Der Dritte

DDR 1971/1972 Spielfilm

Diskussion


Rosemarie Rehahn, Wochenpost, Berlin/DDR, 16.6.1972


Selten wurde so heiß über einen Film diskutiert. Gestritten wird nicht so sehr über das Wie, sondern über das Was: darüber, was der Film an gesellschaftlicher Wirklichkeit zeigt, an neuen Problemen aufwirft. (…)

Ein Mißverständnis liegt vor, wenn einige Leser den Gehalt des Films auf die Frage: Damenwahl oder Herrenwahl reduzieren und nun entweder für das eine oder für das andere ins Feld ziehen. Es geht um etwas sehr anderes; um die echte Gleichberechtigung auch in der Liebe, um den höchsten Grad der Menschlichkeit im menschlichsten, intimsten Bereich.

Mißverstanden wurde der Film unseres Erachtens auch, wenn eine Leserin meint: "Es blieb im Rahmen des Üblichen, wenn eine Frau dem Zufall etwas nachhilft." Dieses Dem-Zufall-Nachhelfen, wie Margit es anfangs nach Großmütterweise versucht, wird herzerfrischend verspottet. Der Film befindet den "Rahmen des Üblichen" als äußerst komisch und unwürdig.

Überrascht, freudig zustimmend reagieren die Leser auf den ungewohnten Realismus, der das Leben in seiner Vielfalt und seiner Kompliziertheit darstellt, der sich nicht scheut, zu zeigen, daß es bei allem Erreichten noch eine Menge ungelöster Glücksprobleme für viele Frauen gibt. Daß sich daneben auch Stimmen erheben, denen die hier geprobte Gleichberechtigung oder aber die Offenheit einzelner Szenen zu weit führt, bestätigt den Film, der eingreifen will in Entwicklungsprozesse.

Eine Reihe von Lesern empfindet die Rückblenden als verwirrend, die Gestalt des Dritten als zu unprofiliert. Nachdenkenswerte Einwände.

Spätestens hier aber sei erwähnt, in wie vielen Briefen Schauspieler, Buch, Regie gewürdigt werden. Ich sage spätestens, weil das ästhetische Urteil unserer Leser in den veröffentlichten Briefauszügen der Problemdiskussion wegen zu kurz kam.

So schreibt M. P., Magdeburg: "Das Denken wird einem nicht abgenommen, es wird gefordert. Einer der besten DEFA-Filme, die ich in den letzten Jahren gesehen habe. Das lag an der künstlerischen Einheit, angefangen bei der wunderbaren Orgelmusik, wenn sich irgend etwas Entscheidendes im Leben der Heldin ereignete, bis hin zur Kameraführung und natürlich zur Gestalt der Margit. Endlich ein Problemfilm, über den sich das Nachdenken lohnt."

Und über den die Diskussion gelohnt hat, die zum streitbaren Gespräch wurde über neue moralische Verhaltensnormen. Dank allen, die mitdiskutiert haben.


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