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Alle Fotos (8)Biografie
Shirin Neshat, geboren am 26. März 1957 in Ghazvin, Iran, aufgewachsen in einem wohlhabenden, westlich orientierten Elternhaus, besuchte ein katholisches Internat in Teheran und ging 1979 in die USA, um Kunst zu studieren. 1980 nahm sie am Domician College in San Francisco ihr Studium auf, gefolgt von einem Studium an der University of California in Berkeley, das sie mit einem Master of Arts in Darstellender Kunst und einem Master of Fine Arts im Bereich Freie Kunst abschloss. Anschließend zog sie nach New York, wo sie eine Familie gründete und für die von ihrem Mann gegründete Organisation "Storefront of Art and Architecture" arbeitete.
Nach elf Jahren in den USA kehrte Neshat 1990, ein Jahr nach Khomeinis Tod, in den Iran zurück. Dort realisierte sie - angeregt durch die dortigen Zustände - die Fotoserie "Women of Allah" – der Beginn ihres künstlerischen Schaffens. Nachdem sie einige Jahre als Fotokünstlerin gearbeitet hatte, wendete sie sich Mitte der 1990er Jahre der Film- und Videokunst zu. Die meisten ihrer Videoarbeiten entstanden zwischen 1997 und 2001. Hatte Neshat sich bislang vor allem mit der islamischen Kultur befasst, begann sie nun, westliche Wertvorstellungen zu hinterfragen. Im Jahre 1999 erhielt sie für ihre Videoinstallationen "Turbulent" und "Rapture" den Internationalen Preis der 48. Biennale von Venedig.
Im Jahr 2001 begann Shirin Neshats Zusammenarbeit mit Sussan Deyhim, einer Komponistin, Sängerin und Performancekünstlerin aus dem Bereich der experimentellen Musik. In dem gemeinsam realisierten Video "Logic of the Birds" verarbeitete Neshat auch ihre Gefühle und Ängste als in den USA lebende Iranerin nach den Attentaten vom 11. September 2001.
2009 gab Shirin Neshat ihr Debüt als Spielfilmregisseurin: "Women without men" wurde im Wettbewerb der 66. Filmfestspiele von Venedig uraufgeführt und mit dem Silbernen Löwen für die Beste Regie geehrt.
Trotz dieses Erfolgs konzentrierte Neshat sich in den nächsten Jahren wieder auf Fotokunst und Video-Installationen. Zentrale Themen blieben dabei die Lebenssituation und speziell die Rolle der Frau im Iran und im Mittleren Osten. 2014 hatte sie Ausstellungen in der Kunsthalle Budapest und im Arabischen Museum für moderne Kunst (Mathaf) in Katar. 2017 zeigte das Museo Correr in Venedig unter dem Titel "The Home of My Eyes" einige ihrer aktuellen Arbeiten; parallel dazu lief in der Kunsthalle Tübingen unter dem Titel "Frauen in der Gesellschaft" eine große Neshat-Retrospektive. Im selben Jahr wurde sie in Japan mit dem Kunst- und Kulturpreis Praemium Imperiale ausgezeichnet.
Ebenfalls 2017 stellte Neshat bei den Filmfestspielen von Venedig ihren zweiten Spielfilm vor: "Auf der Suche nach Oum Kulthum" handelt von einer iranischen Regisseurin, die einen Film über die berühmte ägyptische Sängerin Umm (alternativ: Oum) Kulthum drehen soll. Im Juni 2018 startete Neshats Film in den deutschen Kinos.
Evelyn Schels' 2018 entstandener Dokumentarfilm "Body of Truth" widmet sich neben Shirin Neshat auch Marina Abramović, Sigalit Landau und Katharina Sieverding, die sich alle in ihren künstlerischen Arbeiten mit dem weiblichen Körper auseinandersetzen, dabei aber ganz unterschiedliche Formen wählen und Schwerpunkte setzen. Nur wenig später wirkte Neshat in Hermann Vaskes Dokumentarfilm "Why Are We (Not) Creative?" mit. Darin interviewt Vaske Künstler*innen, Intellektuelle und Aktivist*innen, um der Frage auf den Grund zu gehen, was Kreativität hemmen oder gar ersticken kann.
2021 wurde Shirin Neshats Spielfilm "Land of Dreams" bei den Filmfestspielen in Venedig uraufgeführt. Der Film, in dem sich Neshat erstmals der amerikanischen Bevölkerung zuwendet, ist Teil eines Werks, das auch eine Serie von Porträtfotografien und eine Zweikanal-Videoinstallation umfasst. Videoinstallation und Film folgen Neshats Alter Ego Simin, wie sie Amerikaner in ihren Häusern fotografiert und sie bittet, ihren letzten Traum mit ihr zu teilen - wie sich herausstellt im Auftrag einer Regierungsbehörde, die Träume deutet, um die Bevölkerung besser verstehen und kontrollieren zu können. In bewusster Anspielung auf die langjährige politische Feindschaft zwischen dem Iran und den USA lässt Neshat Simin in der Videoinstallation für eine iranische Behörde und im Film für die Amerikaner arbeiten.