Dreyfus

Deutschland 1930 Spielfilm

Dreyfus


Kinematograph, Nr. 191, 18.8.1930


Interessanter Premierenabend vor einem besonders interessierten Publikum. Von der Leinwand spricht Dr. Bruno Weil, dem wir ein interessantes Buch über den Prozeß Dreyfus verdanken, einleitende Worte. Dann blättert vor uns ein Bilderbuch auf, das episodenartig die Geschichte eines Justizirrtums in Momentbildern schildert.


Vielleicht wird dadurch im Ganzen kein absolut durchgehendes Drama geschaffen. Aber es wird als Ersatz dafür, erreicht, daß man diese spannende Geschichte, wie sie ein Dichter nicht besser erfinden kann, in den Totalen sieht.


Die Momente der dramatischen Spannung sind weiter ausgesponnen. Es gibt ein paar Szenen, die mit zu dem Besten gehören, was schauspielerisch und regietechnisch in der letzten Zeit geboten wurde.


Vor allem die Gerichtsverhandlung gegen Zola mit den berühmten Reden des Angeklagten und der Verteidiger.


Hier ist" s vor allem Heinrich George, der den populären französischen Dichter spielt, der die Zuschauer in seinen Bann zieht. Diese Leistung in Spiel und Sprache gehört mit zu dem stärksten, was wir seit Jahren überhaupt im Film und auf der Bühne sahen.

Wer bei derartigen Leistungen noch behauptet, daß der Sprechfilm nicht vollendete Kunst bieten könne, spricht wider besseres Wissen oder versteht nicht. Darstellerleistungen zu würdigen.


Neben diesem Vollblutmenschen verblaßt selbst Kortners Hauptmann Dreyfus.


Er spielt ihn zu weltfremd. Zu wenig Offizier. Stützt sich vielleicht auf diese oder jene Schilderung, die den französischen Generalstäbler als passiven Menschen schildert. Aber so passiv dürfte er sicher nicht gewesen sein.

Man merkt, daß hier und da, mehr Temperament, filmisch gesehen, besser gewirkt hätte. Beweis: die Szene, wo er schließlich doch das Gnadengesuch unterschreibt. (...)

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