Sigi Rothemund
Siegfried "Sigi" Rothemund wurde am 14. März 1944 bei Hof geboren. Seine Filmlaufbahn begann er Ende der 1960er Jahre als Assistent von Regisseuren wie Franz Marischka ("Ein dreifach Hoch dem Sanitätsgefreiten Neumann", 1969), Zbyněk Brynych (u.a. "Engel, die ihre Flügel verbrennen", 1970) und Peter Weck (u.a. "Wenn mein Schätzchen auf die Pauke haut", 1971).
Sein eigenes Regiedebüt gab Rothemund 1973 mit "Geh, zieh dein Dirndl aus", einer für diese Ära typischen Lederhosen-Sexklamotte mit Elisabeth Volkmann und Rinaldo Talamonti in den Hauptrollen. Es folgten Filme nach ähnlichem Muster und mit ähnlicher Besetzung, darunter "Alpenglühn im Dirndlrock" (1974), "Bohr weiter, Kumpel" (1974), "Drei Schwedinnen in Oberbayern" (1977) und "Drei kesse Bienen auf den Philippinen" (1979). Zu besonderem Erfolg gelangte der Softsexfilm "Griechische Feigen" (1977), als er durch zahlreiche Videoraubkopien zum Kulthit in der Sowjetunion avancierte.
Da Rothemund die Arbeit an diesen – durchaus erfolgreichen – Filmen unangenehm war, firmierte er dabei stets unter dem Pseudonym Siggi Götz – angeblich als Anspielung auf das berühmte "Leck mich am A...!"-Zitat aus Goethes "Götz von Berlichingen".
Unter seinem bürgerlichen Namen inszenierte Sigi Rothemund die 13-teilige Fernsehserie "Timm Thaler" (1980) nach dem Roman von James Krüss. Die Geschichte über einen Jungen, der sein bezauberndes Lachen an einen teuflischen Baron (Horst Frank) verkauft, avancierte mit der Erstausstrahlung 1979 zu einem enormen Erfolg und machte den 14-jährigen Titeldarsteller Thomas "Tommi" Ohrner zum Kinderstar. Bis heute gilt sie als Klassiker des deutschen Fernsehens.
In den Jahren 1981 und 1982 führte Rothemund bei zwei weiteren populären Weihnachtsserien Regie: "Silas" und "Jack Holborn", beide mit Patrick Bach als Hauptdarsteller. Auch diese Serien waren erfolgreich, reichten aber nicht an die Popularität von "Timm Thaler" heran.
Fürs Kino schrieb und drehte Rothemund, erneut unter dem Pseudonym Siggi Götz, den wenig erfolgreichen Schulklamauk "Plem, plem - Die Schule brennt" (1983) mit Thomas Ohrner und die sehr erfolgreichen Komödien "Piratensender Powerplay" (1982) und "Die Einsteiger" (1985) mit Thomas Gottschalk und Mike Krüger; bei letzterem zeichneten die beiden Hauptdarsteller selbst für das Drehbuch verantwortlich. Bei "Big Mäc" (1985), einem Star-Vehikel für Thomas Gottschalk, verzichtete Rothemund bemerkenswerterweise auf sein Pseudonym; der Film war kein großer Erfolg.
Ab Mitte der Achtzigerjahre arbeitete Sigi Rothemund praktisch nur noch fürs Fernsehen. Mit dem Sechsteiler "Jenseits der Morgenröte" (1985) drehte er ein aufwändiges Historienepos mit Thomas Ohrner und dem Briten Julian Glover in den Hauptrollen. Mit Klaus Löwitsch drehte er einige Episoden der Serien "Hafendetektiv" (1987-91) und "Peter Strohm" (1989-92). Es folgten Serienarbeiten unter anderem für "Die Männer vom K3" (1992), "Praxis Bülowbogen" (1994), "Alles außer Mord" (1994-95) und "Der Clown" (1998-2001).
Außerdem führte Rothemund bei zahlreichen Fernsehspielen Regie, so zum Beispiel bei dem Krimi "Ausweglos" (1995) mit August Zirner und Suzanne von Borsody, dem Thriller "Das Finale" (1998) mit Christoph Waltz als Schurke, und bei der Vater-Tochter-Komödie "Ein Vater zum Verlieben"(2001) mit Dieter Pfaff. Viele seiner Filme erhielten wohlwollende bis positive Kritiken.
Ab 2002 inszenierte Rothemund sämtliche Folgen der erfolgreichen Krimireihe "Donna Leon", in der (ab der fünften Folge) Uwe Kockisch als Commissario Brunetti in Venedig ermittelte. Darüber hinaus realisierte Rothemund Episoden für "Alarm für Cobra 11" (2003-05), "Commissario Laurenti" (2006) und weitere Serien, aber auch Fernsehspiele wie den prominent besetzten Weihnachts-Episodenfilm "Wenn wir uns begegnen" (2008), die Romanze "Sterne über dem Eis" (2009) und die Komödie "Mein verrücktes Jahr in Bangkok" (2011) mit Christine Neubauer.
Ab 2012 konzentrierte Rothemund sich auf TV-Reihen, darunter Episoden für "Das Traumhotel" (2014) mit Christian Kohlund, "Engel der Gerechtigkeit" (2012-15), "Kreuzfahrt ins Glück" (2016) und natürlich weiterhin die Krimireihe "Donna Leon", für die er bis 2019 ganze 24 Episoden inszenierte. Insgesamt umfasst seine Filmografie, jede Serienfolge mitgezählt, weit über 100 Titel; bei 25 seiner Arbeiten zeichnete er auch für das Drehbuch verantwortlich.
Vor allem Rothemunds frühe Filme wurden häufig belächelt, seine späteren Arbeiten sind, bis auf wenige Ausnahmen, als anspruchslose Dutzendware verpönt – trotzdem, oder gerade deshalb, hat sich eine cinephile Kult-Anhängerschaft um sein Werk gebildet: Seit 2001 gibt der Münchner Autor und Filmvorführer Ulrich Mannes das Fanzine SigiGötz-Entertainment heraus, dessen Autor*innen sich neben dem Werk des Namensgebers vor allem mit filmgeschichtlichen Kuriositäten (in allererster Linie aus Deutschland) befassen. Ob Rothemund die Publikation kannte und wie er sie einschätzte, ist nicht bekannt. Zu seinem Frühwerk blieb er jedoch zeitlebens auf Distanz.
Am 13. Januar 2024 starb Sigi Rothemund nach schwerer Krankheit in seiner Wahlheimat, auf der spanischen Insel Menorca.