Die Buntkarierten

Deutschland (Ost) 1948/1949 Spielfilm

Inhalt

Lebensgeschichte der Guste, 1884 als uneheliches Kind eines Dienstmädchens geboren. Auch sie wird Dienstmädchen, heiratet den Arbeiter Paul Schmiedecke, erlebt mit ihm und den zwei Kindern für einige Jahre ein bescheidenes Glück. Der Krieg verändert ihr Leben vollkommen. Sie wird Munitionsarbeiterin. Durch einen Landsturmmann über den verbrecherischen Charakter des Krieges aufgeklärt, verweigert sie die Arbeit in der Munitionsfabrik. Paul kehrt aus dem Krieg zurück. Weltwirtschaftskrise und aufkommender Faschismus wecken auch in ihm ein politisches Bewusstsein. Er wird arbeitslos und stirbt bald darauf. Im Zweiten Weltkrieg verliert Guste bei einem Bombenangriff auch ihren Sohn. Ihr bleibt die Sorge für die Enkelin Christel, der sie nach Kriegsende zum Studienbeginn aus der buntkarierten Bettwäsche der einfachen Leute ein Kleid näht.

 

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Falk Schwarz
Immer am Abgrund
An dem Schicksal einer Familie zu zeigen, wie sich die Zeiten ändern, wie sie in den wechselvollen Jahren des Kaiserreichs, der Weimarer Republik und in der Nazizeit lebten, das lässt sich am wohlhabenden Bürgertum schildern („Der Engel mit der Posaune“), oder eher kabarettistisch („Wir Wunderkinder“) oder eben im kleinbürgerlichen Milieu. Defa-Regisseur Kurt Maetzig bezieht Position: erzählt wird die Geschichte des Dienstmädchens Guste (anheimelnd und fraulich: Camilla Spira) und dem Maler Paul (brillant wie immer: Werner Hinz), denen zur Hochzeit die „Herrschaft“ buntkarierte Bettwäsche schenkt. Die „Gnädige“ ist hochnäsig, arrogant und empathielos. Der „Gatte“ kneift der Guste mit eindeutigen Absichten in den Po. Grund genug, um wütend zu werden. Als Guste in der Straßenbahn einen Landsturmmann (frech und direkt: Willi Rose) trifft und er sie aufklärt über die wahren Verhältnisse, über den „Krupp“, der nur am Krieg verdient, da wirft Guste die Arbeit in der Munitionsfabrik hin. In ihr erwacht politisches Bewusstsein. Ihr Paul setzt sich in der Gewerkschaft für die Rechte der Arbeiter ein. - Das ist alles umstandslos und direkt erzählt und wird von glänzenden Schauspielern getragen. Aber der Film ist nicht nur traurig und ernst. In einer Tanzszene findet sich plötzlich eine beispielhafte Leichtigkeit. Die Kamera von Friedl Behn-Grund (mit Karl Plintzner) dreht sich mit, fährt am Rand über die Köpfe der Sitzenden hinweg, es scheint so, als würde sie mittanzen und als sie sich zum Schluß erhebt und das Ganze von oben filmt, da wird dann bildhaft klar: es ist ein Tanz auf dem Vulkan, alles wird sich ändern. Der Nazispuk zieht auf. Paul stirbt, Guste ist allein. - Der Film bleibt in der Welt der Arbeiter, ist ideologisch unterfüttert und leidet an einer mangelnden Differenzierung der Charaktere. Dennoch gibt es auch Humor. Als Paul aus dem Krieg kommt und in die Arme seiner Guste sinkt, da fragt sie ihn, worauf er sich denn am meisten gefreut habe. „Auf die Buntkarierten“, antwortet er.
Heinz17herne
Heinz17herne
Das sozialkritische, antifaschistische und vor allem antimilitaristische Berliner Volksstück „Die Buntkarierten“, drei Monate vor der offiziellen Staatsgründung der DDR am 8. Juli 1949 im damals noch an der Kastanienallee beheimateten Defa-Filmkunstkino Babylon uraufgeführt, ist mehr als eine Familiengeschichte über vier Generationen: Ein Epos der kleinen Leute mit Musik, Tanz und reichlich Lokalkolorit ganz in der Tradition des ausdrucksstarken, bisweilen auch pathetischen frühen Tonfilms. Mit einer sehr nützlichen „Starring“-Runde, in der alle Hauptrollen mit ihren Schauspielern kurz vorgestellt werden und mit langen wortlosen Passagen gerade zu Beginn, die von einer mit Leierkastenmusik unterlegten Erzählerstimme kommentiert werden. Die Geschichte der 1884 als uneheliches Kind eines Hausmädchens geborene Guste deckt die Zeitspanne von der Kaiserzeit bis zu seiner Entstehung, der unmittelbaren Nachkriegszeit und dem Aufbau der DDR, von der direkt noch nicht die Rede ist, ab.

Die Defa hatte das Filmexpose bereits abgelehnt, als Kurt Maetzig nach Ersatz für eine nicht zustande gekommene Eduard Claudius-Verfilmung („Grüne Oliven und nackte Berge“) suchte – und zufällig auf Berta Waterstradt traf. Auch Widerstände der sowjetischen Militäradministration (SMAD) hatte es gegeben, etwa gegen die zu unheroische Zeichnung der Arbeiterfiguren Guste und ihres Gatten Paul. Maetzig konnte sich durchsetzen und so ein erstes und im Übrigen beim Publikum ungemein populäres „Volksstück“ auf die Leinwand bannen, dem weitere folgen sollten durchaus im Sinne des „demokratischen Deutschland“ von „Schlösser und Katen“ (1957) bis hin zu „Das Kaninchen bin ich“ (1965), ein Film, der erst zur Wendezeit 1990 in die Kinos kommen konnte. Am 25. August 1949 erhielten Friedl Behn-Grund, Kurt Maetzig, Camilla Spira und Berta Waterstradt den DDR-Nationalpreis für Kunst und Literatur (II. Klasse).

Berta Waterstradt über die Entstehung ihres Hörspiels „Während der Stromsperre“, nach dem sie das Drehbuch zu den „Buntkarierten“ schrieb: „Kurz nach dem Krieg nahm ich an der Beerdigung einer alten Frau teil, die ihr Leben lang hart als Waschfrau arbeiteten musste. Der Pfarrer sagte bei der Grabrede salbungsvoll: ‚Und ist dein Leben köstlich gewesen, dann ist es Mühe und Arbeit gewesen!‘ Dieser Widerspruch ließ in mir den Plan wach werden, einmal das Leben einer einfachen Frau zu schildern. (…) Ich wollte zeigen, dass auch das Leben der Armen nur einen Sinn hat, wenn sie aus der Geschichte lernen und ihre Erkenntnis nutzen“.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Regie

Regie-Assistenz

Optische Spezialeffekte

Bauten

Bau-Ausführung

Schnitt

Arrangement

Darsteller

Produktionsleitung

Aufnahmeleitung

Produktions-Assistenz

Länge:
2862 m, 105 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
s/w, Ton
Aufführung:

Uraufführung: 08.07.1949, Berlin, Babylon, LEW Henningsdorf

Titel

  • Originaltitel (DD) Die Buntkarierten

Fassungen

Original

Länge:
2862 m, 105 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
s/w, Ton
Aufführung:

Uraufführung: 08.07.1949, Berlin, Babylon, LEW Henningsdorf