Fotogalerie
Alle Fotos (8)Biografie
Dieter Hildebrandt, geboren am 23. Mai 1927 in Bunzlau, Niederschlesien, wuchs auf einem Bauernhof auf und entdeckte bereits als Schüler seine Liebe zur Schauspielerei. Während des Zweiten Weltkriegs war er ab 1943 Flakhelfer und wurde kurz vor Kriegsende noch zur Wehrmacht eingezogen. Nach der Entlassung aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft absolvierte er das Abitur und studierte ab 1950 Literatur- und Theaterwissenschaften sowie Kunstgeschichte in München. Nachdem er sich ohne Erfolg an der Otto-Falckenberg-Schauspielschule beworben hatte, nahm er privaten Schauspielunterricht und legte 1953 am Münchner Residenztheater die Prüfung der Schauspieler-Genossenschaft ab. Erste Erfolge konnte er mit Auftritten am Studentenkabarett feiern.
1955 gründete er mit Kommilitonen das Kabarett "Die Namenlosen", dessen Aufführungen für so viel Aufsehen sorgten, dass 1956 sogar ein Programm der Truppe im Fernsehen übertragen wurde. Im gleichen Jahr lösten sich "Die Namenlosen" jedoch bereits wieder auf, und Hildebrandt gründete gemeinsam mit dem Sportreporter Sammy Drechsel die "Münchner Lach- und Schießgesellschaft", die in den folgenden 16 Jahren mit bissigem, politischen Humor zu einem der bekanntesten und einflussreichsten Kabaretts der Bundesrepublik avancierte. Zahlreiche Programm wurden in Hörfunk und Fernsehen ausgestrahlt. Parallel dazu begann Hildebrandt als Autor für Fernsehen und Kino zu arbeiten. So schrieb er unter anderem die Drehbücher zu der Heinz-Erhardt-Komödie "Mein Mann, das Wirtschaftswunder" (1961) und zu Axel von Ambessers "Eine hübscher als die andere" (1961); als Kinoschauspieler hatte er kleine Nebenrollen unter anderem in Kurt Hoffmanns "Lampenfieber" (1960) und Sammy Drechsels "Zwei Girls vom roten Stern" (1966).
Ende 1972 löste sich die "Münchner Lach- und Schießgesellschaft" auf, da die Mitglieder sich zusehends vom gesellschaftlichen Mainstream vereinnahmt sahen: Man wollte, so Hildebrandt, kein "Staatskabarett" sein; 1976 formierte sich das Ensemble zwar neu, jedoch fungierte Hildebrandt nur noch als Berater und Texter. Stattdessen fand er in dem Österreicher Werner Schneyder und in Gerhard Polt neue Partner, mit denen er in den folgenden Jahrzehnten immer wieder zusammenarbeitete.
1973 bekam er außerdem eine politische Satiresendung namens "Notizen aus der Provinz" beim ZDF, die sich zwar großer Popularität erfreute, aber auch immer wieder heftige Kritik von Seiten konservativer Politiker erntete. Zum Bruch kam es 1980, als ihm der damalige Programmdirektor Dieter Stolte während der Bundestagswahl eine "Denkpause" verordnete – Hildebrandt wechselte zur ARD, wo er in den kommenden 23 Jahren die einflussreiche Kabarettsendung "Scheibenwischer" moderierte. Auch hier sorgte er mit seinem äußerst scharfen und provozierenden Humor wiederholt für politische Kontroversen, aber auf Grund des Formats als Live ausgestrahltes TV-Kabarett wurde die Zensur von Seiten der Programmdirektion erschwert.
In den 1980er und frühen 1990er Jahren sah man Hildebrandt auch in mehreren satirischen Kinofilmen, so etwa als zynischen Versicherungsmanager in Gerhard Polts und Hanns Christian Müllers "Kehraus" (1983), als Friedrich Nowottny in der Politkomödie "Is' was Kanzler?" (1984), als neureichen Italienurlauber in Polts und Müllers "Man spricht deutsh" (1988) und als kauzigen Kfz-Meister in "Go Trabi Go" (1991). Eine seiner bekanntesten Rollen spielte er jedoch fürs Fernsehen: In Helmut Dietls Mini-Serie "Kir Royal" (1986) gab er an der Seite von Franz-Xaver Kroetz den gutmütigen Boulevardfotografen Herbie Fried – eine Rolle, in die er rund 15 Jahre später für Dietls Hauptstadt-Satire "Zettl" (2012) erneut schlüpfte.
Nach seinem Ausstieg als festes Mitglied der "Scheibenwischer"-Besetzung im Jahr 2003 trat Hildebrandt regelmäßig als Gast in Kabarettsendungen wie "Neues aus der Anstalt" auf und feierte mit zahlreichen Bühnenprogrammen und Lesungen Erfolge. 2006 veröffentlichte er seine Autobiografie "Ich musste immer lachen".
Zahlreiche Kabarettisten nachfolgender Generationen nennen Hildebrandt bis heute ihr großes Vorbild. Zu seinem 80. Geburtstag im Jahr 2007 bezeichnete ihn Reinhard Mohr in seiner Laudatio als "bedeutendsten und einflussreichsten politischen Kabarettist der Bundesrepublik", der auch "die Republik verändert" habe. Kulturstaatsminister Bernd Neumann würdigte Hildebrandts Stil, bei dem "hinter dem Humor und der Freude am kabarettistischen Spiel stets ein aufgeklärter Humanismus und ein großes Interesse am Menschen spürbar sind".
Zu den vielen Preisen und Auszeichnungen, die Dieter Hildebrandt zuteil wurden, gehören vier Grimme-Preise (1976, 1983, 1986 sowie 2004 für sein Lebenswerk), der Alternative Georg-Büchner-Preis 1990, der Deutscher Kleinkunstpreis 2008 für sein Lebenswerk und der Erich-Kästner-Preis 2013. Die letzte Ehrung für sein Werk und sein Wirken, den Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor im Februar 2014, erlebte er nicht mehr: In der Nacht zum 20. November 2013 starb Dieter Hildebrandt im Alter von 86 Jahren in München an den Folgen einer Krebserkrankung.