7 Zwerge - Männer allein im Wald

Deutschland 2003/2004 Spielfilm

7 Zwerge – Männer allein im Wald


Michael Kohler, film-dienst, Nr. 23, 11.11.2004

Die künstlerische Langlebigkeit von Otto Waalkes scheint nicht zuletzt dem Erfolgsrezept der "Bravo" zu gehorchen: In einem bestimmten Alter verfällt man dem Außerfriesischen mit Haut und Haar und streift diesen seltsamen Zustand des pubertierenden Humors mit den Jahren wieder ab. Die heutigen Mittdreißiger etwa haben sich noch glucksend ein von Otto versautes Hamburg ausgemalt, doch auf seinem Weg ins Kino mochten sie ihm nach dem ernüchternden Erstling nicht mehr folgen. Böse Menschen hatten ohnehin immer behauptet, Waalkes" Erfolg als Bühnenkomiker verdanke sich zur einen Hälfte dem Erbe von Heinz Ehrhardt und zur anderen der heimlichen Eindeutschung Woody Allens. Zieht man beides von Ottos Klassenclown-Persona ab, bleibt als Ergebnis ein begnadeter Stimmakrobat und Präsentator schlüpfriger Wortspielereien, dem Hochachtung gebührt, weil er einst mit den Hanseaten die gesamte Republik versaute, der vom Kino aber besser die Finger gelassen hätte. Vor allem in seinen späteren Spielfilmen ist Otto ganz er selbst und weit und breit kein Woody Allen in Sicht.

Aber erzählen Sie das einmal der nachgewachsenen Generation. Die will mit eigenen Augen sehen, wie sich Otto zum Affen oder, wie in diesem Fall, zum Dümmsten der sieben Zwerge macht und das ehrwürdige Grimmsche Märchen von Schneewittchen gründlich durch den Kakao zieht. Tatsächlich wartet "7 Zwerge – Männer allein im Wald" mit genau der Sorte Späße auf, die das Kind im Manne nicht völlig ungerührt lassen und das Kind im Kinde bestens unterhalten. Der Zwergenbund ist eine Kommune aus vom Leben und vor allem von den Frauen enttäuschter Männer, deren Mitglieder sich ihre Zeit vertreiben, indem sie sich gegenseitig Bretter vor die Köpfe hauen und sorgsam darauf achten, vom schwachen Geschlecht verschont zu bleiben. Beim ersten Anblick von Schneewittchen werden sie ihrem Keuschheitsgelübde gleichwohl untreu, wie ein Blick auf ihre steil aufgerichteten Zipfelmützen verrät.

Walt Disney hatte in seiner Schneewittchen-Adaption das Unterhaltungspotenzial der Zwerge entdeckt und ihnen einige der besten Auftritte seines Films verschafft. An die rührende Komik der Zeichentrickfiguren kommen ihre Realfilmerben allerdings bei weiten nicht heran. Zwar ist die Zipfelmütze ein steter Quell anzüglicher Witze, doch damit allein ist noch keine Komödie zu machen. Zum Glück stehlen das Schneewittchen, ihr Prinz Wunderbar, die böse Königin und eine lange Reihe von Nebenfiguren den Zwergen erfolgreich die Schau. Der Marketing-Trick, beinahe die gesamte deutsche Komiker-Riege mit ihren Paraderollen an Bord der Produktion zu holen, entpuppt sich als gelungener Besetzungscoup: Atze Schröder gibt als Hofnarr Brünettenwitze zum Besten, Tom Gerhardt zieht als Haus- bzw. Kerkermeister vom Leder und Rüdiger Hoffmann quält als Geist im Zauberspiegel die eitle Königin. Diese Leinwand-Stippvisiten fügen sich bestens in die Flickenteppich- Dramaturgie eines Films ein, in dem die Märchenhandlung ein willkommener Anlass für Gags und parodistische Seitenblicke ist. Vieles davon ist kläglich, wie der von Disneys berühmtem "Heigh ho" inspirierte Singsang der Zwergenmänner, einiges aber auch ziemlich komisch, wie die Zipfelmützen-Hai-Attacke auf das Rotkäppchen oder Helge Schneiders herrlicher Auftritt als weißer Zauberer Gandalf ("Schmeiß doch einfach den Ring ins Feuer").

Irgendwie ist es auch tröstlich, dass auf Otto Waalkes und die Reiz- Reflex-Zone des infantilen Humors weiterhin Verlass ist. Lagen die Erwartungen zwischen Alt und Jung zu Beginn des Films noch an den entgegengesetzten Enden der Unterhaltungsskala, so trifft man sich am Ende in der Mitte. Manche Einfälle, stellt der Mittdreißiger erleichtert fest, sind durchaus neu, und insgesamt gilt dabei die Faustregel, dass der Film umso amüsanter ist, je weniger Zwerge im Bild zu sehen sind. Nina Hagen ist als aufgedonnerte Operettenkönigin sichtlich in ihrem Element, Hans Werner Olm ein rechtschaffener Speichellecker zu Hofe und Cosma Shiva Hagen als Schneewittchen eine schmolllippige Unschuld vom Schloss, wie sie zwar nicht im Märchenbuche, aber immerhin in der "Bravo" steht.

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