Karl Valentin
Karl Valentin (eigentlich Valentin Ludwig Fey) wird am 4. Juni 1882 als Sohn des Tapeziermeisters Johann Valentin Fey und seiner Frau Johanna Marie, geb. Schatte in der Münchner Vorstadt Au geboren. Nach dem Besuch der Volksschule und einer Schreinerlehre tritt er von 1897 bis 1908 mit mäßigem Erfolg als "Vereinshumorist” in und um München auf. 1902 besucht er für drei Monate eine Münchner Varieté-Schule. Nach dem Tod des Vaters im gleichen Jahr muß er, zusammen mit der Mutter, das Möbeltransportgeschäft "Falk & Fey” weiterführen. Als die väterliche Firma 1906 nach vier Jahren verkauft werden muß, baut Valentin aus "fast zwanzig Musikinstrumenten aller Art” ein Orchestrion, mit dem er 1907 für einige Monate – vollkommen erfolglos – umherreist.
1908 trägt er erstmals öffentlich einen selbstverfaßten Monolog ("Das Aquarium”) vor. Der Erfolg dieses Auftritts bringt ihm ein Engagement an der berühmten Münchner Volkssängerbühne im "Frankfurter Hof" ein. 1911 lernt er, inzwischen zu einer bekannten Lokalgröße geworden, die Soubrette Elisabeth Wellano (12.12.1892 – 20.7.1960) kennen; er überredet sie, als seine Partnerin ins komische Fach zu wechseln und erfindet für sie das Pseudonym Liesl Karlstadt. Zusammen gastieren sie in Münchner Kabaretts, in den Münchner Kammerspielen und im Deutschen Theater; sie unternehmen Gastspielreisen nach Wien, Zürich und Berlin (1923, 1928-30, 1938). 1931 betreibt Valentin in München ein eigenes Theater, kommt aber mit den Behörden nicht zurecht und schließt es nach wenigen Monaten wieder. 1934 eröffnet er sein "Panoptikum”, eine Art Kuriositäten-Sammlung; auch dieses Projekt muß, nach zwei Anläufen, nach wenigen Monaten wegen mangelnder Publikumsresonanz wieder geschlossen werden. Unter anderem wegen des "Panoptikums” kommt es 1935 zum Bruch mit Liesl Karlstadt, die das Unternehmen mit erheblichen Geldmitteln unterstützt hatte. Valentin versucht ab 1939, sie durch die Soubrette Annemarie Fischer zu ersetzen.
Am Film hat Valentin sich 1912/13 erstmals versucht. Er mietet ein ehemaliges Käselager, um dort, als sein eigener Produzent, Filme zu drehen; wegen technischer Schwierigkeiten muß er diesen Plan nach kurzer Zeit aufgeben. In den folgenden Jahren entstehen Verfilmungen vieler seiner Szenen, mit ihm und Liesl Karlstadt als Darstellern. Daneben spielen sie Haupt- und Nebenrollen in Filmen anderer Autoren, darunter auch in dem "surrealistischen" Film-Experiment "Mysterien eines Frisiersalons" (1923) von Bertolt Brecht und Erich Engel und in "Die verkaufte Braut" (1932) von Max Ophüls.
In der NS-Zeit wird Valentins Filmarbeit von Zensurmaßnahmen getroffen, die einem Berufsverbot nahekommen. Die Filme "Der Firmling" und "Der Geizhals" (1934) und "Straßenmusik" (1936) werden mit Jugendverbot belegt; "Die Erbschaft" (1936) wegen "Elendstendenzen” mit Totalverbot, ebenso der Film "München" 1938, in dem Valentin einen kurzen Auftritt hat (Begründung: Hitlers Leistung als Bauherr Münchens sei unberücksichtigt geblieben). Filme, die zu dieser Zeit in Arbeit sind, werden auf Eis gelegt und erst mit zweijähriger Verspätung der Zensur vorgelegt: "Ewig Dein"; "Der Antennendraht"; "Der Bittsteller". 1941 dreht Valentin nach seiner Bühnenszene "In der Apotheke" einen letzten Film. Insgesamt hat Karl Valentin an 29 Filmen mitgewirkt, dazu an 12 Filmen, die Fragment geblieben sind.
Valentin selbst hat der Filmarbeit innerhalb seines Werks große Bedeutung beigemessen. Daß er mit den Möglichkeiten, die ihm die Filmindustrie bot, nicht zufrieden war, zeigt ein Couplet, in dem es heißt: "Vor Geiselgasteig – steht der Valentin, / er steht vor den Toren – selten war er drin. / Er hätte so gute Filmideen – doch wolln die Herren ihn nicht verstehn, / trotzdem er arisch ist – trotzdem er arisch ist".
In den Jahren 1942-47 zieht sich Valentin auch von der Bühne zurück und tritt nicht mehr auf. Nach dem Krieg versucht er einen Neubeginn. Es gelingt ihm aber nur noch selten, seine Arbeiten beim Rundfunk oder in Zeitschriften unterzubringen. Am 9. Februar 1948 stirbt er, weitgehend vergessen und verarmt, in Planegg bei München.
CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film
© 1984ff edition text+kritik im Richard Boorberg Verlag, München.
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