Inhalt
Die Niederlande im 16. Jahrhundert. Spanische Truppen unter Philipp II. ziehen brennend und mordend durch Flandern. In Damme wird Till Ulenspiegels Vater wegen seines Widerstandes gegen die Spanier auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Aus dem Possenreißer Till wird ein mutiger und listiger Kämpfer gegen die fremde Besatzung. Es gelingt ihm, sich als Hofnarr bei dem Statthalter Herzog Alba einzuschleichen, wo er die Ermordung des Prinzen von Oranien verhindern kann. Dieser ruft die Niederländer zum Kampf gegen die Spanier auf. Nach erfolgreichem Aufstand kann Till Ulenspiegel endlich mit seiner Verlobten Nele in Damme glücklich werden.
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Die katholische Fremdherrschaft Philipp II. regiert mit Gewalt und offenem Misstrauen gegen die Einheimischen, was jedoch weder den Possenreißer Till noch dessen Vater, den Bauern Claes, sonderlich beeindruckt. „Freiheit ist das kostbarste Gut“ hat Claes seinem Sohn immer wieder eingetrichtert, sodass Till eine ins Zimmer geflogene Meise ganz selbstverständlich wieder in die Freiheit entlässt. Bei Charles De Coster heißt es: „Sohn, beraube niemals einen Menschen oder ein Tier seiner Freiheit, denn sie ist das höchste Gut auf dieser Welt. Lasse jeden in die Sonne, wenn's ihn friert, und jeden in den Schatten, wenn ihm heiß ist. Und möge Gott über Seine geheiligte Majestät Gericht halten, die den freien Glauben im Lande von Flandern in Ketten gelegt und das edle Gent in einen Käfig der Sklaverei gesperrt hat!“
„Nacht ist es jetzt über Flandern, aber auch für uns wird es einmal hell werden“ tröstet Till seine Verlobte Nele, mit der er seit frühen Kindertagen befreundet ist. Es ist freilich ein ungleicher Kampf: mit Mistgabeln und Dreschflegeln gehen die Bauern, von Till in Guerilla-Manier angeleitet, gegen die behelmten Lanzenträger vor. Soldaten gewinnen schließlich die Oberhand. Sie ziehen brandschatzend und mordend umher und setzen Claes als Ketzer und Aufrührer fest. Der Cardinal der Inquisition verurteilt ihn zum Verbrennungstod auf dem Scheiterhaufen. Till wird von einer vornehmen Dame im Gefolge des auf Inspektionsreise befindlichen Statthalter Spaniens, Herzog von Alba, die er beherzt vor Nachstellungen schützte, in ihrer Kutsche verborgen und an Albas Hof gebracht.
Wo es Till mit seinem unbekümmerten Witz gelingt, zum Hofnarren des Herzogs aufzusteigen. Listig erkundet er die Pläne der Okkupanten: Sollten der Prinz von Oranien und die flämischen Edelleute nicht den Eid auf den spanischen König schwören, will von Alba sie der Gotteslästerung anklagen und zum Tode verurteilen lassen. Wie erwartet weigern sich der Prinz und die meisten seiner Getreuen, den Eid zu schwören, doch kann Till den Plan zu ihrer Ermordung hintertreiben. Jetzt scheint sich das Blatt zu drehen: nachdem sich Oraniens Soldaten unter Führung des Söldners Stahlarm mit den aufständischen Flamen zusammenschließen, können sie die Truppen des Herzogs mehr und mehr zurückdrängen. Doch Alba kann die demoralisierten, seit langem unbezahlten und daher kriegsmüden spanischen Soldaten durch frische Kräfte entsetzen. Zudem verhindern der Hochmut des unbelehrbaren Stahlarm, auf die unkonventionelle, aber äußerst erfolgreiche Kampftechnik der Geusen zurückzugreifen. So beschimpften die Spanier ihre nicht uniformierten „zerlumpten“ Gegner, die sich in Kenntnis ihrer Heimat immer wieder zugefrorene Kanäle für ihre nadelstichartigen Überfälle zunutze machen.
Selbst Tills dicker Freund Lamme, ein flämischer Sancho Panza, segelt furios auf einer Kiste über die Kanäle! Als beide in ihr Heimatdorf Damme zurückkehren und Till endlich Nele in die Arme schließen kann, ist Damme von Albas Leuten besetzt. Denen Stahlarm, inzwischen klüger geworden, wieder mächtig zusetzt. Im Angesicht der drohenden Niederlage zieht ein einzelner Spanier, Juan, auf eigene Rechnung im Namen der allein seligmachenden papistischen Kirche los, um den Prinzen von Oranien zu ermorden. Aber den als Spanier verkleideten Flamen „wachsen“ plötzlich Schlittschuhe unter den Schuhsohlen, sodass sie dem Attentäter auf der Spur bleiben...
„Die Abenteuer des Till Ulenspiegel“ ist ein unterhaltsamer Abenteuerfilm im Stil von „Fanfan, der Husar“. Brillant besetzt mit französischen Schauspielern um Gérard Philipe, der bei dieser ersten Koproduktion zwischen Frankreich und der DDR zum ersten und einzigen Mal auch Regie geführt hat, sowie Defa-Stars und auch so brillant fotografiert entpuppt sich dieser beim DDR-Publikum äußerst erfolgreiche Streifen als eine tolldreiste Münchhausiade mit lustigen Kampf- und Überrumpelungsszenen, die wie in der zuletzt geschilderten Verfolgungsjagd auf Kufen märchenhafte Züge trägt.
Mit der ersten von insgesamt nur vier Koproduktionen der DDR mit Frankreich erhoffte sich die Defa, den Boykott aufzubrechen, dem ihre Filme im Ost-West-Konflikt ausgesetzt waren. Sie war durch die Vermittlung des niederländischen Dokumentarfilmers Joris Ivens zustande gekommen. Gefilmt wurde überwiegend im nichtsozialistischen, also devisenträchtigen Ausland, in Schweden, in den Niederlanden und im französischen Nizza. In Raguhn in Sachsen-Anhalt wurde mit über eintausend Komparsen in historischen Kostümen, rekrutiert aus Soldaten der Nationalen Volksarmee, Volkspolizisten und Mitarbeitern der umliegenden Großbetriebe, die Schlacht zwischen den Spaniern und den Flamen gedreht. Die Armee baute sogar in der Mulde, der Fluss ist hier 2,80 Meter tief, eine Unterwasserbrücke, um die Aufnahmen der Durchquerung von Oraniens Heer zu realisieren.
Als der Film Anfang 1957 herauskam, nahm das DDR-Publikum das nationale Pathos des Titelhelden, das dem internationalistischen Anspruch des DDR-Sozialismus geradezu diametral gegenüberstand, als Verweis auf den von sowjetischen Truppen blutig niedergeschlagenen Ungarn-Aufstand 1956. Das war natürlich von den Filmleuten weder in Paris noch in Babelsberg intendiert, sorgte andererseits aber für negative Presse- und Publikumsreaktionen in Frankreich.
Pitt Herrmann