Mit einer feierlichen Preisverleihung endete am Donnerstag, den 12. Oktober 2023, die 46. Ausgabe von LUCAS - Internationales Festival für junge Filmfans: "Dancing Queen", "Juniors" und "Sorcery" erhalten Auszeichnungen als international beste Langfilme für junges Publikum.
"Aphonia" wurde mit dem Preis für eine außergewöhnliche cineastische Leistung geehrt - das erste Mal, das ein Kurzfilm diesen Preis gewinnt. Die Preise für die besten Kurzfilme gehen an "La Calestia" und "Things Unheard of" im Wettbewerb "Kids" und "Room" im Wettbewerb "Teens". Festivalleiterin Julia Fleißig beglückwünschte die Preisträger*innen im Kino des DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum.
"Hinter uns liegt eine aufregende Festivalwoche voll unvergesslicher Kinomomente und spannenden Begegnungen mit Filmschaffenden aus aller Welt. Es war ein Vergnügen, endlich wieder viele ausgebuchte Vorstellungen und die vielen intensiven Gespräche über Filme zu erleben: Es wurde angeregt, inspiriert und kontrovers diskutiert – nicht nur in den Jurys, sondern auch im Kinosaal", sagte Festivalleiterin Julia Fleißig. "Dass LUCAS auch in diesem Jahr wieder den Start gehen konnte, verdanken wir der Unterstützung unserer Partner*innen und Förder*innen."
Preisträgerfilme der Langfilmwettbewerbe
Wettbewerb "Kids"
Preis für den besten Langfilm (5.000 €)
"Dancing Queen" (NO 2023. R: Aurora Gossé)
Die zwölfjährige Mina ist alles andere als cool. Bislang hat sie das nicht gestört, doch dann verknallt sie sich in ihren neuen Mitschüler Edwin, der ein angesagter Hip-Hop- Tänzer ist. Um ihm nahe zu sein, wird sie Mitglied einer Tanz-Crew und denkt fortan an nichts anderes mehr. Auf so lustige wie nachdenkliche Weise erzählt "Dancing Queen", wie Mina nach einigen Umwegen zu sich selbst findet.
Begründung der Jury im Wettbewerb "Kids"
Der Film "Dancing Queen" ist lustig und traurig zugleich und erzählt von einem mutigen Mädchen, das trotz aller Hindernisse seinen Traum vom Tanzen verfolgt. Minas Suche nach Anerkennung und Zugehörigkeit ist mitreißend und emotional, die Darstellerinnen und Darsteller haben uns in ihrem Spiel überzeugt und bei den Tanzszenen hätten wir gerne mitgetanzt. Wir haben gelernt, dass Tanzen gut fürs Gehirn ist und man bessere Arbeiten schreibt, wenn man vorher ein paar Dancemoves macht. Uns hat die einfühlsame Kameraführung gefallen, die auch witzige Szenen kreiert, ohne sich über die Figuren lustig zu machen.
Lobende Erwähnung der Jury im Wettbewerb "Kids"
"Tony, Shelly and the Magic Light"
(HU/CZ/SK 2023. R: Filip Pošivač)
Tony hat eine besondere Gabe: Er leuchtet. Doch in einem Haus mit einem Monster, das schlechte Stimmung und Dunkelheit verbreitet, hat er es damit nicht leicht. Um ihn zu schützen, lassen seine Eltern ihn kaum vor die Tür – das kann manchmal ganz schön erdrückend sein. Doch als Shelly einzieht, die mit ihrer Taschenlampe Fantasiewelten zum Leben erweckt, ändert sich alles.
Begründung der Jury im Wettbewerb "Kids"
Nicht unerwähnt lassen können wir einen zweiten Film, der uns mit seiner außergewöhnlichen Animation, seinen kreativen Ideen und einer berührenden Geschichte ganz besonders fasziniert und Staunen lassen hat. Mit detailreich gebauten Ton- und Holzpuppen, bunten Papierkulissen und einer Höhlenwelt aus Stoff und Kissen lässt der Film magische Universen entstehen. Die Liebe für das Detail in der Ausstattung und im Kostüm, die vielschichtigen Figuren und die passende und gezielt eingesetzte Musik haben uns sehr gefallen.
Publikumspreis
"Die unlangweiligste Schule der Welt"
(DE 2023. R: Ekrem Ergün)
An Maxes Schule ordnet alles das dicke Regelwerk des kleinkarierten Direktors Schnittlich. Spaß ist verboten und schöne Dinge landen im Farbentsafter 2000, der nur einen braunen Haufen übriglässt. Als Maxe für Chaos sorgt, ruft das Inspektor Rumpus von der Behörde für Langeweilebekämpfung auf den Plan.
Wettbewerb "Teens"
Preis für den besten Langfilm (5.000 €)
"Juniors" (FR 2022. R: Hugo Thomas)
Jordan ist gelangweilt vom Leben im kleinen Dorf Mornas. Seine Mutter ist Krankenschwester und häufig abwesend, daher verbringt er viel Zeit mit seinem besten Freund Patrick. Meist zocken die beiden auf ihrer gemeinsamen Konsole, doch als diese den Geist aufgibt, beschließen sie kurzerhand, dass Jordan eine Krankheit vortäuschen soll. Mit dem Geld, das sie in einem Online-Spendenpool für ihn sammeln, wollen sie eine neue Konsole kaufen.
Begründung der Jury im Wettbewerb "Teens"
Der Film behandelt ein heikles Thema mit Fingerspitzengefühl und Anmut und wirkt dennoch frisch und flippig. Die junge Jury lobt auch, dass der Film die realen Konsequenzen der Handlungen des Protagonisten Jordan zeigt und darüber hinaus vermittelt, dass nicht alle Geschichten ein Happy End haben und wir alle zu den Fehlern stehen sollten, die wir im Leben machen.
Lobende Erwähnung der Jury im Wettbewerb "Teens"
"The Siren" ("La Sirène". FR/DE/LU/BE 2023. R: Sepideh Farsi)
Als 1980 der Erste Golfkrieg beginnt und der Irak die iranische Ölmetropole Abadan bombardiert, ist Omid gerade 14 Jahre alt. Während seine Mutter und seine jüngeren Geschwister bereits geflohen sind, ist Omid bei seinem Großvater geblieben. Fortan liefert er Essen aus und begegnet dabei den unterschiedlichsten Menschen.
Begründung der Jury im Wettbewerb "Teens"
Wir haben uns dafür entschieden, Sepideh Farsis "The Siren" mit einer lobenden Erwähnung auszuzeichnen. Der Film zeichnet sich durch seine realistische Darstellung des Krieges und seine gelungene 3D-Animation aus, die, obwohl sie sehr farbenfroh ist, dennoch eine sehr ernste Atmosphäre vermittelt.
ECFA-Award
"Nina and the Hedgehoge's secret" ("Nina et le secret du hérisson". FR/LU 2023. R: Alain Gagnol, Jean-Loup Felicioli)
Liebend gerne hört die zehnjährige Nina den Gutenachtgeschichten ihres Vaters zu, die von einem kleinen Igel handeln, der die Welt entdeckt. Doch seitdem er seinen Job in der Fabrik verloren hat, steht Ninas Welt Kopf. Angeblich hat der Manager der Fabrik die Buchhaltung manipuliert und so den Zusammenbruch herbeigeführt. Doch es geht das Gerücht um, dass irgendwo im Werk noch eine kleine Notreserve an Geld versteckt ist.
Begründung der ECFA-Jury
Wir haben beschlossen, einen Film zu prämieren, der sich auf eine wichtige und bewegende Geschichte konzentriert. Diese beschäftigt sich mit den universellen Themen Arbeit und Arbeitsplatzverlust, aber auch mit der Kraft von Geschichten und der Fantasie, die wir in unserem Leben brauchen, um die Welt um uns herum zu entdecken. Durch die originelle Animation erzeugen die Regisseure grenzenlose Empathie beim Zuschauer und wecken Hoffnung – durch die Farben, die Figuren und die intelligente Erzählung.
MOZAIK Bridging The Borders Award (MBTBA)
"Totem" (NL/LU/DE 2022. R: Sander Burger)
Ama ist ein Kind des Wassers: Geboren wurde sie vor elf Jahren auf dem Schiff nach Rotterdam, jetzt bereitet sie sich mit ihrem besten Freund Thijs auf einen Schwimmwettbewerb vor. Ihre Eltern kommen zwar aus dem Senegal, doch Ama fühlt sich als Niederländerin. Nur darf sie nirgends ihre Adresse angeben und soll auf keinen Fall mit der Polizei reden. Als die Unterkunft ihrer Familie schließlich doch entdeckt wird, sollen Amas Mutter und ihr kleiner Bruder abgeschoben werden.
Lobende Erwähnung der MBTBA-Jury
"The Worst Ones" (FR 2022. R: Lise Akoka, Romane Gueret)
Ein Regisseur will einen Spielfilm in der Picasso-Nachbarschaft, einem Vorort von Boulogne-sur-Mer in Nordfrankreich drehen. Auf der Suche nach authentischen, jungen Darsteller:innen für sein Projekt hält er ein Casting in der örtlichen Schule ab. Dort wählt er mit Lily, Ryan, Maylis und Jesse vier Teenager aus dem Viertel aus, die in ihrem Alltag eigentlich mit ganz anderen Problemen konfrontiert sind. Die Bewohner:innen des Vororts sind von seiner Entscheidung gleichzeitig überrascht und bestürzt: Wieso sollte jemand gerade "die Schlimmsten" auf der großen Leinwand abbilden wollen?
Wettbewerb "Youngsters"
LUCAS "Youngsters" Award (5.000 €)
"Sorcery" (Brujería. CL/MX/DE 2022. R: Christopher Murray)
"Väter sterben, und ich kann niemanden zum Leben erwecken." Der Bürgermeister von Rosas Dorf ist keine Hilfe für die 13-Jährige: Die Huilliche lebt auf der chilenischen Insel Chiloé und wird zur Waise, als ihr Vater von einem deutschen Siedler ermordet wird. Weder der Staat noch die Kirche wollen ihr Gerechtigkeit bieten, Unterschlupf findet sie immerhin bei Mateo, der gemeinsam mit anderen indigenen Bewohner:innen der Insel alte Traditionen und Rituale pflegt.
Begründung der Jury im Wettbewerb "Youngsters"
Was uns wirklich bewegt hat, war die Art und Weise, wie der Gewinnerfilm seine historische Geschichte durch poetische Worte erzählt hat. Wir sind der Meinung, dass er eine solide Erzählstruktur, eine hervorragende Art und Weise, moralisch graue Charaktere zu beschreiben, und eine unglaubliche ästhetische Bildsprache aufweist. Regisseur Christopher Murray hat sich wirklich selbst übertroffen, indem er seine Kultur für uns alle erlebbar gemacht hat.
Preisträgerfilme der Kurzfilm-Wettbewerbe
Wettbewerb "Kids"
Preis für den besten Kurzfilm (2.000 €)
"La Calestia" (AR 2022. R: Augusto Schillaci)
- Deutschlandpremiere bei LUCAS -
Eine Runde auf dem Karussell zaubert ein Lächeln in die Gesichter von Jung und Alt. Doch der Erhalt ist mühsam und die angrenzenden Bauarbeiten drohen, die kunterbunte Attraktion aus dem Stadtbild zu verdrängen.
Begründung der Jury im Wettbewerb "Kids"
Ein in 3D-Animation schön gestalteter und bewegender Kurzfilm, der von einem alten Mann handelt, der sein geliebtes Karussell verliert, weil eine große Baustelle und graue Bürogebäude dessen Platz einnehmen. Die inzwischen erwachsen gewordenen Kinder, die früher auf seinem alten Karussell gespielt haben, kommen, um mit ihm gemeinsam aus alten und neuen Teilen ein neues Karussell zu bauen. Sich gegenseitig helfen, zusammenhalten, Platz für Kinder in der Stadt zu schaffen und nicht so viel am Handy spielen ist die Message, die uns sehr gut gefallen hat.
ex aequo:
"Things Unheard of"
(Serpêhatiyên Neqewimî. TR 2023. R: Ramazan Kılıç)
- Deutschlandpremiere bei LUCAS -
Die zehnjährige Şevîn lebt mit ihrer Familie auf dem Land. Als eines Tages der Fernseher ihrer Großmutter verschwindet, setzt sie alles daran, ihr einen neuen zu besorgen. Schließlich ist der Fernseher für ihre Großmutter das Tor zum Rest der Welt.
Begründung der Jury im Wettbewerb "Kids"
In eindrucksvollen Bildern erzählt Ramazan Kilic, wie die zehnjährige Şevin es schafft, die Dorfgemeinschaft vor einem selbst gebauten Fernseher zu versammeln, um die Nachrichten des Tages zu erfahren, eigene Geschichten zu erzählen und Lieder zu hören, so dass auch ihre Oma wieder lächelt, das hat uns sehr gefallen, beeindruckt und selbst zum Lächeln gebracht. "Das ist in echt so!" meinte ein Jurymitglied. Ein poetischer und politischer Film, der den Zugang zu Bildung – vor allem für Mädchen – thematisiert, eine Geschichte von Zusammenhalt und Solidarität erzählt. Verständlich auch ohne Worte, nur durch die Kraft der Darstellerinnen und Darsteller, der Bilder, der Musik, realistisch und zugleich voller Hoffnung.
"Stadtteiljury"-Award
"The Story of Bodri" ("Historien Om Bodri." SE 2022. R: Stina Wirsén)
- Deutschlandpremiere bei LUCAS -
Mit der realen Geschichte von Hedi und ihrem Hund Bodri erzählt dieser Film auf zugängliche Weise vom Holocaust, ohne dabei die Hoffnung zu verlieren.
Wettbewerb "Teens"
Preis für den besten Kurzfilm (2.000 €)
"Room" (US 2022. R: Ian Dani Kim)
- Deutschlandpremiere bei LUCAS -
Dani machen die Pandemie und der damit einhergehende Lockdown ganz schön zu schaffen. Wie zahlreiche andere Jugendliche hat er mit den Auswirkungen der Pandemiemaßnahmen auf seine psychische Gesundheit zu kämpfen. Er isoliert sich in seinem Zimmer. Eine außergewöhnliche, autobiografische Animation.
Begründung der Jury im Wettbewerb "Teens"
Der Film ist eine sehr genaue Beschreibung der Leben vieler Teenager während und nach der Pandemie, so dass wir uns wirklich in Ian Dani Kim hineinversetzen konnten. Mit seiner kreativen Art, seine Geschichte zu erzählen, lässt Kim dem Publikum Raum für Interpretation. Aber vor allem seine detaillierte und durchdachte Umsetzung hat uns beeindruckt.
Preis für eine außergewöhnliche cineastische Leistung (2.000 €)
"Aphonia" (Afonia. PL 2022. R: Marta Z. Nowak)
- Deutschlandpremiere bei LUCAS -
Im Internat für Gehörlose und Schwerhörige sorgt ein neuer Schüler für Verwunderung: Gebärdensprache ist ihm fremd, verbal äußert er sich nicht. Scheinbar verloren rätseln auch die Zuschauenden über Gebärden, lesen Gesichter, deuten Absichten und Emotionen.
Begründung der Jury im Wettbewerb "Teens"
"Aphonia" erhält den Preis für die außergewöhnliche cineastische Leistung für sein poetisches Framing, seine einzigartige Herangehensweise an Taubheit und Stille, und seine Inszenierung, die das Publikum in die Geschichte miteinbezieht.
Quelle: www.lucas-filmfestival.de