Marie Nejar

Weitere Namen
Leila Negra (Pseudonym)
Darstellerin, Musik
Mülheim an der Ruhr

Biografie

Marie Nejar wurde am 20. März 1930 in Mülheim an der Ruhr geboren. Wie sie später in Interviews erzählte, entstammt sie einer Affäre ihrer Mutter Cécile mit einem aus Ghana stammenden Schiffssteward, der sich für wenige Tage in Hamburg aufhielt. Die Mutter verheimlichte die Schwangerschaft und gab das Baby nach der Geburt in ein Waisenhaus.

Als die Großmutter zwei Jahre später durch Zufall von der Existenz des Kindes erfuhr, nahm sie es bei sich auf – sie selbst war einst wegen ihrer Beziehung zu einem Kreolen aus Martinique (Cécile Nejars Vater) von ihrer großbürgerlichen Familie verstoßen worden. So wuchs Marie Nejar bei der Großmutter in Hamburg St. Pauli auf, einer sehr strengen, aber fürsorglichen Frau, wie sie später berichtete. 

Ihren Vater sah Nejar nur wenige Male (1939 zum letzten Mal), ihre Mutter, die als erfolgreiche Musikerin arbeitete, nur selten. Eine engere Beziehung entwickelte sich laut Nejar nie, im Gegenteil: Die Mutter habe sie abgelehnt und als "hässlich" bezeichnet. 1940 starb Cécile Nejar an den Folgen einer illegalen Abtreibung (im NS-Regime standen Schwangerschaftsabbrüche rigoros unter Strafe).

Als Kind während der NS-Zeit war Marie Nejar wegen ihrer dunklen Hautfarbe Anfeindungen ausgesetzt. Nach eigenen Angaben überlebte sie die ersten Jahre des Nationalsozialismus mit Hilfe ihrer Großmutter (die Hitlers Ideologie ablehnte) und sympathisierender Menschen in ihrer Gemeinde. Ihr Schauspieldebüt gab sie 1934 mit einer kleinen Rolle in der Paul-Lincke-Operette "Grigri", nachdem ein Theateragent sie mit ihrer Großmutter auf der Straße gesehen und angesprochen hatte.

Nejars Filmkarriere begann einige Jahre später, als der NS-Propagandaminister Joseph Goebbels für verschiedene Filmproduktionen der Ufa deutsche Kinder mit dunkler Hautfarbe suchte. Ihre erste Rolle hatte Marie Nejar 1942 in dem populären Abenteuerfilm "Münchhausen", in dem sie als kindliche Dienerin in einem Palast den Haremsdamen mit einem Palmwedel Luft zufächert. "Damals war ich ein Kind", so Nejar später. "Ich fand das toll, und außerdem hatte ich zwei Wochen schulfrei. Mit Unterschrift und auf Anweisung von Herrn Goebbels." Ihren zweiten und vorerst letzten Filmauftritt hatte sie als afrikanische "Eingeborene" in dem rassistisch geprägten Abenteuerfilm "Quax in Afrika" (1944), mit Heinz Rühmann als weißem Helden.

Rassistische Missachtung bekam Nejar trotz ihrer Filmauftritte zu spüren. So erhielt sie zwar – wie damals alle Mädchen – eine schriftliche Einladung in die NS-Jugendorganisation "Bund Deutscher Mädel", doch als sie dort vorstellig wurde, beschimpfte man sie und jagte sie davon. 1944, kurz vor Kriegsende, musste die Jugendliche Zwangsarbeit in einer Keksfabrik leisten. Ihren Optimismus verlor sie dennoch nicht: "Es hätte schlimmer kommen können", so Nejar rückblickend.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der Befreiung Deutschlands arbeitete sie für einige Jahre als Kellnerin sowie, nach dem Tod ihrer Großmutter, als Zigarettenmädchen in einem Sylter Lokal. Durch Zufall kam sie von dort aus wieder zum Showgeschäft: Als Nejar in dem Sylter Restaurant bei einem Mikrofontest aushelfen sollte und spontan ein Lied sang, wurde ein Wiener Musikproduzent auf sie aufmerksam. Unter dem Namen "Leila Negra" vermarktete er die inzwischen 20-Jährige als 15-jährigen Kinderstar, der das Publikum mit wehmütigen Liedern und kindlichem "Exotismus" begeisterte (ähnlich wie einige Jahre später Roberto Blanco).

Nejar ging mit Schlagerstars wie Peter Alexander, Lale Andersen und Peter Kraus auf Tournee und trat als Sängerin in fünf Filmen auf. Für den Film "Toxi" (1952), in dem es um die sogenannten "Besatzungskinder" ging, die Liebesbeziehungen Schwarzer US-Soldaten und deutscher Frauen entstammten, nahm sie das Titellied auf. Ihren letzten, kleinen Leinwandauftritt als Sängerin hatte sie 1954 in der Komödie "Die süßesten Früchte". Danach nahm sie noch mehrere Lieder auf.

1957 begann Marie Nejar eine Ausbildung zur Krankenschwester. Ende der 1950er-Jahre beendete sie ihre Musikkarriere und arbeitete bis zu ihrem Ruhestand in verschiedenen Krankenhäusern. Im Jahr 2007 erschienen unter dem Titel "Mach nicht so traurige Augen, weil du ein Negerlein bist: meine Jugend im Dritten Reich" ihre Memoiren. Marie Nejar lebt in Hamburg.

FILMOGRAFIE

1953/1954
  • Darsteller
  • Gesang
1953
  • Darsteller
1952
  • Darsteller
1952
  • Darsteller
1952
  • Darsteller
1943/1944
  • Darsteller
1942/1943
  • Darsteller