Inhalt
Eine ziemlich alltägliche Liebesgeschichte im geteilten Berlin vor dem Mauerbau. Uschi ist Verkäuferin im HO-Warenhaus am Alexanderplatz, lebt auch in Ostberlin bei den Eltern. Hans, ihr Freund, ist Autoschlosser in Westberlin und dessen Freund "Lord" jobbt nachts als Autowäscher von Luxuslimousine. "Lords" lustige, unbekümmerte Art gefällt ihr auch; schließlich entscheidet sie sich doch für den ruhigen und zuverlässigen Hans.
Als Uschi in der Textilabteilung des Warenhauses Kleider vorführen darf, reift in ihr die Idee, Mannequin zu werden, was ihren Eltern gar nicht zusagt. Kurzentschlossen zieht sie zu Hans nach Westberlin, der nun zusätzlich arbeitet, um ihr den Besuch der Mannequinschule zu finanzieren. Aus dem Traum gibt es bald ein trauriges Erwachen, als Hans arbeitslos wird. Uschi kehrt zu ihren Eltern zurück, darf aber auch Hans mit nach Hause nehmen.
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Albert Wilkening in seinem Beitrag „Er war ein Politiker, dessen Sprache der Film war“, erschienen in „Werkstatterfahrungen mit Gerhard Klein“ von Hannes Schmidt in Heft 2 der Betriebsakademie des VEB Defa Studio für Spielfilme, Potsdam 1984, über Klein und Wolfgang Kohlhaase: „Sie kamen beide aus (…) proletarischen Verhältnissen, waren stark beeinflusst von ihren Erlebnissen, sie waren voll von ihnen. Sie lebten nicht in einem Niemandsland, sondern gingen unter die Menschen, in die Kneipen und Kaschemmen, holten sich dort ihre Anregungen. Klein und Kohlhaase hatten beide keine Hochschule besucht, dadurch hatten sie beide etwas Originäres, Unverbildetes. Hier liegt die Wurzel für ihre große Kreativität.“
Die besagte „kleine“ ist eine ziemlich alltägliche Liebesgeschichte in der noch offenen Viermächtestadt Berlin. Uschi ist ein 16-jähriges Lehrmädchen zur Verkäuferin im HO-Warenhaus am Alexanderplatz, lebt zusammen mit ihrem kleinen Bruder Heini bei den Eltern im Osten. Hans, ihr nur wenig älterer, schüchterner Freund, ist Autoschlosser in Westberlin. Dessen Freund, von allen nur Lord genannt, ist das genaue Gegenteil. Er ist immer gut drauf und seine lustige, unbekümmerte Art kommt bei den Mädchen gut an.
Lord jobbt nachts als Autowäscher von Luxuslimousinen in der Hansagarage. Er ist ohne sein stets mitgeschlepptes Transistorradio kaum denkbar. Uschi lässt sich auf dem Rummelplatz gern von ihm einladen, zögert aber, als ihre Freundin Gisela abends noch in den Westteil fahren will, um sich den offenbar freizügigen Film „Lockende Sünde“ anzusehen. Später aber holt sie das nach – mit Lord und dem inzwischen eifersüchtigen Hans. Uschi zeigt sich beindruckt vom vielfältigen Warenangebot in den glitzernden Schaufenstern, von den flirrenden Lichtern der Leuchtreklamen jenseits des Brandenburger Tores. Die spekulative Krimi-Handlung des Films ist ihr freilich ebenso zuwider wie die aufreizende Zurschaustellung weiblicher Reize – und dann bekleckert sie Hans auch noch mit Eis. Uschi flieht aus dem Kino zurück in den Osten.
Als Lord nach Hamburg fährt, überlässt er Hans sein Kofferradio auf Abzahlung. Und der sieht seine Chance kommen, als Uschi zu einem Ausflug ins Grüne bereit ist. In Grünau und später am Müggelsee ist der Bär los, aber die beiden kommen sich doch näher. Schließlich entscheidet sie sich für den ruhigen und zuverlässigen Hans, auch aufgrund seiner Hartnäckigkeit. Der bekommt dafür Ärger mit seiner Mutter, die ihm nicht zu Unrecht Verschwendungssucht vorwirft: Nachdem er seine Stellung als Autoschlosser verloren hat, gestaltet sich die Arbeitssuche problematisch. Es werden ihm nur schlecht bezahlte Aushilfsjobs angeboten.
„Ein Traum aus Perlon und Seide“: Uschi darf in der Textilabteilung des Warenhauses Kleider vorführen und landet prompt auf der Titelseite der Berliner Illustrierten. Was ihr offenbar zu Kopf gestiegen ist, reift in ihr doch die Idee, Mannequin zu werden. Was nur im Westen möglich ist und 50 Mark im Monat kostet, weshalb ihre Eltern dagegen sind. Kurzentschlossen zieht Uschi zu Hans nach Westberlin, der nun neben seinem Knochenjob als Abbrucharbeiter zusätzlich nachts in einer Bar arbeitet, um ihr den Besuch der privaten Mannequinschule zu finanzieren. Aus dem Traum gibt es bald ein trauriges Erwachen, als Hans nach einem Unfall auf dem Bau erneut arbeitslos wird. Weil er den dafür verantwortlichen Bauunternehmer in der Bar als „Lump“ bezeichnet hat, verliert er auch noch seinen Nebenjob. Da ist es nur ein schwacher Trost, dass ein Baupolizist den Unternehmer wegen mangelnder Sicherheitsmaßnahmen verhaftet.
Uschi kehrt reumütig zu ihren Eltern in den Osten zurück, die großes Verständnis für ihre Situation aufbringen. „Man muss doch wissen, wo man hingehört“ stellt ihre Mutter lakonisch fest. Und fordert ihre Tochter auf, Hans mitzubringen. „Tja, nun sind die beiden ein richtiges Paar“ resümiert nach achtzig Minuten der Erzähler: „Sie gehen miteinander.“ Lord und seine mehr oder minder halbseidenen Kumpane wollen in die Gegenrichtung ‘rübermachen - über den Großen Teich nach Amerika…
„Zu einem wesentlichen Thema ein gewiss interessanter Unterhaltungsfilm“ schrieb damals die „Neue Zeit“: „Junge Liebe im gespaltenen Berlin, zusätzliche Erschwernisse zu einem ohnehin für junge Menschen nicht immer einfachen Problem. Aber keine Grenze ist so stark, sie lieben und sie küssen sich doch“, so das Zentralorgan der Blockpartei Christlich-Demokratische Union. Die Schwarzweiß-Bilder des Kameramannes Wolf Göthe sind heute vor allem eine zeitgeschichtliche Quelle ersten Ranges, so lief die „Romanze“ etwa am 13. Mai 2019 im Kino Toni in Berlin-Weißensee innerhalb der Reihe „Berlin im Film“ der Tageszeitung „Neues Deutschland“, Gäste des Kurators und Moderators Paul Werner Wagner waren Annekathrin Bürger und Wolfgang Kohlhaase.
„Eine Berliner Romanze“ stieß seinerzeit auf Schwierigkeiten. Anton Ackermann von der Hauptverwaltung Film am 1. April 1955: „Ich muss fragen, wie es möglich ist, dass dieser Stoff bis zum Szenarium entwickelt wurde. Welchen Eindruck und Einfluss würde dies auf unsere Jugend haben? Keinen erzieherisch positiven! Es wirkt als eine Aufforderung, nach Westberlin zu gehen. Die Jugend will Abenteuer erleben – und hier wird gezeigt, dass man in Westberlin 'große' Abenteuer erleben kann.“
Pitt Herrmann