Der brennende Acker

Deutschland 1921/1922 Spielfilm

Der brennende Acker


J–s., Film-Kurier, Nr.55, 9.3.1922


(... Die) Geschichte, die Willy Haas, Thea von Harbou und Arthur Rosen zu Verfassern hat, füllt gutgeschlossene sechs Akte, und sie komprimiert das an sich schlichte Geschehen zu einer solchen widerspruchslosen Schärfe, die Knoten ziehen sich so berechnet zu gleicher Zeit zusammen, daß die Fehlspekulationen des Manuskriptes dahinter verschwinden. Diese Fehler liegen in der praktischen Unmöglichkeit der Geschehnisse einerseits – man kann nicht ganz allein und ohne jedes Mitwissen der Landschaft und der Ehefrau Petroleum erbohren –, und in gewissen Charakterzügen der handelnden nichtbäuerlichen Personen andererseits. Es ist u.a. nicht zu begreifen, ob der Ehrgeizige, der sich zur Brutalität gegenüber Gerda steigert, nicht eine plausible Verständigung mit Helga gefunden hätte: das Aneinandervorbeirasen im Bilde ist seine psychologische Begründung für eine Haltung, die die Kundgebung eines Charakters, sein elementarster Ausfluß sein und entscheidend für den ganzen Konflikt werden soll.

Das jedoch sind Einwände für die Produktion; das Publikum selbst wird durch diese geringfügigen Beeinträchtigungen der inneren Notwendigkeiten nicht berührt, weil – wie gesagt – die Schärfe der Ereignisse widerspruchslos mit fortreißt. F. W. Murnau hat eine sympathische Regie geführt, er gibt im ersten Akt einen famosen Bildschnitt, der durch eine fast kontinuierlich wirkende Bildfolge in die thematische Komplikation hineinführt und sehr geschmackvoll jede banale Kontrastierung des bäuerlichen und des aristokratischen Milieus vermeidet. Die im Bilde einmal begonnen Bewegungen werden in den Großaufnahmen sehr sorgfältig weiter fortgeführt, so daß auch die Großbilder trotz ihrer Häufigkeit nicht stören. Die Blenden sind vor allem im Tempo gut angewendet, auch die Ausweitung der exzentrisch angebrachten Iris über das ganze Bildfeld und die konvexe Vorhangblende bringen eine hübsche technische Abwechslung. Nur selten wird allzu fühlbar vor dem Apparat gespielt, und nur einmal – vor dem Titel "Das wäre ein Ziel" – ist die Bildbindung unterlassen: das bebaute Fabrikgelände hätte überblendet werden sollen, anstatt ganz abrupt zu kommen. Die Bildtitel selbst sind ganz vorzüglich; hier hat eine literarische Hand des Amtes gewaltet.

Die Darstellung ist samt und sonders zu loben: Eugen Klöpfer ist als Peter Rog ein Prachtmensch von einem Bauer, schlechterdings nicht zu übertreffen in seiner knorrigen Weichheit. Dieser Mensch ist wunderschön. Wladimir Gaidarow ist der ehrgeizige Johannes, krankhaft in seiner Überspannung, nervenbewegt und fesselnd schon im Gehaben. Dann etwas zusammenfassend Werner Krauß, Eduard von Winterstein, Alfred Abel – sämtlich blutvoll und lebendig, fest umrissen im Charakteristischen, sehr sorgfältig im bildhaften Ausdruck. Stella Arbenina als Helga: sehr schön, sehr gut. Sie läßt bei unbewegtem Gesicht das Innere erraten, was nur wenigen Darstellern gegeben ist, und sie krampft sich leidend und vernichtend zusammen, im Kampf mit der Stieftochter geradezu erschütternd. Hier hat auch Lya de Putti als Gerda ihre stärksten Momente, in denen sie aus dem Figürchen ins Menschliche hinaustritt. Und ebenbürtig ist der Rest der Darsteller ...

Die Bauten von Rochus Gliese wirken nicht nur, nein, sie sind echt. Ein lautes Bravo! Und die Photograpie von Karl Freund und Frikarno Wagner bedarf keiner Anerkennung. Hier schweben Naturstimmungen im Bilde fort, und die Festhaltung der zarten Schneelandschaften unter hellem Himmel und mit leuchtend weißen Gesichtern der Darsteller ist echtes Können! Weiter auf diesem Wege!

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