Große Freiheit

Deutschland Österreich 2020/2021 Spielfilm

Inhalt

Hans Hoffmann wurde im Laufe seines Lebens bereits mehrfach wegen seiner sexuellen Beziehungen zu Männern verurteilt – auf Basis des Paragraphen 175, der Sex unter Männern in Deutschland unter Strafe stellte. 1945 wird er zwar durch die Alliierten aus einem KZ befreit, kommt von dort aus jedoch direkt ins Gefängnis. Dort lernt er den wegen Mordes verurteilten Viktor kennen, der aus seinem Hass auf Schwule keinen Hehl macht. Doch als Viktor mehr über Hans und seine Geschichte erfährt, ändert sich seine Einstellung langsam und die beiden werden zur zentralen Bezugsperson füreinander. 1968 hofft der mittlerweile drogenabhängige Viktor nach einer Anhörung aus dem Gefängnis entlassen zu werden. Hans soll und will ihm dabei helfen.

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Heinz17herne
Heinz17herne
Wackelige Super-8-Aufnahmen, heimlich gefilmt in einer Gefängnis-Toilette, zeigen männliche Gefangene beim schnellen Sex. Hans Hoffmann liebt Männer. Und ist dafür von den Nationalsozialisten ins Konzentrationslager gesteckt worden. Als ihn amerikanische Soldaten 1945 daraus befreien, gilt der „Schwulenparagraph 175“ in den drei westlichen Besatzungszonen weiterhin und er wird in den Regelvollzug überstellt, um seine Reststrafe abzusitzen. In der Näherei muss Hans die NS-Symbole von Wehrmachtsuniformen, die zu zivilen Mänteln und Jacken umgearbeitet werden, entfernen. Hier hat mit dem zu lebenslanger Haft verurteilten Mörder Viktor Bix einer das Sagen, der ihn als Zellennachbarn zunächst strikt abgelehnt hat: „Ich will den Perversen nicht bei mir.“ Doch das rebellische Wesen gegen die Willkür der Wärter, auch der Stolz des schon an der Zellentür als Homosexueller stigmatisierten Hans nötigt ihm Respekt ab und Viktor sorgt für einen leichteren Job in der Küche.

Hans erinnert sich an kurze, glückliche Zeiten in Freiheit mit Oskar Mitte der 1950er Jahre, wie private Super-8-Aufnahmen belegen. Wobei „Freiheit“ lediglich bedeutet, dass beide sich nur unter stetem Zwang, ihre Liebe verstecken zu müssen, treffen können. Weshalb Hans überlegt, in die DDR zu gehen, wo der Paragraph 175 längst abgeschafft worden ist. Doch dieser holt beide wieder ein, bevor er seinen Entschluss in die Tat umsetzen kann. Zurück im Gefängnis verliebt er sich in einen jungen Mitgefangenen, Leo Giese, einen feinsinnigen Lehrer für Deutsch und Musik, der wunderbar Geige spielt. Beide können sich, häufig von Viktor u.a. mit einem Bibel-Kassiber eingefädelt, heimlich treffen. Doch Leo ist der Härte des Gefängnisalltags nicht gewachsen, weshalb ihm Hans mit einer Falschaussage vor Gericht zur Freilassung verhilft. Die für ihn eine Heraufsetzung des eigenen Strafmaßes bedeutet.

Ende der 1960er Jahre sind Hans und Viktor inzwischen Freunde geworden, Vertraute gar, die zusammen eine Zelle bewohnen. Hatte Viktor zu Anfang die Hans in den Arm tätowierte KZ-Häftlingsnummer mit einem Tattoo überdeckt, revanchiert sich Letzterer nun, indem er Viktor mit kaltem Entzug von seiner Drogensucht befreit, Voraussetzung für eine Entlassung aus dem Gefängnis. Während im Knast-TV die Mondlandung Neil Armstrongs übertragen wird, titelt das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ mit der Aufhebung des § 175. Hans wird entlassen, nun lockt die „Große Freiheit“ – in Form der Leuchtreklame für eine Jazz- und Schwulenkneipe…

Sebastian Meise und Thomas Reider erzählen auf den ersten Blick ein Gefängnisdrama in geradezu klaustrophobischen Ganz-Nah-Einstellungen der Kamerafrau Crystel Fournier, entstanden in einem für allumfassende Überwachung stehenden ehemaligen DDR-Gefängnis. Und eine aus heutiger Sicht schier unfassbare politische Geschichte, fiel der „Schwulenparagraph“ der Nazis skandalöserweise doch erst 1969 in der Bundesrepublik. „Große Freiheit“ ist aber, bisweilen verwirrend achronologisch erzählt über zwei Jahrzehnte zwischen 1945 und 1969, ebenso ein Liebesfilm. Mit harter Körperlichkeit und gleichzeitig schier unstillbarer Sehnsucht nach Zärtlichkeit.

Der für den Europäischen Filmpreis nominierte Franz Rogowski brilliert als Hans Hoffmann, der als Homosexueller in den 1940er Jahren vom NS-Regime wie von der noch jungen BRD unterdrückt und geradezu fertig gemacht wird, der im folgenden Jahrzehnt dagegen rebelliert, sich schließlich aber zu seiner gesellschaftlichen Außenseiterstellung bekennt und bereit ist, dafür die Konsequenzen zu tragen, seien diese auch noch so unmenschlich. Gleichgewichtiger Gegenpart ist Georg Friedrich als Viktor, was sich glücklicherweise auch bei den bisherigen Festivalpreisen widerspiegelt.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Regie-Assistenz

Kamera-Assistenz

Kamera-Bühne

Szenenbild

Ausstattung

Außenrequisite

Innenrequisite

Schnitt

Schnitt-Assistenz

Ton-Assistenz

Stunt-Koordination

Casting

Darsteller

Produktions-Koordination

Dreharbeiten

    • 25.02.2020 - 14.07.2020: Magdeburg, Berlin und Österreich
Länge:
116 min
Format:
DCP, 1:1,85
Bild/Ton:
Farbe, Dolby
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 27.09.2021, 208998, ab 16 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Uraufführung (FR): 08.07.2021, Cannes, IFF - Un Certain Regard;
Kinostart (DE): 18.11.2021

Titel

  • Originaltitel (DE) Große Freiheit
  • Weiterer Titel (eng) Great Freedom

Fassungen

Original

Länge:
116 min
Format:
DCP, 1:1,85
Bild/Ton:
Farbe, Dolby
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 27.09.2021, 208998, ab 16 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Uraufführung (FR): 08.07.2021, Cannes, IFF - Un Certain Regard;
Kinostart (DE): 18.11.2021

Auszeichnungen

Deutscher Schauspielpreis 2022
  • Deutscher Schauspielpreis, Dramatische Hauptrolle
Österreichischer Filmpreis 2022
  • Österreichischer Filmpreis, Beste Maske
  • Österreichischer Filmpreis, Bestes Drehbuch
  • Österreichischer Filmpreis, Beste Kamera
  • Österreichischer Filmpreis, Beste Regie
  • Österreichischer Filmpreis, Beste männliche Nebenrolle
  • Österreichischer Filmpreis, Beste männliche Hauptrolle
  • Österreichischer Filmpreis, Bester Spielfilm
Deutscher Filmpreis 2022
  • Lola, Bestes Maskenbild
  • Lola in Bronze, Bester Spielfilm
Deutscher Kamerapreis 2022
  • Deutscher Kamerapreis, Bester Schnitt / Spielfilm
European Film Awards 2021
  • European Film Award, Beste Filmmusik
  • European Film Award, Beste Kamera
Sarajevo Film Festival 2021
  • CICAE Award
  • Heart of Sarajevo, Bester Schauspieler
  • Heart of Sarajevo, Bester Spielfilm
IFF Cannes 2021
  • Preis der Jury, Un Certain Regard