
Der Caligari-Komplex
belleville
432 Seiten, 254 Fotos/Abb.
Hardcover, 24,5 x 18 cm
www.belleville-verlag.de