Christian Wahnschaffe. 2. Die Flucht aus dem goldenen Kerker

Deutschland 1920/1921 Spielfilm

Christian Wahnschaffe, 2. Teil


D–d–l., Der Film, Nr. 14, 2.4.1921


Die Terra zeigte in der Scala den zweiten Teil des "Christian Wahnschaffe", eine Fortsetzung von "Weltbrand", die unter dem Nebentitel "Die Flucht aus dem goldenen Kerker" laufen soll. Der Inhalt schildert die Abkehr des jungen Millionärs Wahnschaffe von irdischen Glücksgütern, zeigt ihn sich demütigend durch Armut und unter Armen, zeigt zum Schluß seine schwere Enttäuschung, da er weder bei reich noch arm die Güte findet, die er selbst besitzt und als lebensnotwendig erachtet. Die Bearbeiter des Wassermannschen Romans mußten sich bezüglich der freilich nicht sehr glücklichen Problemstellung an ihre Vorlage halten. Das Konkrete des Stoffes bearbeiten sie mit Geschick, so daß es gegenüber dem ersten Teil von erheblich größerer Klarheit ist. Man hätte vielleicht mehr Übergänge schaffen können, die Anfangsakte nicht allzu kraß in Gegensatz zu den Schlußakten zu setzen brauchen und letztere, die ausschließlich im Elendsmilieu spielen, um etwas farbiger gestalten können, muß aber sonst die Qualität der Arbeit anerkennen, die zudem von einer hochwertigen Regie und Darstellung noch ungemein gesteigert wird. Urban Gad, der Inszenator, arbeitete die Spielszenen mit Behutsamkeit aus, verstand es, die Komparserie zu wirklichem Miterleben zu bringen, traf das szenische Stimmungsmoment und verfügte über den so notwendigen Bilderblick, der allein malerische Wirkungen im Film ermöglicht. Conrad Veidt ist der Figur des Wahnschaffe so wesensverwandt, daß er diesen "reinen Toren" mit warmem Mitempfinden zu verkörpern vermag. Kein größerer Gegensatz zu ihm läßt sich denken als Werner Kraus, der aus dem Artisten Niels Heinrich eine menschliche, richtiger unmenschliche Bestie macht, die von außerordentlicher Eindringlichkeit ist. Um die führenden Gestalten gruppieren sich eine Reihe von größeren Episodenrollen, die in Ester Hagans sterbender Dirne, in Magarethe Kupfers kupplerisch gieriger Mutter, in Rose Müllers zarter Halbwüchsigen eine ausgezeichnete Verkörperung fanden. Magda Madeleine (Geliebte Wahnschaffes) und Fritz Feld blieben hinter diesen Leistungen zurück. Trotzdem manche Nuancen augenscheinlich nicht so gekommen waren, wie man sie gedacht hatte, hatte man doch ein Ensemble vor sich, wie man es in dieser Feinheit nur selten zu sehen bekommt. Die Wirkung in der Sondervorstellung war stark, trotzdem der Film weit über das Durchschnittsniveau hinausging.

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