Leben mit Hannah
filmportal.de TV-Tipp zu "Leben mit Hannah"
Mit drei Hauptrollen war Nina Hoss 2007 im Kino zu sehen, in drei Filmen, die allesamt ganz auf sie konzentriert sind: Christian Petzolds "Yella", für den sie mit dem Silbernen Bären der Berlinale und dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet wurde, Nicolette Krebitz' "Das Herz ist ein dunkler Wald" sowie "Leben mit Hannah", dem ersten langen Spielfilm von Erica von Moeller.
Nina Hoss' "Hannah" weist spannende Parallelen zu den beiden anderen Rollen auf. Auch hier spielt sie eine Frau, deren Leben, ja Identität radikal in Frage gestellt wird. Dass irgendetwas mit Hannah "nicht stimmt", wird schnell klar. Diese attraktive junge Frau isoliert sich von ihrer Umwelt. Aufwändige Schlösser und Riegel sichern die Tür zu ihrer Wohnung; bei ihrem Freund zu übernachten kommt für sie nicht in Frage; auf der Beziehung zu ihrer Tochter, die bei den Großeltern lebt, lastet ein undurchdringliches Schweigen. In diese Zurückgezogenheit brechen irgendwann mysteriöse Ereignisse ein. Ein unsichtbarer Verfolger scheint sich in Hannahs Leben zu drängen. Zunächst fühlt sie sich nur beobachtet, dann tauchen Fotos auf, die der Beobachter heimlich von ihr gemacht haben muss. Schließlich muss er sogar in ihre Wohnung eingebrochen sein. Doch genau wie ihrer Umgebung ist auch für den Zuschauer des Films zunächst unklar, ob ihre Erlebnisse real oder Ausdruck von Paranoia sind.
Kühl, doch höchst sensibel schildert Erica von Moeller den Zusammenbruch eines Lebenskonstrukts. Die kongenialen Bilder von Kamerafrau Sophie Maintigneux erzeugen dabei durch ihre Genauigkeit gleichzeitig Intimität und reflektierende Distanz. Je weiter die Geschichte fortschreitet und je näher Hannah dem Geheimnis kommt, desto mehr entfernt sich der Film vom anfänglichen Thrillerschema. So verwandelt er in ein vielschichtiges psychologisches Drama und schließlich in die Geschichte einer beschädigten Familie. Die Selbstverständlichkeit, mit der Nina Hoss dabei die Wandlungen Hannahs zwischen Unnahbarkeit, Angst, Neugier und Entschlossenheit, zwischen Verwirrung und Erkenntnis spielt, beweist abermals ihr Talent für Extreme. Doch auch alle weiteren Darsteller, darunter Matthias Brandt und Milan Peschel, tragen den ungewöhnlichen Film glaubwürdig bis zum überraschenden Ende – das ein erfrischend neues Licht auf den Anfang wirft.