Till Eulenspiegel

Deutschland Belgien 2002/2003 Animationsfilm

Faszination für einen Feuerkopf

Produzent Eberhard Junkersdorf über seinen Animationsfilm „Till Eulenspiegel", bei dem er auch Regie führte.



Thilo Wydra, filmecho/filmwoche, Nr. 38, 20.09.2003

Vorweg ein paar Zahlen: 15 Millionen Euro Budget. 500 Menschen aus mehreren Ländern, die an der deutsch-belgischen Koproduktion beteiligt waren (Munich Animation mit CP Medien, Stuttgart, und De Familie Janssen, Antwerpen). Zweieinhalb Jahre Produktionszeit (Anfang 2001 bis Mitte 2003). 500 Kopien zum Kinostart im Einsatz. Zahlen für die "größte deutsche Zeichentrickproduktion aller Zeiten", mit denen "Till Eulenspiegel" wohl zu Recht beworben wird. Allein sechs Produktions- und Verleihförderungen stecken in diesem Projekt (FFF Bayern, FFA, MDM, NRW, Media und Eurimages). Superlative, mit denen man umgehen können muss – besonders wenn man als Regisseur, Produzent und Ko-Autor in Personalunion für ein solches Mega-Projekt verantwortlich zeichnet, wie Eberhard Junkersdorf mit seiner Munich Animation. 1995 gründete Junkersdorf seine neue Produktionsfirma, die inzwischen zur führenden Trickfilmproduktionsstätte Deutschlands zählen dürfte. Es entstanden Filme wie "Die furchtlosen Vier" (1997) und zuletzt "Hilfe! Ich bin ein Fisch" (2001). Zuvor hat Junkersdorf seit Beginn der 70er Jahre mit der Münchner Bioskop-Film Arbeiten von Margarethe von Trotta, Volker Schlöndorff und Reinhard Hauff produziert. Dann der Wechsel vom Realen zum Animierten. "Till Eulenspiegel" (Verleih: Solo Film), die mittelalterliche Mär vom frech-hilfsbereiten Rotschopf, ist sicherlich Disney-konkurrenzfähig und startet am 25. September in den Kinos.

Filmecho: Fangen wir in der Chronologie bei den Ursprüngen an: Wie kam dieses Projekt an Sie heran, zumal auch noch die Geschichte des Baron Münchhausen als Alternative existierte?

Eberhard Junkersdorf: Am Anfang standen die Ideen zu den beiden Figuren, die mir beide gleichermaßen gefielen: Beides Verrückte, beide unberechenbar, immer bereit irgendetwas anzustellen, mit dem man nicht rechnet. Der Vorzug des Till war für mich, dass er ein Anarchist ist, der agiert, der immer das macht, was er gerade machen will. Das fand ich gut, das hat mich fasziniert: Eine Figur, die nicht groß überlegt, ob sie nun hiermit oder damit in Gefahr kommt oder nicht, sondern die spontan entscheidet. Das hat mich zudem ein bisschen an meine Jugend erinnert, ich war früher auch ein kleiner Feuerkopf.

Filmecho: Baron Münchhausen wurde ja zudem mehrfach schon als Realfilm produziert, Till Eulenspiegel wiederum nicht. Wie kam es schließlich zu dem "Eulenspiegel"-Buch von Christopher Vogler?

Junkersdorf: Es gab schon ein anderes Drehbuch, in dem alle Figuren Tiere waren. Dann bin ich Chris Vogler hier in München auf einer Lesung begegnet, wo er darüber referierte, wie man Drehbücher schreibt, wie ein Drehbuch dramaturgisch aufbereitet sein muss. Er war ja hauptsächlich als Scriptdoctor tätig, hierin liegt seine große Stärke. Und das waren für mich schlüssige Thesen zum Drehbuch-Schreiben. Ich habe ihm das Angebot zur Zusammenarbeit gemacht, habe das alte, schon existierende Drehbuch weggeworfen, und wir haben angefangen zu arbeiten. Vogler hat sich an ein neues Buch gesetzt, und zuvor haben Peter Carpentier und ich das Storyplot gemacht, auf dem das Drehbuch dann aufbaute. Chris Vogler sitzt nun an einer Geschichte zum Baron Münchhausen – man muss sehen, was daraus wird ...



Filmecho: Christopher Vogler ist also der Hauptautor bei "Till Eulenspiegel"?

Junkersdorf: Ja, genau. Er hat den dramaturgischen Rahmen gebaut, natürlich habe ich dann während des Drehs viel verändert, Dialoge umgeschrieben. Ursprünglich hatten wir 95 Minuten, und wir mussten in der Länge zurückgehen, da dies in einem Animationslangfilm unmöglich zu schaffen ist, allein der Kosten wegen. So habe ich zwangsläufig Szenen des Drehbuchs umstellen müssen, und jetzt ist der Film 84 Minuten lang.

Filmecho: Sie haben bei diesem Projekt Regie geführt, waren wie üblich für die Produktion verantwortlich und haben als Ko-Autor fungiert. Welche Unterschiede sind das zum reinen Produzieren, worauf liegt der größte Druck, worin die größte Verantwortung?

Junkersdorf: Das Drehbuch ist ja irgendwann erstellt, endgültig vorhanden, und dann sind es eigentlich nur zwei Funktionen, die parallel laufen, die des Regisseurs und die des Produzenten. Man steht sich manchmal dabei selbst im Weg, muss sich mit sich selbst unterhalten, ohne sich verbindliche Antworten zu geben. "Was kann ich mir als Regisseur noch leisten, was gesteht der Produzent mir – Die schwierigste Aufgabe als Produzent bei dieser Geschichte war die Finanzierung, dieses ganze Geld zusammen zu tragen. Ursprünglich hatte ich noch einen englischen Partner dabei, der mit 20 Prozent beteiligt war, die er nicht zustande bekommen hat. Da waren wir bereits in der Produktion, und diese 20 Prozent mussten ersetzt werden. Die anschließende Arbeit des Produzenten beschränkt sich ja im Wesentlichen auf das Unterschreiben von Schecks ... Die Regie ist natürlich die viel interessantere Aufgabe: Die Zusammenarbeit mit den Kreativen, mit den Schauspielern bei den Sprachaufnahmen, oder die Arbeit mit dem 12-köpfigen Team der Storyboarder, mit den Layoutern, den Hintergrund-Malern. Das sind wunderbare, Spaß machende Aufgaben.

Filmecho: 15 Millionen Euro Budget – darin stecken mehrere Förderungen, und es sind zwei Koproduzenten beteiligt...

Junkersdorf: ... zunächst war es ja eine deutsch-belgisch-englische Koproduktion, dann kam die Trennung von dem englischen Partner. Es musste natürlich auf alle Fälle eine europäische Koproduktion wegen der Eunmages-Beteiligung sein. Der belgische Partner, De Familie Janssen, ein kleines Studio, das bereits bei unserem Film "Tobias Totz" mit dabei war, ist zu 10 Prozent beteiligt. Nach dem Wegfall der Engländer stieg dann Roland Pellegrino mit seiner CP Medien ein, die zusammen mit mir auch die ausgefallenen 20 Prozent übernommen haben. Insgesamt stieg somit der Anteil von CP Medien auf über 40 Prozent des Budgets.

Filmecho: Ein für unsere Produktions-Verhältnisse enorm hohes Budget, für US-Verhältnisse Peanuts ...

Junkersdorf: Amerikanische Filme liegen meiner Kenntnis nach ungleich höher: So hat zum Beispiel die Warner-Animation "Quest of Camelot" mehr , 100 Millionen Dollar gekostet. Unser Film ist einfach so teuer, weil er genau das Geld nötig hatte, um ihn so erstklassig herzustellen, wie er jetzt ist.

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