Arnold Fanck
Arnold Fanck, geboren am 6. März 1889 in Frankenthal (Rheinpfalz), Sohn des Zuckerfabrikanten Friedrich Fanck und seiner aus einer französischen Hugenottenfamilie stammenden Frau Ida Paraquin. Der als Kind an Asthma leidende Fanck erhält zunächst Privatunterricht, besucht, an Tuberkulose erkrankt, 1899-1903 das Internat Fridericianum in Davos. 1906 erlangt er die Mittlere Reife in Frankenthal. Im gleichen Jahr stirbt der Vater, die Familie zieht nach Freiburg (Breisgau). Fanck lernt Skilaufen, beginnt zu fotografieren, unternimmt Klettertouren im Schwarzwald und in den Alpen, reist 1909 nach dem Abitur am Berthold-Gymnasium durch Norwegen. Er immatrikuliert sich für jeweils ein Semester an den Universitäten München und Berlin, besucht Vorlesungen in Philosophie, ist beeindruckt vor allem von Schopenhauer und Nietzsche.
Ab 1910 studiert er in Zürich zwei Semester Chemie, dann Geologie, und unternimmt alpine Ski-Hochtouren. 1913 beteiligt er sich an Filmaufnahmen einer Ersteigung des Monte Rosa, an der auch der Kameramann Sepp Allgeier teilnimmt, mit dem er später kontinuierlich zusammenarbeiten wird. 1914 meldet sich Fanck als Kriegsfreiwilliger, wird im Winter 1914/15 seines Asthmas wegen ausgemustert. Nach erneutem Aufenthalt in Davos promoviert er 1915 in Zürich, dient ein Jahr in Freiburg als Sanitäter, dann in einer Fälschungsabteilung des deutschen Nachrichtendienstes im Großen Generalstab in Berlin. Dort mit fotografischen Arbeiten beschäftigt, entwickelt er verschiedene Aufnahmeapparaturen und -techniken. Eine von ihm erfundene Fälschungsmethode für Stempel dokumentiert er in einem Film aneinandergereihter Einzelbilder.
Nach Kriegsende arbeitet Fanck als Teppichhändler, finanziert so seine erste Filmkamera, deren Bedienung er von Allgeier erlernt. Im Frühjahr 1920 gründet er mit dem freiburger Physiker und Skifahrer Dr. Deodatus Tauern die Berg- und Sportfilm GmbH Freiburg, an der sich der Arzt Dr. Bernhard Villinger später beteiligt. Neben Fancks eigenen Filmen produziert die Gesellschaft bis zu ihrem Verkauf an die Ufa Dokumentar-, Märchen- und Animationsfilme.
Fanck dreht, bei Aufnahme und Schnitt auf ein Höchstmaß an Improvisation bedacht, Filme über Skilauf ("Das Wunder des Schneeschuhs"), Eiswanderungen ("Im Kampf mit dem Berge") und Klettertouren ("Der Berg des Schicksals"). "Während fast alle Filmmanuskripte zunächst auf der Erfindung einer literarischen story beruhten, die dann nachträglich durch Filmbild illustriert wurde, ging ich stets den umgekehrten Weg. Das heißt zuerst bildliche Vorstellungen, die sich dann allmählich zu einer geschlossenen Handlung zusammenschlossen." (Fanck, 1973).
Seit 1923/24 verwendet er auch Atelieraufnahmen. Er setzt in "Der Berg des Schicksals" erstmals professionelle Schauspieler ein; in ihm debütiert Luis Trenker, in "Der heilige Berg" (1925/26) spielt Leni Riefenstahl ihre erste Filmrolle. In Fancks "Schule" lernen die Kameramänner Richard Angst, Hans Schneeberger, Walter Riml, Albert Benitz, Kurt Neubert. Den Schnitt seiner Filme übernimmt er stets selbst. "Wie er drehte, das verlangte eine andere als die übliche Methode des Schneidens: die von ihm so genannte "freie Montage", die Komposition aus im Hinblick auf den Schnitt relativ zufällig entstandenen Einstellungen." (Weigel, 1976).
Nach 1926 realisiert er, jetzt stärker dramaturgischen Zwängen unterworfen, zunächst für die Ufa, dann in Verbindung mit dem Produzenten Henry R. Sokal, die Skilaufhumoresken "Der große Sprung" (1927) und "Der weiße Rausch" (1930/31), mit G. W. Pabst, der die Spielszenen inszeniert, das Bergabenteuer "Die weiße Hölle vom Piz Palü" (1929). Dass ein versierter Studio-Regisseur seine Arbeit sinnvoll ergänzt, wird nach seinem ersten Tonfilm, "Stürme über dem Montblanc" (1930), in inszenatorischen Mängeln offenbar, während die Außenaufnahmen weiterhin die visuellen Qualitäten wahren: "Fancks Rolle als erster Pleinair-Maler, als erster Luminist des deutschen Films war unbestritten. Fanck war ein Pionier (und auch ein Fetischist) des Freiluftfilmens. Er hat dem in der Enge tappenden (Stumm-)Film Weiten geöffnet, die jahrelang außer ihm keiner zu erfüllen vermochte." (Knapp, 1976).
1932 reist er auf Einladung Carl Laemmles nach Hollywood. Unter Fancks Leitung steht die sich anschließende "Universal-Dr. Fanck Grönlandexpedition" für die Dreharbeiten zu "SOS Eisberg"; als die Universal versucht, den Schluß des Films ohne sein Einverständnis zu ändern, kündigt er seine Option auf drei weitere amerikanische Produktionen.
Nach dem historischen Montblanc-Film "Der ewige Traum" (1934) lassen sich Fancks weitere Projekte, Filme über ein Lawinenunglück und eine Schiffskatastrophe, weder in Deutschland noch England realisieren. Den Eintritt in die NSDAP lehnt er ab. 1936 dreht er, begleitet von den Kameramännern Angst und Riml, auf Einladung des japanischen Kultusministeriums in Japan. Es entstehen Dokumentarfilme und Fancks "Kultur-Spielfilm" "Die Tochter des Samurai", in dem er den Konflikt eines jungen Japaners zwischen Tradition und Moderne gestaltet. Der Plan, in Mandschukuo, dem japanisch besetzten Süd-Mandschurien, einen "Dschingis Khan"-Film zu realisieren, scheitert. 1938/39 dreht er in Chile, auf Feuerland, "Ein Robinson", der die Mär von der Rückkehr eines 1918 ausgewanderten Matrosen ins remilitarisierte Nazi-Reich entwirft.
Während des Krieges arbeitet Fanck bei der Berliner Generalbauinspektion, damit beauftragt, Neubaumodelle zu filmen; er dreht z.T. unvollendete Dokumentationen "über die Werke des Bildhauers Breker und Thorak, einen Film über Sperrholz, über Marmorverarbeitung etc., (...) über die Reichskanzlei innen und außen und schließlich den ganzen Atlantik-Wall". (Fanck, 1973).
1945 flieht er, zum Volkssturm verpflichtet, aus Berlin; er lebt, zeitweise als Waldarbeiter, in Freiburg. Seine 1946 mit französischer Lizenz neugegründete Berg- und Sportfilm GmbH nimmt die Produktion nicht wieder auf, seine Filmpläne finden keine Interessenten.
Fanck ist in erster Ehe, geschlossen nach dem Ersten Weltkrieg, verheiratet mit einer aus Polen stammenden ehemaligen Kommilitonin, in zweiter Ehe mit der Aafa-Film-Sekretärin Lisa Kind. 1972 heiratet er die Freiburger Logopädin Ute Dietrich. Sein Sohn Arnold Ernst (geb. 1919) arbeitet als Kamera-Assistent bei "Ein Robinson" mit, sein Sohn Hans (geb. 1935), tritt in "Hänschen klein" und "Ein Robinson" auf.
Arnold Fanck stirbt am 28. September 1974 in Freiburg.
CineGraph Lexikon zum deutschsprachigen Film
© 1984ff edition text+kritik im Richard Boorberg Verlag, München
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