Berlinale Talents 2018 gibt Programm bekannt

Das Programm von Berlinale Talents ist vollständig. 25 öffentliche Talks und fünf Filmvorführungen laden das Berliner Publikum und die 250 Talente zum cineastischen Dialog ein.

 

Alles dreht sich um Geheimnisse, und das längst nicht nur auf der Bühne. "Seit 16 Jahren ist Berlinale Talents das Werklabor des Festivals, in dem wir neue Formen der Kollaboration und offenen Verständigung probieren und propagieren. Herrschaftswissen zahlt sich nicht aus, Teilen und Beteiligung sind dagegen Erfolgsgeheimnisse", sagt Programmleiter Florian Weghorn.

Der Jurypräsident und zahlreiche Festivalgäste aus dem Wettbewerb zu Gast

Schon traditionell kommen zahlreiche prominente Festivalgäste zu Berlinale Talents, in diesem Jahr unter anderem Gus Van Sant ("Don't Worry, He Won't Get Far on Foot"), Christian Petzold ("Transit") und Barbara Auer sowie der Jurypräsident Tom Tykwer und weitere Juror*innen. Unter den Gästen aus dem Wettbewerb sind auch mehrere Alumni von Berlinale Talents, so zum Beispiel David Zellner, der mit seinem Bruder Nathan "Damsel" präsentiert und den humorvollen Umgang mit Gender- und Genre-Aspekten ihres "feministischen Westerns" diskutieren wird. Ebenso sind die zwei einzigen diesjährigen Debütfilme im Wettbewerb – "Touch Me Not" (Adina Pintilie) sowie "Las herederas" ("The Heiresses", Marcelo Martinessi) – von Alumni-Regisseur*innen. "Las herederas" wird am Samstag, den 17. Februar, auch die öffentlich zugänglichen Vorführungen und Diskussionen von Alumni-Filmen im HAU1 Hebbel am Ufer eröffnen.

Tod, Sex und Geister: Von subtilen und offenen Geheimnissen

Für sechs Tage rücken internationale Expert*innen die Vielfalt filmischer Geheimnisse ins Rampenlicht. Als weiterer Gast aus dem Wettbewerb spricht Lav Diaz mit Vincenzo Bugno, dem Projektleiter des World Cinema Fund, über die Geister der Vergangenheit, die seine Filme bevölkern und auch die hypnotische, filmische Ästhetik seines Musicals "Ang Panahon ng Halimaw" ("In Zeiten des Teufels") ausmachen. Aus der Sektion Generation wurden Lucile Hadžihalilović ("De Natura") und Kamila Andini ("Sekala Niskala" ("The Seen and Unseen")) gemeinsam zu Berlinale Talents eingeladen. Beide ergründen, wie sie mit Genre-Elementen und Magie dem Mysterium von Tod und Vergänglichkeit auf höchst lebendige Weise begegnen. Marcio Reolon und Filipe Matzembacher ("Tinta Bruta" ("Hard Paint"), Panorama), Mónica Lairana ("La cama" ("The Bed"), Forum) und João Pedro Rodrigues ("O Ornitólogo") widmen sich hingegen den intimen Geheimnissen: Gemeinsam erörtern sie, wie sich Echtheit, Nähe sowie geborgene Produktionsbedingungen bei der Herstellung und Darstellung von Sexualität im Film erreichen lassen.

Dass gute Geheimnisse auch erzählerische Handwerkskunst sind, zeigen Baran bo Odar (Berlinale Talents Alumnus) und Jantje Friese, die Macher*innen der neuen deutschen Netflix-Serie "Dark". In einer praktischen Fallstudie beleuchten sie ihr "Murder Management", sprich: das Konzept des Preisgebens und Verschweigens von Wissen in Crime- und Mystery-Formaten. Die zweite Veranstaltung im Rahmen der Berlinale "Drama Series Days" greift ein bereits offenes Geheimnis auf: Finnische Kurzserien für Web und TV sind stark im Kommen. Die Macher*innen von "Blind Donna" und "Nerd: DragonSlayer666" stellen ihre unverbrauchten Konzepte für die Ansprache insbesondere junger Zuschauer vor.

Bei Berlinale Talents sind alle Filmgewerke zu Hause, und so lassen sich Geheimnisse auch buchstäblich sehen und hören: Zum Abschluss der Berlinale Talents-Woche sprechen die Komponisten und Musiker Ryūichi Sakamoto und Carsten Nicolai, letzterer bekannt unter dem Pseudonym alva noto, über die im Verborgenen liegenden Berührungspunkte von Sound und Musik (gemeinsam komponierten sie u.a. die Musik für "The Revenant"). Zudem wird Nicolai neuer Mentor des Sound Studios. Die ausgewählten Kamera-Talente treffen auf den Portugiesen Rui Poças, dessen sphärische Bildsprache unter anderem in Filmen von Miguel Gomes und João Pedro Rodrigues zu erleben ist. Der mit Unterstützung von ARRI entstandene Workshop im Camera Studio widmet sich Poças‘ jüngster Arbeit, Lucrecia Martels "Zama".

Die Welt in Miniatur: Mit Kollaboration, Vielfalt - und mehr Frauen - geht es besser

Berlinale Talents ist ein großes soziales und globales Experiment. 250 Talente aus 81 Ländern, darunter 2018 mehrheitlich Frauen (128/122), bringen ihre eigenen Haltungen, Kulturen und gewerksspezifischen Arbeitsweisen mit und suchen neue Wege der Zusammenarbeit. Dass Filme dabei als Motor der kulturellen Verständigung fungieren können, zeigt die Verleihung des Filmpreises der Robert Bosch Stiftung am 18. Februar, bei der wieder mutige deutsch-arabische Filmprojekte gewürdigt werden.

Die Debatten um eine bessere Geschlechter- und Machtbalance werden bei Berlinale Talents strukturell angegangen: Faire Arbeitsverhältnisse, gerechte Bezahlung und vielfältig besetzte Teams rücken einmal mehr ins Zentrum von internen Netzwerkformaten wie den neu gestalteten Talent Pools "Making/Breaking the Rules". Zudem erläutert Josephine Decker ("Madeline’s Madeline", Forum) ihren Umgang mit Authentizität und Unmittelbarkeit als Schauspielerin und Regisseurin in einem öffentlichen Workshop; das Thema: "Die Nicht-Schauspieler*in Dir". Im Mittelpunkt der öffentlichen Berlinale Talents-Veranstaltungen steht das Gespräch zwischen zwei der weltweit bekanntesten Kamerafrauen, der US-Amerikanerin Nancy Schreiber (sie wurde 2017 als bislang erste und einzige Kamerafrau mit einem ASC President‘s Award ausgezeichnet) und der Französin Agnès Godard. Zusammen mit dem Publikum entwerfen und diskutieren sie ihre Zukunftsvision für mehr Frauen auch in den "technischen Gewerken". Auch der Co-Partner Nespresso beleuchtet dieses Thema: Im Rahmen von Berlinale Talents präsentiert die Marke seinen Nespresso Talents Vertical Video Wettbewerb unter dem Motto "The Difference She Makes". Teilnehmer*innen sind aufgerufen, den starken Einfluss von Frauen in verschiedenen Lebensbereichen zu beleuchten.

Zwei von Creative Europe - MEDIA Programm der Europäischen Union geförderte Veranstaltungsformate tauchen direkt in die Praxis des gemeinschaftlichen Filmemachens ein. Zum einen erläutern die Produzent*innen von "Pendular" (Panorama 2017), wie Kooperation und Koproduktion Hand in Hand gehen können. Zum anderen kehrt auch das Team des 2017 bei Generation als Bester Erstlingsfilm ausgezeichneten "Estiu" 1993 nach Berlin zurück. Zusammen mit dem Weltvertrieb und dem deutschen Verleiher sprechen sie über die herausfordernde Platzierung eines Festivallieblings in der komplexen europäischen Filmlandschaft.

Die Zukunft an jeder Straßenecke: Wie Film sich weiter entwickelt

Technische Innovationen sollen Filmschaffenden die Arbeit erleichtern, ganz unabhängig von der finanziellen Ausstattung ihrer Projekte. Auch eine millionenteure Produktion wie "Blade Runner 2049" wird daher auf die handwerkliche Essenz heruntergebrochen, in diesem Fall ganz konkret im Gespräch "Lighting the Future" mit dem Beleuchter des Films Krisztián Paluch, dessen Lichtprogrammierer Titusz Badonics und ARRI-Experten.

Innovative Konzepte für interdisziplinäres Storytelling macht Berlinale Talents traditionell gemeinsam mit dem experimentierfreudigen World Building Institute (WBI) aus Los Angeles "live" erlebbar. Neu im Team sind dieses Jahr die Vereinten Nationen sowie verschiedene interdisziplinäre Mentor*innen. Gemeinsam mit den Production Design-Talenten und dem WBI-Direktor Alex McDowell entwickeln sie vor den Augen des Publikums ihre Geschichten, die sprichwörtlich an einer "Straßenecke der Zukunft" entstehen.

Wie geht's weiter: Die Konsequenz kreativer Arbeit

Gesellschaftliche Resonanz künstlerischer Arbeiten gehört zu den wichtigsten Indikatoren bei der Auswahl der 250 Talente und wird in zahlreichen Veranstaltungen verhandelt. Der Journalist und Erfolgsbuchautor Eric Schlosser ("Food, Inc.", "the bomb") ist bei Berlinale Talents zu Gast, um seine investigativen Recherchemethoden und die daraus entstehenden, stets meinungsverändernden Filme in Zusammenhang zu stellen. Zudem diskutieren der Video-Essayist und Netzkünstler Kevin B. Lee und die Fotografin und Filmemacherin Lauren Greenfield ("Generation Wealth", Panorama) anhand ihrer aktuellen Projekte über Neureiche und Terrorismus, wie visuelle Kulturen unterschwellig unsere Wahrnehmung beeinflussen: Schaffen wir die Bilder oder schaffen die Bilder uns?

Geheime Kräfte sind auch ein Thema, wenn Berlinale Shorts-Kuratorin Maike Mia Höhne den Künstler Mischa Leinkauf zu Gast hat. Leinkauf (aus dem Künstlerduo Wermke/Leinkauf) zeigt Ausschnitte seiner jüngsten Installation und geht der Frage nach, wie sich seine widerspenstige und subversive Street-Art-Ästhetik bewahren lässt, wenngleich sich Kunstformen immer wieder ändern dürfen und müssen.

Und schließlich freut sich Berlinale Talents auf Samuel Maoz, der im Rahmen einer von mehreren vom Medienboard Berlin-Brandenburg und dem Auswärtigen Amt unterstützten Veranstaltungen in Berlin Station macht: 2012 mit "Foxtrot" in der ersten Berlinale Residency zu Gast, wurde der israelische Regisseur jüngst in Venedig mit dem Grand Prix der Jury ausgezeichnet und danach für den Oscar orgeschlagen. In Israel ist der von der Filmwelt und Presse hochgelobte Film politisch heftig umstritten – auch die daraus folgenden Konsequenzen und die Freiheit der Kunst werden in diesem gemeinsam mit Katriel Schory geführten Gespräch, dem international für seinen Mut gepriesenen Leiter der Israelischen Filmförderung, kein Geheimnis bleiben.

Das vollständige Programm von Berlinale Talents wird am 6. Februar veröffentlicht. Für die öffentlichen Veranstaltungen und Filmvorführungen können Tickets ab dem 12. Februar unter www.berlinale.de und an allen Vorverkaufskassen erworben werden.

Quelle: www.berlinale.de