Das Kleid

DDR 1961/1991 Spielfilm

Inhalt

Verfilmung des Märchens "Des Kaisers neue Kleider": Hans und Kumpan, zwei mittellose Tuchwebergesellen, kommen in eine Stadt, in der nur zufriedene Menschen zu leben scheinen. Mit einem Trick überlisten sie die strenge Wache an der Stadtmauer und verschaffen sich so Einlass. Am folgenden Tag können sie mit Hilfe einer Magd sogar bis ins Schloss des tyrannischen Kaisers vordringen. Der verlangt von den beiden, dass sie ihm ein neues Gewand nähen, bei dessen Anblick jede Kreatur vor Ehrfurcht und Bewunderung erstarrt.

Gegen eine reiche Entlohnung versprechen die trickreichen Gesellen dem Herrscher, ihm ein Kleid zu fertigen, das so besonders ist, dass nur jene es sehen können, die nicht dumm sind und ihr Amt gut ausfüllen. Als sie ihm das Gewand, das in Wahrheit gar nicht existiert, präsentieren, kann der Kaiser natürlich nicht zugeben, dass er es nicht sieht. So legt er das angebliche Kleid an und präsentiert sich auf einer großen Parade vollkommen nackt – und macht sich so zum Gespött des ganzen Volkes.

Die Ausstattung dieser Filmseite wurde durch die DEFA-Stiftung gefördert.

 

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Heinz17herne
Heinz17herne
Hans und Kumpan sind arme Tuchmachergesellen auf der Walz, die ganz in Brechtscher Manier „Das Lied von den Neigungen der Menschen“ anstimmen: Sie wollen gut leben, was bedeutet nicht zu hungern, nicht zu frieren und ein Dach über dem Kopf zu haben. Daran mangelt es den beiden Freunden seit geraumer Zeit. So treibt sie der Hunger vor die Tore einer von dicken Mauern umgebenen Stadt, in der - wie sie gehört haben - Milch und Honig fließen sollen. Weshalb hier nur zufriedene Leute wohnen können. Weil sie am stark befestigten Tor abgewiesen werden, versuchen die beiden, die Mauer zu erklimmen. Was an der Wache scheitert, die ihnen immerhin zu essen gibt.

Erst durch einen Passierschein-Trick gelangen sie unter der Plane eines Fuhrwerks in die Stadt der, so die Wache, ruhigen und zuverlässigen Bewohner. Doch es ergeht ihnen wie dem Wasserverkäufer Wang in Bertolt Brechts Parabel „Der gute Mensch von Sezuan“: an allen Haustüren, an denen Hans und Kumpan anklopfen und um Essen und Quartier bitten, werden sie abgewimmelt und manchmal regelrecht verjagt. Sie finden Unterschlupf allein unter einem Marktstand auf ein wenig Stroh.

Am nächsten Morgen wecken Kirchenglocken die beiden aus dem Schlaf. Mit Hilfe der hübschen Magd Katrin, welcher sie die ihr zuvor gestohlene Geldbörse zurückgeben, gelingt es ihnen, im großen Einkaufskorb des Küchenministers ins Schloss vorzudringen. Wo ein von seinen Untertanen nur „der große Zuchtmeister“ genannte eitler Herrscher regiert, umgeben von einem katzbuckelnden Hofstaat und einer stets wachsamen Polizei.

„Ich bin der Mittelpunkt von Pfuschern“: Kaiser Max ist mit den Entwürfen seiner Bekleidungsministerin höchst unzufrieden, was auch der Innenminister zu spüren bekommt. Für Poesie hat der Dummkopf von Herrscher, der durchaus auch rabiat werden kann, weshalb er im Volksmund auch „der große Terrorist“ heißt, nichts übrig: „Sie machen Gedichte – sie müssen besoffen sein.“ Dafür umso mehr für gutes Essen. Doch statt der bestellten fetten Gänse, die der König mit eigenen Händen zu schlachten gedenkt, entsteigen Hans und Kumpan dem Bastkorb.

Während der Vertreter der Justiz sogleich den Strick für die Tuchmachergesellen fordert, versprechen diese aus Hunger und um nicht aus der Stadt getrieben zu werden, dem Kaiser ein besonders schönes Kleid zu weben, bei dessen Anblick jede Kreatur vor dem Mächtigen ehrfurchtsvoll erschauert und in die Knie geht. Die Bekleidungsministerin sieht sogleich ihre Chance und zeigt den beiden die bis zum Bersten gefüllten kaiserlichen Kleiderschränke.

Das meiste fliegt achtkantig aus dem Fenster des Schlosses. Was die beiden im Dauerstreit miteinander liegenden Kapitalisten, der Dicke und der Dünne, auf den Plan bringt: Sie wittern ein gutes Geschäft und sammeln die Gewänder ein. Und was auch sie nicht verwerten können, verrichtet als Vogelscheuche auf den Feldern noch einen nützlichen Dienst.

Hans und Kumpan lassen sich derweil einen Sack Gold und eine Feile bringen und richten dem Kaiser aus, dass nur derjenige das Kleid sehen kann, der klug und seinem Amte gewachsen ist. Beide gewinnen die Gunst der Dienerschaft, indem sie ihr vom Gold abgeben. Sie geben vor, fleißig am in den Turm verfrachteten Webstuhl zu arbeiten, beauftragen Katrin, beim Fleischer, der auf die Magd längst zwei begehrliche Augen geworfen hat, nur die besten Stücke zu ordern und lassen ab und zu den Kaiser auf sein Gewand blicken: der erkennt natürlich nichts, kann sich das aber nicht eingestehen.

„Die Decke ist sehr dünn, auf der wir stehen“ resümiert der Außenminister. Und rät seinen Kabinettskollegen: „Behaupten wir das Gegenteil.“ Als die Regierung entschlossen ist, endlich das Kleid zu Gesicht zu bekommen, wird der kaiserliche Prunkwagen aus der Remise geholt und ein großer Umzug mit dem Aufmarsch aller Berufsgruppen vorbereitet. Der analog zu den Mai-Demonstrationen des Arbeiter- und Bauernstaates DDR auch als militärische Machtdemonstration herhalten muss – hier mit Schützenbataillon und Hundestaffel.

Der Kaiser hat nur Krone, Schärpe und Stiefel an und wird so gänzlich der Lächerlichkeit preisgegeben. Nur mit den Insignien seiner Macht bekleidet lobt er die Kreation von Hans und Kumpan. Auch die Diener treten unbekleidet vor das Volk, welches in großes Gelächter ausbricht. Der Kaiser ist blamiert, rettet sich in einem alten, von der Wache geretteten Kleid, ins Schloss, wo seine Minister ihm nicht nur auf der Nase herumtanzen, sondern auch noch seine Küchen- und Kellervorräte plündern: Der Kaiser solle sich am liebsten ein neues Volk suchen! Hans und Kumpan aber verlassen mit Katrin frohen Mutes die Stadt...

Zwei Tage liegt die „ruhmreiche Errichtung des antifaschistisch-demokratischen Schutzwalls“ in Berlin zurück, als Regisseur Konrad Petzold und Drehbuchautor Egon Günther am 15. August 1961 den Defa- und „HV Film“-Parteioberen ihren Film „Das Kleid“ vorlegen. Nach dem berühmten Märchen von Hans Christian Andersen erzählen sie ausgerechnet eine Geschichte, die im ummauerten Stadtstaat eines eitlen Herrschers spielt. Ein denkbar schlechtes Timing für die Babelsberger Produktion: Die von der politischen Entwicklung verunsicherte Studioleitung verbannt die Märchenparabel auf Willkür, Luxusleben und Hirnlosigkeit eines Herrschers in den Giftschrank der Verbotsfilme.

An diesem Märchen für Erwachsene haben eine ganze Reihe prominenter Künstler mitgewirkt, darunter Ruth Berghaus als choreographische Beraterin. Und der Trickfilmer Ernst Kunstmann mit großartigen Animationen, etwa das nächtliche Liebesspiel eines Katzenpärchens auf dem Schlossdach. Vieles erinnert an das epische Theater Bertolt Brechts, so auch die Verwendung von Zwischentiteln. Diese sehr frühzeitige Endzeit-Satire auf den DDR-Obrigkeitsstaat und die feudalen Anwandlungen seiner Funktionäre in Niederschönhausen und – mit Abstrichen – in Wandlitz konnte erst am 9. Februar 1991 im „Babylon“ am Rosa-Luxemburg-Platz uraufgeführt werden - in einer nachsynchronisierten Fassung, da nur noch das Bildnegativ (Agfacolor Wolfen im Totalvision-Format) im Archiv gefunden werden konnte.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Regie-Assistenz

Drehbuch

Dramaturgie

Kamera-Assistenz

Trick-Kamera

Kostüme

Schnitt

Musik

Liedtexte

Darsteller

Produktionsleitung

Aufnahmeleitung

Länge:
2413 m, 88 min
Format:
35mm
Bild/Ton:
Orwocolor, Ton
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 24.02.1999, 81604/V, ab 6 Jahre

Aufführung:

Uraufführung (DD): 09.02.1991, Berlin, Babylon

Titel

  • Originaltitel (DD) Das Kleid

Fassungen

Original

Länge:
2413 m, 88 min
Format:
35mm
Bild/Ton:
Orwocolor, Ton
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 24.02.1999, 81604/V, ab 6 Jahre

Aufführung:

Uraufführung (DD): 09.02.1991, Berlin, Babylon