Startschuss für Filmfest Hamburg

Am Abend des 27. September wurde das 26. Filmfest Hamburg feierlich eröffnet. Es zeigt in diesem Jahr 138 Filme aus 57 Ländern, darunter Preisträgerfilme von Sundance, Cannes, Locarno und Venedig.

 

Eröffnet wurde das Filmfest mit "Gegen den Strom" von Benedikt Erlingsson, eine poetische und scharfzüngige Komödie aus Island über eine mutige Frau, die gegen die lokale Aluminiumlobby kämpft. Abschlussfilm am 6. Oktober ist das bunte Biopic "Loro" von Paolo Sorrentino über den ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi.

Der Douglas Sirk Preis geht an den iranischen Regisseur Jafar Panahi, der 2010 zu einem 20-jährigen Berufs- und Ausreiseverbot verurteilt wurde. Vor der Deutschlandpremiere von Panahis neuestem Film "Drei Gesichter" nimmt die Tochter des iranischen Regisseurs, Solmaz Panahi, gemeinsam mit der Hauptdarstellerin des Films, Behnaz Jafari, die Auszeichnung in Hamburg entgegen. Seit 2001 hat das iranische Kino einen festen Platz bei Filmfest Hamburg. Festivalleiter Albert Wiederspiel: "2009 haben wir die grüne iranische Oppositionsbewegung, deren Gallionsfigur Panahi war, von Hamburg aus sichtbar unterstützt. 2013 hat Jafar Panahi für uns die Reihe 'Iran Deluxe' mit seinen persönlichen Meilensteinen des iranischen Kinos kuratiert und wir haben seine Filme "Der Kreis", "This Is Not a Film", "The Accordion" und "Closed Curtain" bei Filmfest Hamburg gezeigt. Es ist also längst überfällig und in diesen Zeiten, in denen auf der ganzen Welt immer mehr systemkritische Künstler*innen und Journalist*innen festgehalten, weggesperrt und an ihrer Arbeit gehindert werden, auch absolut notwendig, diesen mutigen Regisseur für sein künstlerisches Schaffen zu ehren."

Nicht nur mit Jafar Panahi ist Filmfest Hamburg eng verbunden. Mehr als ein Viertel des diesjährigen Programms sind Filme von Regisseurinnen und Regisseuren, deren erste, zweite und dritte Filme bereits in den Vorjahren in Hamburg zu sehen waren und "deren künstlerische Entwicklung uns sehr am Herzen liegt", so Wiederspiel. "Denn auch das ist die Aufgabe von Festivals: Talente finden, sie begleiten und fördern."

Schwerpunkt I: GeschichtsBilder
Eine große Anzahl von Filmen aus dem diesjährigen Programm widmen sich sektionsübergreifend der Zeitgeschichte. Es geht um den Blick auf die koloniale Vergangenheit, um die Frage nach dem Wahrheitsgehalt von Bildern sowie um die Rezeption und Aufarbeitung von historischen Ereignissen .

Veto! & Asia Express
"Die zwölf Filme in der Sektion 'Veto!' für das politische Kino legen Zeugnis ab vom Zustand der Welt und den Menschen, die in ihr leben. Sie bestechen in diesem Jahr nicht nur durch die Dringlichkeit ihrer jeweiligen Themen und die Überzeugungskraft ihrer Protagonist*innen, sondern auch durch einen besonderen formalen und visuellen Gestaltungswillen, der der Komplexität ihrer Inhalte Rechnung trägt", so 'Veto!'-Kurator Jens Geiger. Es geht um Erinnerungskultur, um Alltagsleben in Grenzsituationen sowie um Heimatlosigkeit und das Leben im Exil. Ein zentrales Motiv in den Beiträgen der diesjährigen Sektion 'Asia Express' ist die Bewegung in Gestalt von Ort- und Grenzüberschreitungen, speziell in den zahlreichen Filmen aus Südostasien. "Die Hälfte der Beiträge stammt aus dieser Region, deren filmische und nicht-filmische Erzähltradition sich durch eine gewisse Durchlässigkeit zwischen physischen und metaphysischen Grenzen auszeichnet", sagt Kurator Jens Geiger.

Schwerpunkt II: Biografien
Einige Filme aus dem diesjährigen Programm stellen historische und zeitgeschichtliche Persönlichkeiten in den Fokus. "Die direkte Konfrontation von Gegenwart und Vergangenheit schafft eine emotionale Wirklichkeit, die Geschichte und Geschichten authentisch macht", sagt Programmleiterin Kathrin Kohlstedde. Auch bei ganz privaten Geschichten spielen Regisseur*innen mit Fiktion und Realität und lassen die Ebenen zwischen Autobiografie und fiktionaler Story verschwimmen.

Blick auf Europa
Nicht nur der Eröffnungs- und Abschlussfilm kommen aus Europa. Über die Hälfte der diesjährigen Filme sind europäische Produktionen und Koproduktionen, die vor allem in der Sektion 'Freihafen', erstmals präsentiert vom europäischen Kulturkanal ARTE, sowie in den Reihen 'Eurovisuell', 'Voila!' und 'Kaleidoskop' zu finden sind. Thematisch geht es um Materialismus, um Familienbeziehungen, Lebens- und Liebesmodelle, um Machtmissbrauch und Tyrannei, um Entfremdung und das eigene Scheitern. Zwei Literaturverfilmungen führen ins Wien des 20. Jahrhunderts .

Französischsprachige Filme
Die Filme der Sektion 'Voila!' kommen in diesem Jahr aus Frankreich, Belgien, der Schweiz und Kanada (Quebec). Sie zeigen die Abgründe der gehobenen Pariser Gesellschaft, thematisieren Berufswelten und Existenzängste und erzählen einfühlsam, mitreißend und hart über die Liebe in den Banlieues von Marseille. "Unser gesamtes französischsprachiges Programm ist unser Beitrag zu dem von der Freien und Hansestadt ausgerufenen Jahr der französischen Sprache und frankophonen Kulturen", sagt Festivalleiter Albert Wiederspiel.

Große Freiheit & starker Norden
Erstmals präsentiert Filmfest Hamburg in der neuen Sektion 'Große Freiheit' aktuelle deutsche Kinofilme. Die Produzent*innen gehen ins Rennen um den mit 25.000 Euro dotierten Hamburger Produzentenpreis Deutsche Kinoproduktionen, der von der Behörde für Kultur und Medien der Freien uns Hansestadt Hamburg gestiftet wird.

Filmfest Hamburg zeigt außerdem zahlreiche Filme, die Hamburg und den Norden in Szene setzen und/oder von Hamburger Filmemacher*innen und Kreativen umgesetzt wurden.

Televisionen
In der neu benannten Sektion für aktuelle Fernsehproduktionen gehen elf Filme ins Rennen um den diesjährigen Hamburger Produzentenpreis 'Deutsche Fernsehproduktion', gestiftet von der VFF Verwertungsgesellschaft für Film- und Fernsehproduzenten mbH. "Unsere neu benannte Sektion steht für eine Vision des Fernsehens, das adäquate Ausdrucksformen für eine komplexer gewordene Wirklichkeit und sich wandelnde Sehgewohnheiten findet. Diese Offenheit und Vielfalt möchten wir zeigen – mit Serien- und Webformaten und einer großen Bandbreite unterschiedlicher Milieus, Themen und Genres", sagt Sektionsleiter Friedemann Beyer.

MICHEL Kinder und Jugend Filmfest
Mit dem finnischen Film "Heublume, Pantöffelchen und die Rubens-Brüder" von Anna Dahlman wird am 28.09.2018 das 16. MICHEL Kinder und Jugend Filmfest eröffnet. Festivalleiter*innen Samuel Feuerstein und Johanna von Fehrn-Stender: "Das MICHEL bietet ein buntes Programm aus Filmen, Workshops und Veranstaltungen. Das macht das Festival zu einem Ort einzigartiger Erlebnisse - ob auf oder vor der Leinwand. Besonders freuen wir uns darüber, die Verfilmung des dänischen Kinderbuch-Bestsellers "Wildhexe" als erstes Festival weltweit zu präsentieren und den Regisseur und die beiden Hauptdarstellerinnen im Kino zu begrüßen." Zum ersten Mal stehen mehr Arbeiten von Regisseurinnen als von Regisseuren auf dem MICHEL-Programm. Auch inhaltlich drehen sich einige Filme um starke Mädchen, was an dem Starke-Mädchen-Tag im Festivalzelt gesondert gefeiert wird.

Preise & Auszeichnungen
Filmfest Hamburg vergibt 2018 Preisgelder in Höhe von insgesamt 125.000 Euro. Neu ist der mit 25.000 Euro dotierte Hamburger Produzentenpreis Deutsche Kinoproduktion, gestiftet von der Behörde für Kultur und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg.

Das gesamte Programm und Infos zu allen Veranstaltungen: www.filmfesthamburg.de