Inhalt
Der Paartherapeutin Luisa wächst alles über den Kopf: Job, Ehe, Affäre. Eines Tages liegt dann plötzlich ein zweites Ich in ihrem Bett. Ihr Alter Ego ist heillos naiv, aber lernfähig. Vor allem jedoch lebt Ann die Bedürfnisse aus, die Luisa aus ihrem Leben verdrängt hat. Nach dem ersten Schock erkennt Luisa, welche Möglichkeiten so eine Doppelgängerin bietet. Endlich kann sie mit ihrem Lover Leopold durchbrennen, während sich Ann liebevoll um Ehemann Richard kümmert. Doch dann gefallen Richard die neuen Seiten seiner Frau mehr, als es der Kontrolle liebenden Luisa recht sein kann. Zwischen Luisa und ihrer Abspaltung kommt es zur Eskalation.
Quelle: Deutsches Filmmuseum
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Nach dem ersten Schock, Dauergesprächen mit ihrem Psychiater Dr. Lasalle und der reichlichen, aber wirkungslosen Einnahme harter Psychopharmaka erkennt Luisa die ungeahnten Möglichkeiten, die ihr das zweite Ich eröffnet: Endlich kann sie mit ihrem feurigen Lover Leopold durchbrennen, während sich die reichlich naive Ann um ihren Pantoffelhelden von Gatten, Richard, kümmert. Der verkauft schicke Fertighäuser mit Smarthome-Komfort für seinen Chef Leopold, lebt aber privat seinen eigenen Traum: er hat es am liebsten gemütlich daheim.
„Mein Gott, bist du schön“: Luisa blüht förmlich auf in den Armen des narzisstischen Brusthaarzupfers Leopold. Aber auch ihr hausbackener Gatte Richard entwickelt plötzlich ungeahnte Aktivitäten, sodass der perfekte Vierer in gefährliches Wasser schippert: Luisa zeigt Anflüge von Eifersucht, was sie sich naturgemäß niemals eingestehen würde. Schließlich wird sie von der nicht nur in Liebessachen völlig unerfahrenen Ann bei immer intimeren Sachen um Rat gebeten: Telefonsex bekommt hier eine ganz neue Bedeutung. Während Richard die neuen Seiten seiner Frau besser gefallen als es der Kontrolle liebenden Luisa recht sein kann, spannt ihre Freundin, die Zahnärztin Miriam, ihr auch noch Leopold aus. Nun geht ihre Life-Work-Balance endgültig den Rhein 'runter...
In „Fühlen Sie sich manchmal ausgebrannt und leer?“ nimmt die Autorin und Regisseurin Lola Randl die Grenzen und Möglichkeiten weiblicher Allmachtsphantasien aufs Korn. Lina Beckmann wirft sich mit Verve in die schwierige Aufgabe, zwei so unterschiedliche Charaktere zu verkörpern. Und macht so fulminant wie virtuos aus Luisa eine so tragische wie hochkomische Person zwischen unerfüllter Sehnsucht und überbordender Schizophrenie. Und das mit so urkomisch-expressivem Gesichtsausdruck, wie ihn das Magazin der Süddeutschen Zeitung (23. Februar 2018) in gleich sieben Variationen festgehalten hat. Das doppelte Linchen ist also keine Entsprechung zum „Doppelten Lottchen“, und in der Schlusseinstellung nach 94 Minuten schon gar nicht.
„Ich fand es wahnsinnig spannend mit mir zu spielen, wobei ich aber eine ganz tolle Kollegin als Double-Hilfe hatte und das war verrückt, schön, schwer und sehr kompliziert gleichzeitig!“ Für Lina Beckmann eine neue Erfahrung vor der Kamera: „Es ist etwas ganz anderes zu drehen - und es war ja keine unkomplizierte Aufgabe! Deshalb habe ich mich keine Sekunde gefragt, wie es wäre, diese beiden Charaktere auf der Bühne zu spielen!“ Wie schon in „Junges Licht“, der Rothmann-Romanadaption ihrer beiden Brüder Nils und Till Beckmann, agiert an ihrer Seite mit Charly Hübner nicht nur ihr Ensemble-Kollege am Deutschen Schauspielhaus Hamburg, sondern auch ihre bessere Hälfte im wahren Leben. Dritter im Bunde ist Benno Fürmann, aber auch die Nebenrollen sind stark besetzt mit Rainer Egger als schrulliger „freudianischer“ Psychiater, Traute Hoess als esoterische Kollegin Kassiopeia und Inga Busch als verzweifelte Single-Freundin Miriam. Als Kundin Frau Schamoni zweimal kurz im Bild: Lina Beckmanns seinerzeit in München auf den Brettern stehende Schwester Maja Beckmann.
Nach der Münchner Uraufführung sollte die deutsch-niederländische Koproduktion ursprünglich am 19. Oktober 2017 in die Kinos kommen. Auf die „Heimpremiere“ am 5. März 2018 im Cinema in der Düsseldorfer Altstadt folgte drei Tage später der bundesweite Kinostart, TV-Premiere war am 22. März 2020 in der ARD. Lina Beckmann wurde im Rahmen der Berlinale als „Beste Darstellerin“ mit dem Preis der Deutschen Filmkritik 2018 ausgezeichnet. Lola Randl im Presseheft: „Wer heute kein Burnout hat, der hat sich nicht richtig angestrengt, und man weiß ja, dass man sich nur richtig genug anstrengen muss, dann kann man alles erreichen. Und man muss auch alles erreichen wollen, das weiß ja jeder. Und genau davon handelt der Film. Burnout ist ein gesellschaftliches Phänomen, und ich bin gespannt, wie wir da wieder rauskommen.“
Pitt Herrmann