Katrin, Mitte 30 und angestellt in einem Architekturbüro, verbringt ihren Urlaub auf Korsika mit ihrem Chef Jürgen. Als dieser ihr eröffnet, zu seiner Frau zurückzukehren, weil diese im vierten Monat schwanger ist, wird die Trennung für Katrin zu einem Schock, dessen Nachhall die kommenden Tage komplett verändert.
Sie verliert in Schmerz und Wut jeglichen Halt von Außen und lernt auf ihrer Odyssee durch die Insel den straffälligen Jugendlichen Malte kennen, der in einem Camp auf Korsika – geleitet vom Sozialarbeiter Robert – resozialisiert werden soll. Ihre Schicksale verweben sich ineinander, und beide bilden in ihrer unterschiedlichen Form von Verlorenheit eine "amour fou". Dazu gehört als Dritter, wie ein gemeinsames Kind der beiden Flüchtenden, auch Maltes jüngerer Bruder Kai, der sich eine neue Familie wünscht. Mit beiden Jungen irrt Katrin durch die korsischen Berge, bis ein Punkt erreicht ist, an dem ihr Weg zurück Opfer kosten wird.
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Bis zum Rückflug nach Deutschland bleiben ihr noch ein paar Tage. Durch Zufall lernt sie den 17-jährigen Malte kennen, der in einem Camp für straffällig gewordene deutsche Jugendliche lebt. Seine bedingungslose Zuneigung gibt Katrin neue Kraft. Sie flieht mit ihm und seinem elfjährigen Bruder Kai in die Berge der französischen Mittelmeerinsel, verfolgt von Robert, dem Leiter des Camps...
Mit der digitalen Mini-DV-Kamera nutzte Dominik Graf erstmals eine neue Technik, um eine, so der Regisseur im Concorde-Presseheft, „symbiotische Bildervision“ entstehen zu lassen: „Wir wollten die Möglichkeiten, die Freiheit, die einem diese kleine Kamera bietet, ausnutzen und dabei versuchen, die optimalsten Bilder herauszuholen.“ Mit dieser einfachen digitalen Kamera gedreht erzählt „Der Felsen“ in wilden, spontanen Bildern die Geschichte einer Frau zwischen Leiden und Leidenschaft.
Und die Geschichte zweier Menschen, die sich zu Hause, in gewohnter Umgebung, nie getroffen hätten: Die etablierte, ehrgeizige, attraktive technische Zeichnerin und der Loser mit der hoffnungslos verbauten Biographie eines jugendlichen Straftäters, der den eigenen Vater auf dem Gewissen hat. Graf zeigt das Chaos dieser Begegnung, die Zufälle, Flüchtigkeiten und Möglichkeiten, die stets ach einen ganz anderen Handlungsverlauf möglich erscheinen lassen. Der Regisseur: „Die Welt ist so komplex geworden, dass unsere Geschichten noch viel verwickelter sein könnten.“
Auf der anderen Seite gelingt es Dominik Graf nicht, die Biographien der Protagonisten glaubhaft zu machen. Sie werden von schon sehr merkwürdigen Erzählerinnen aus dem Off beigesteuert. Bleiben die Gefühle der Figuren, die jedoch nicht in den Situationen des Films entwickelt, sondern geradezu beschworen werden – und das allzu wortreich.
Was das bemerkenswerte Debut des 16-jährigen Berliner Schülers Sebastian Urzendowsky in der Rolle des elfjährigen Kai nicht schmälert. Dieser sucht verzweifelt unter den deutschen Korsika-Touristen nach Adoptiveltern. Und weil Kais Bruder Malte den vielversprechendsten Anlauf vermasselt, heftet er sich an Katrins Fersen. Die besorgt sogar einen Freizeitskipper samt Boot zur Überfahrt aufs Festland – und lässt dennoch die Möglichkeit der Flucht verstreichen. Es gibt in diesem Film halt keine Lösungen, und einfache schon gar nicht.
Aber es gibt mit Karoline Eichhorn eine faszinierende Schauspielerin: Ein blonder Engel, der seinen Schmerz lebt und immer wieder wegsteckt und der diesem Schmerz doch immer wieder durch kleine Gesten Ausdruck verleiht. Ob in dem One-Night-Stand mit zwei Fremdenlegionären als trotzige Reaktion auf Jürgens Outing, ob in dem ungläubigen Staunen über Maltes unbedingte Zuneigung, ob in den mütterlichen Gefühlen für den kleinen Kai: Karoline Eichhorn trägt diesen Film, eine beinahe feenhafte Märchenfigur zwischen äußerer Kälte und innerer Verletzlichkeit, zwischen emotionaler Leere und fieberhafter Sehnsucht, zwischen müder Verzweiflung wacher Neugier.
Völlig zu Recht wurde sie als „beste Darstellerin“ mit dem Bayerischen Filmpreis sowie beim Festival Internacional de Cine Independiente im spanischen Ourense ausgezeichnet. Die „Lola“ des Deutschen Filmpreises wie den Preis der Deutschen Filmkritik gabs für Hana Müllner („Bester Schnitt“), Letzteren auch für Dieter Schleip („Beste Filmmusik“) und für Produzentin Gloria Burkert den Bayerischen Filmpreis.
Pitt Herrmann