Am gestrigen Mittwoch, den 30. August 2023, ging das 17. Fünf Seen Filmfestival zu Ende. Rund 18.000 Zuschauerinnen und Zuschauer besuchten die Kino- und Open Air-Vorstellungen in Starnberg, Gauting, Seefeld und Weßling. Da das Festival diesmal drei Tage kürzer war als im vergangenen Jahr, übertrifft das Ergebnis die hervorragenden Zahlen von 2022.
Festivalleiter Matthias Helwig: "Ich bin höchst zufrieden. Wir hatten noch nie so viele Zuschauer pro Tag. Dabei hatten wir dieses Jahr mit immensen Schwierigkeiten zu kämpfen: Wegen der Sperrung der S-Bahn zwischen Pasing, Gauting und Starnberg war es nur unter extremen Schwierigkeiten möglich, das Festival mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Und das Open Air Kino war fast komplett verregnet. Vor diesem Hintergrund ist der Zuspruch der Zuschauerinnen und Zuschauern überragend. Wir konnten ihnen so viele hochkarätige Gäste bieten wie nie zuvor. Die Werkstatt- und Filmgespräche mit Maria Schrader, Paula Beer, Margarethe von Trotta, Ulrich Seidl, Frank Griebe, Charly Hübner, Dominik Graf und vielen weiteren Filmschaffenden waren auf beeindruckendem Niveau, das gleiche gilt für das "Filmgespräch am See" mit Julia von Heinz und Maria Schrader sowie für das Panel "Film und Politik: Der Iran im Fokus" mit den Regisseuren Arman T. Riahi, Behrooz Karamizade und Sina Ataeian Dena. Ich habe unzählige begeisterte Rückmeldungen von Besucherinnen und Besuchern erhalten. Ich hoffe auf die Unterstützung von Stadt und Landkreis, von unseren Sponsoren und Förderern, damit wir auch in Zukunft den Filmfans im Fünf-Seen-Land und der Umgebung weiter ein Festival dieser Qualität bieten können. Diese herausragende Edition war ein Kraftakt, und die Bedingungen werden künftig nicht einfacher."
Am gestrigen Mittwochabend wurden bei der Abschlussfeier in der Schlossberghalle Starnberg die Preise des 17. Fünf Seen Filmfestivals verliehen:
Fünf Seen Filmpreis
Im internationalen Wettbewerb um den Fünf Seen Filmpreis wurde der belgisch-französische Film "Dalva" von Regisseurin und Drehbuchautorin Emmanuelle Nicot ausgezeichnet. Der Film handelt von einem Mädchen, das mit seinem missbräuchlichen Vater jahrelang wie eine Ehefrau lebte. Nachdem die Behörden einschreiten, muss Dalva in einem Heim wieder lernen, Kind zu sein.
Aus der Jurybegründung: "Das mutige wie intensive Spielfilmdebüt der belgisch-französischen Regisseurin Emmanuelle Nicot überzeugt durch eine sensible und psychologisch genaue Inszenierung. Nicot, die auch das Drehbuch geschrieben hat, erzählt das ungeheure Thema Inzest und sexueller Missbrauch durch den eigenen Vater aus der Opfersicht der zwölfjährigen Dalva, was der Geschichte eine ungewöhnliche Intensität und Vielschichtigkeit gibt. Alle Rollen sind authentisch und zutiefst menschlich gezeichnet, die Schauspieler und jugendlichen Darsteller hervorragend, besonders Zelda Samson als Dalva. Die Erstlingsregisseurin entwickelt mit Hilfe einer sensiblen Handkamera ihrer Kamerafrau Caroline Guimbal einen Sog, dem man sich nur schwer entziehen kann."
Eine lobende Erwähnung sprach die Jury für den belgischen Film "Here" von Regisseur und Drehbuchautor Bas Devos aus.
Die Jury bildeten Arman T. Riahi (Regisseur), Ulrike Willenbacher (Schauspielerin), Katharina Woll (Regisseurin), Dieter Horres (Filmproduzent) und Sylvia Griss (Redakteurin BR/arte).
Perspektive Spielfilm
Gewinnerfilm der Reihe Perspektive Spielfilm ist "Elaha" von Regisseurin und Co-Drehbuchautorin Milena Aboyan. Die titelgebende Protagonistin ist, anders als es ihr Umfeld für sie vorsieht, kurz vor ihrer Hochzeit keine Jungfrau mehr, was sie zu Lügen und verzweifelten Taten zwingt.
Aus der Jurybegründung: "Als Zuschauer*innen erleben wir hautnah mit, wie ein intimes Thema, dem wir heute meist mit großer Souveränität und Selbstverständlichkeit begegnen, für Elaha zur persönlichen Zerreißprobe wird. Wir bemerken, wie Elaha für jede Person in ihrem Leben die richtige Maske bereithalten und die richtigen Worte finden muss; wie anstrengend und zermürbend das sein muss. Wir spüren den Druck, unter dem sie steht. Und durch das gedrängte 4:3-Format nehmen wir die Enge ihrer Welt wahr; die Enge ihres Frauseins, das von äußeren Einflüssen immer eindeutig definiert und sanktioniert wird."
In der Reihe Perspektive Spielfilm laufen herausragende Filme aus Mitteleuropa, die jeweils die erste oder zweite Spielfilmproduktion der Regisseur*innen sind. In der Jury saßen Veronika Hafner (Regisseurin), Narges Kalhor (Regisseurin, Videokünstlerin und Editorin) und Philipp Sturm (Kurator und Mitarbeiter des Alamode Filmverleihs).
Horizonte Filmpreis
Die deutsch-iranische Produktion "Leere Netze" von Behrooz Karamizade wurde mit dem Horizonte Filmpreis ausgezeichnet. Der Preis würdigt einen Film, der sich in besonderem Maße um Frieden, Freiheit, Gerechtigkeit, Gleichstellung der Geschlechter und stimmiges Zusammenleben zwischen Mensch und Natur verdient macht. In der Reihe liefen acht Filme, der Gewinnerfilm wurde vom Publikum gewählt. "Leere Netze" handelt von den kriminellen Machenschaften illegaler Kaviar-Fischer. Der Protagonist verstrickt sich darin, weil der Brautpreis für seine Geliebte so hoch ist.
Kino & Klima Award
Mit dem vom Publikum gewählten "Kino & Klima Award" wurde der Dokumentarfilm "Ernte teilen" von Philipp Petruch ausgezeichnet. In dem Film werden Formen der solidarischen Landwirtschaft gezeigt und erklärt. Der Preis wurde vom Publikum gewählt und von Anne und Alex Eichberger gestiftet. Die beiden unterstützen mit ihrer unabhängigen Initiative unserklima.jetzt die Reihe "Kino & Klima", die zum dritten Mal stattfand.
SZ-Publikumspreis in der Reihe "Best of Festivals"
In der Reihe laufen außergewöhnliche Filme aus Mitteleuropa, die bei Festivals in aller Welt herausgestochen sind. Der von der Süddeutschen Zeitung verliehene Publikumspreis geht an den Film "The Quiet Girl" von Colm Bairéad. Der Film erzählt von dem verschlossenen Mädchen Cait, das von seinen Eltern über den Sommer zu Verwandten gebracht wird, die es nicht kennt. Doch die häusliche Harmonie ist auch hier fragil.
Diese Preise wurden bereits verkündet:
Dokumentarfilmpreis: "Drei Frauen" von Maksym Melnyk (lobende Erwähnungen: "A Life Like Any Other" von Faustine Cros, "We Will Not Fade Away" von Alisa Kovalenko)
Short Plus Award: "Auf Sand gebaut" von Florian Paul
Kurzfilmpreis: "Zaschka - Heute ist es schön" von Anne M. Hilliges
Quelle: fsff.de