Manolescus Memoiren

Deutschland 1920 Spielfilm

Manolescus Memoiren


Wbg. (= Hans Wollenberg), Lichtbild-Bühne, Nr. 40, 2.10.1920


Motive aus dem Leben des berühmten Abenteurers hat Richard Oswald in seinem neuen Film zu einem Vorspiel und 5 Akten verarbeitet. Die Rubrizierung dieses Werkes ist also von vornherein gegeben: Ein Abenteurerfilm. Aber ein Abenteurerfilm, in dem Richard Oswald zeigt, daß dieses Genre sich nicht in äußeren Sensationen zu erschöpfen braucht; man könnte von einem veredelten Abenteurerfilm sprechen. Dieses Urteil bezieht sich nicht allein auf die brillante Leistung, die der Regie mit Unterstützung einer ausgezeichneten Photographie im Bildhaften gelungen ist und R.O. als gewandten Routinier mit sicherem Blick für Schönheit und Plastik zeigt; diese Kennzeichnung will vielmehr in erster Linie den vorzüglichen psychologischen Aufbau des Ganzen treffen. Richard Oswalds "Manolescu" ist, dem wirklichen Vorbild entsprechend, nicht der abgefeimte Film-Bösewicht, sondern ein Mensch mit seinem Widerspruch, mit seiner Mengung von Gut und Böse. In Verdorbenheit und Leichtsinn mischen sich Züge feinen Humors und liebenswürdigen Kavalierwesens. Was Richard Oswald mit dieser Figur geben wollte, hat Conrad Veidt mit meisterhafter Darstellungskunst verwirklicht. Eine kleine Szene mag als Beispiel dienen: Manolesco, der König unter den Dieben, weiß, daß die Polizei ihm auf der Spur ist und sein Stündlein geschlagen hat. Höllenangst erfaßt den feinnervigen Gentleman-Gauner vor dem Gefängnis. In seiner Angst flieht er in irgend ein Zimmer seines Hotels. Hier findet er ein blondes Mädchen (Hedda Vernon) vor, deren Lieblichkeit ihm Vertrauen einflößt und in das Ohr der Fremden flüstert er die Beichte seines Lebens. Sein Vertrauen erzeugt Vertrauen; Mitleid erfaßt Cäcilie mit dem leidenden Menschen. Sie will ihm helfen, ihn schützen. Und diese großzügige Gesinnung gebärt eine große Liebe. .... Man muß sehen, wie so etwas gespielt wird. – Die Rolle von Manolescus verbrecherischer Geliebten ist Erna Morena auf den Leib geschrieben, deren Spiel in Herrenkleidung eine darstellerische Sensation ist. Auch das sonstige Ensemble ist vorzüglich. Erwähnt sei auch das Debüt von Oswalds Gattin als Inge. Ein Kabinettstück Adele Sandrock als Gräfin im gefährlichen Alter. .... Das Zusammenwirken von nie erlahmender Spannung, humoristischem Einschlag, prachtvollen Bildern und vorzüglicher Darstellung weist diesem Film einen führenden Platz an.

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